Süddeutsche Zeitung

Serie: "Vom Malz zur Mass":Vier Freunde und ihr Lieblingsgetränk

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Frank Kurio, Josef Eierschmalz, Christoph Frick und Daniel Jakob brauen und experimentieren im heimischen Keller. Den Namen ihres kleinen Unternehmens hat noch niemand übel genommen: Wampenbräu.

Von Sabine Näher

Wie kommen ein Maurer, zwei Entwickler aus der IT-Branche und ein Koch auf die Idee, gemeinsam Bier zu brauen? Na, klar: aus einer Bierlaune heraus. So erzählt es Frank Kurio, der Koch, im Gespräch mit der SZ, das natürlich im Biergarten stattfindet. Josef Eierschmalz, Christoph Frick und Daniel Jakob heißt der Rest des Kleeblatts. Der Name, den sie sich für ihr kleines Unternehmen ausgedacht haben, ist so originell wie mutig: Wampenbräu. Nicht alle Biertrinker dürften es schätzen, so deutlich auf den Zusammenhang zwischen ihrem Lieblingsgetränk und dem wachsenden Bauchumfang hingewiesen zu werden. Doch die Wampenbräu-Brauer haben bisher keinerlei negative Rückmeldung bekommen, im Gegenteil: "Das hat einen großen Wirbel verursacht. Und alle fanden's lustig", sagt Kurio. "Wieso auch nicht? Ich bin Koch, ich bin Genießer. Letzteres trifft auf uns alle zu. Wir bekennen uns zur Genussfreudigkeit."

Zurück zu den Anfängen: In einer Runde von Kumpels, "Stuhlkreis" genannt, entbrannte die Diskussion, ob Bier gleich Bier sei. Nein, befand Daniel Jakob kategorisch und beschloss, den Beweis anzutreten. Eierschmalz, Frick und Kurio nahmen die Herausforderung ebenso an. Die vier Freunde begannen also, mit dem Bierbrauen zu experimentieren - nur so zum Spaß und für den Privatgebrauch. Die ersten Versuche fanden in der heimischen Küche statt; als Braukesselersatz diente ein Einkochtopf. Als das Ergebnis ermutigend ausfiel, zog man um in den Keller der Familie Eierschmalz in Bichl, um im größerem Stil weiterzuexperimentieren. "Wir probieren wild herum. Was passt, geht in die Großproduktion", erläutert Kurio.

Denn mittlerweile brauen die Freunde nicht mehr nur für den Hausgebrauch, sondern auch für den Verkauf. Der wird insbesondere über die Website abgewickelt; dort sind auch einige Bezugsquellen vor Ort genannt. Und es gibt einen Zwischenhändler in Augsburg. Gebraut wird auf Bestellung. Die Abnahme einer Menge von zweimal jährlich um die 1000 Liter ist damit gewährleistet. Dieser Vorgang findet natürlich nicht mehr zu Hause im Keller statt, sondern im Betrieb des Mühlfeldbräus in Bad Tölz. "Wenn es deren Kapazitäten dort zulassen", erklärt Kurio. "Die waren gerne bereit, uns ihre Anlage zur Verfügung zu stellen. Sicher auch, weil sie einfach neugierig darauf waren, was wir da so treiben."

Nachdem in den vergangenen Jahren viele große Brauereien vom Markt verschwunden sind, entstehen jetzt zunehmend kleinere Betriebe. Deren Braumeister sind oft jung und experimentierfreudig. So kommt Bewegung in das Traditionsgeschäft. Außerdem entscheiden sich immer häufiger auch Frauen, diesen Berufsweg einzuschlagen. "Und Brauerinnen sind ohnehin offener für neue Entwicklungen", hat Kurio festgestellt.

Brauen, um damit Geld zu verdienen, das würden die Vier schon auch gern. Aber das scheitert daran, dass sie keine eigene Brauerei besitzen. "Und es gibt eben aktuell schon sehr viele, die diesen Weg gegangen sind, nachdem die Craftbeer-Welle um 2010 aus den USA zu uns herübergeschwappt ist. Allmählich haben dann auch die Großhersteller auf die Nachfrage reagiert und ihre eigenen Versionen von Craftbeer entwickelt." Das Geschäftsrisiko wäre also nicht zu unterschätzen. Daher bleibt es beim Brauen aus Lust und Leidenschaft, jedenfalls vorerst. Obwohl die Bichler nach den nervenaufreibenden Anfängen mittlerweile professionelles Niveau erreicht haben.

"Zunächst gibt es Möglichkeiten ohne Ende. Nach der Bewältigung diverser Anfangsprobleme stimmt dann schon mal die Basis. Und dann kann man an den Feinheiten arbeiten. Es gibt etliche Stellschrauben, an denen man drehen kann", sagt Kurio. Nämlich: Welche Hefe, welches Malz, welcher Hopfen werden verwendet? Und bei welcher Gärtemperatur? Die Ausgangsprodukte erwerben die Freunde größtenteils über das Internet. Der Hopfen kommt meist aus Amerika. Warum ist der besser als einer aus der Hallertau beispielsweise? "Der ist nicht besser, aber er entwickelt einen anderen Geschmack", erläutert Kurio. "Der Boden, auf dem er wächst, das Klima, das ihn umgibt: Diese Faktoren nehmen Einfluss. Wenn man Produkte aus anderen Regionen nimmt, ergibt sich einfach eine andere Geschmackskomplexität." Nicht viel ändern lässt sich dagegen am Wasser: Das kommt schlicht aus dem Hahn. "Wir haben uns zuvor natürlich bei der Gemeinde Bichl über die Wasserqualität informiert. Das Wasser ist ziemlich hart. Deshalb behandeln wir es bei experimentellen Suden und je nach Bierstil gegebenenfalls mit Milchsäure vor, damit es weicher wird." Welcher Härtegrad der richtige ist, hängt davon ab, welches Bier man herstellen will. Generell gilt, hartes Wasser passt besser zu dunklem Bier und weiches zu hellem. So muss das Wasser vor dem Brauvorgang entsprechend aufbereitet werden.

Wampenbräu produziert Amber Ale und Centalaxy, ein India Pale Ale, kurz IPA. Um mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufzuräumen: Das Reinheitsgebot wird auch hier gewahrt, es werden also keine weiteren Inhaltsstoffe zugesetzt, sondern nur das verwendet, womit auch traditionelles Bier hergestellt wird. Bei Craftbeer, das in den USA gebraut wird, ist das bisweilen anders. In Amerika war das private Brauen zu Hause übrigens bis 1978 verboten. Als der damalige US-Präsident Jimmy Carter das Verbot aufhob, boomte der Biermarkt. In der Folge entwickelte sich die Craftbeer-Szene. Ohne diese wäre das Bichler Kleeblatt vermutlich nicht zu seinem Hobby gekommen. So aber wird im heimischen Keller nach wie vor lustvoll weiter experimentiert und für den Privatgebrauch gebraut. Denn: "Bier ist unser täglicher Begleiter."

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Quelle:
SZ vom 31.08.2016
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