Serie "Wirtschaftswunder":Altbairisch mit Zukunftsperspektive

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Der Gasthof Hansch in Feldkirchen serviert den Schweinsbraten aus dem Holzofen. Das eher abgelegene Idyll hat sich längst bis München herumgesprochen. Die Wirtin träumt von ein paar Fremdenzimmern

Von Claudia Koestler, Egling

Der Biergarten lauschig, das Bier süffig, der Schweinsbraten resch: Wenn man sich eine bayerische Wirtschaft als uriges ländliches Idyll vor prächtiger Alpenkulisse vorstellt, kommt der Feldkirchner Gasthof Hansch diesem Bild schon sehr nahe. Doch nur wer suchet, der findet auch: Denn das Traditionswirtshaus liegt weder in einem Dorfzentrum noch an einer verkehrsreichen Straße. Vielmehr bildet es zusammen mit einer Kirche und zwei Wohnhäusern den winzigen Weiler Feldkirchen, den man als Ortsunkundiger eher zufällig findet als bewusst ansteuert. Immerhin: Wer hinter Thanning und zwischen Moosham, Harmating und Siegertshofen ins Blaue fährt, dem weist der Kirchturm von Sankt Georg den Weg über weite Flächen und sanfte Hügel nach Feldkirchen.

Aber wenn das Land so schön ist und wenn's dort auch noch gut schmeckt, dann ist ein Ausflug jede Reise wert. Bei der Liebe und Qualität, mit der dort gearbeitet wird, lohnt es sich, Handyfunk und Internet hinter sich zu lassen. Und wer den Gasthof Hansch einmal gefunden hat, der kommt wieder. Auch weil es hier so ursprünglich ist, wie es nur sein kann, und nichts, aber auch gar nichts an Tümelei erinnert.

Innen in den Wirtsstuben hängen Geweihe, an denen schon mal politische Wahlplakate aufgespießt werden. Die Kinder des Wirtspaares fordern Gäste auf, mitzuspielen. Und draußen sitzen Radausflügler und Handwerker aus den umliegenden Ortsteilen unter Kastanien, während Dohlen auf den Zeigern der Kirchturmuhr sitzen und die Zeit vergessen lassen.

Ein lauschiger Biergarten ist einer der Gründe, warum die Gäste gern zum Gasthof Hansch kommen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Besondere an diesem Gasthof ist aber nicht nur die Lage, Ruhe und die Ursprünglichkeit, sondern auch das Angebot. Grundsätzlich gibt es altbairische und gut bürgerliche Küche. An handgeschriebenen Tafeln lässt sich zudem ablesen, was an diesem Tag Besonderes aufgetischt wird: Fischpflanzerl vom Karpfen aus dem Thanninger Weiher etwa, eine hausgeräucherte Forelle oder die Spezialität - der Schweinsbraten, der aus dem Holzofen kommt. "Das Fleisch hat dadurch eine ganz andere Saftigkeit, und die Kruste wird schön resch", weiß Wirt Robert Hansch. Manchmal gibt es auch Rehbraten - "aber eben nur, wenn Karin was trifft", sagt Robert Hansch lachend. Denn das Wild schießt die Chefin selbst, Robert Hansch hingegen angelt die Karpfen für die Fischpflanzerl, zusammen mit Vater Johann und Sohn Vitus.

"Wir legen einfach sehr großen Wert auf die Qualität. Ein Graffel brauchst' nicht kaufen", sagt Robert Hansch klipp und klar. Bei Fleisch, Gemüse und Salat achten die beiden genau darauf, was sie ihren Gästen vorsetzen, möglichst regional und saisonal soll es sein. Für die Kuchen ist Karin Hansch zuständig. "Auch die schmecken immer anders, aber immer gut, das ist eben das Merkmal, wenn etwas echt und hausgemacht ist", sagt sie.

Weil das Wirtshaus ein Familienbetrieb ist und sie dadurch flexibel auf Angebot und Nachfrage reagieren können, stimmt die Qualität des Angebots: "Lieber einmal Kasspatzen als ein schlechtes Fleisch auf der Karte", bringt es Karin Hansch auf den Punkt. Natürlich bedeute dieser Anspruch mehr Arbeit, "aber genau das macht es aus, warum Gäste wiederkommen und wir uns halten können", fügt sie an. Als gelernter Metzger weiß Robert Hansch zudem, was hochwertiges Fleisch ausmacht und wie man es anständig tranchiert und zubereitet.

Die Geschichte des Feldkirchner Gasthauses reicht weit zurück: Seit Generationen ist er in Familienbesitz. "Überlieferungen zufolge wird hier schon vermutlich seit über 180 Jahren ausgeschenkt", sagt Robert Hansch. Auch wenn die genauen Jahreszahlen nicht präsent sind: Die Wurzeln des Traditionswirtshauses sind eng verbunden mit der Kirche Sankt Georg nebenan, die aus dem 12. Jahrhundert stammt. "Irgendwann musste einmal der Kirchturm auf die andere Seite der Kirche gebaut werden. Warum, wissen wir nicht mehr, vermutlich wegen eines Blitzeinschlags oder statischen Problemen", sagt Robert Hansch. Die Arbeiter jedoch, die daran bauten, stromerten mittags gerne zum nahegelegenen Bauernhof, um bei der Landwirtsfamilie etwas zu essen zu bekommen. Die Wirtschaft war begründet. 1980 übernahm Johann Hansch die Leitung, und für Sohn Robert war es von Kindesbeinen an klar, dass er in den Betrieb einsteigen würde: "Man wächst in so etwas rein", sagt er. Vor zwei Jahren übernahm Robert schließlich gänzlich das Zepter, zusammen mit seiner Frau Karin. "Ein besseres Team kann man sich nicht wünschen", lobt Johann Hansch das junge Wirtspaar. Die Rezepte, die der heutige Chef in der Küche nutzt, sind allesamt überlieferte Familienrezepte. "Aber man muss auch manchmal was ausprobieren und sich etwas trauen", sagt der Wirt. "Da ist erst die ganze Familie das Versuchskaninchen, und wenn es schmeckt, kommt es auf die Karte".

Besonders bei Ausflüglern ist das Feldkirchner Wirtshaus inzwischen ein Geheimtipp: "Am Wochenende laufen sie uns die Bude ein", freut sich Karin Hansch. Denn im Sommer lässt es sich herrlich auf den umliegenden Fluren und in den Wäldern spazieren gehen und man kann ausgedehnte Radtouren unternehmen, im Winter führt eine beliebte Langlaufloipe direkt hinterm Haus vorbei. "Dann ist unser Wirtshaus vergleichbar mit einer Skihütte, so geht's zu", sagt Karin Hansch. Selbst Münchner nutzen das Haus gerne für Familienfeiern. "Wir hören immer wieder, dass die Kinder gesagt hätten, sie wollen dahin, wo sie früher mal einen Ausflug hin gemacht habe", erzählt Karin Hansch. Allerdings konzentriert sich die Gästeschar vor allem an Samstagen und Sonntagen, weshalb sich die beiden wünschen, dass speziell unter der Woche mehr Gäste die Gelegenheit zu einem Ausflug nach Feldkirchen nutzen würden, um den Andrang am Wochenende zu entzerren.

Auch wenn die beiden ihr uriges Idyll erhalten wollen für die Gäste und ihre Kinder: Das ist nicht gleichzusetzen mit Stillstand. Hanschs schmieden nämlich Zukunftspläne: "Ein kleines Ferienhaus oder ein paar Fremdenzimmer, das wäre so eine Idee von mir", sagt die Wirtin und gelernte Hotelfachfrau. "Bis dahin aber gilt: Wir sind eine Brotzeit-Oase mit durchgehend warmer Küche", lacht Karin Hansch.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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