Süddeutsche Zeitung

Nachtleben:Das "Sound" ist wieder da

Sepp Schwarzenbach senior hat im Wolfratshauser Turm einst eine preisgekrönte Disco betrieben. Unter dem gleichen Namen will sein Sohn dort nun einen Club aufmachen, der mindestens genauso berühmt werden soll

Von Tim Pohl, Wolfratshausen

Momentan ist es nur eine vage Erinnerung, wie das Nachtleben einmal war - so lange dauern die Corona-Einschränkungen nun schon. Aber wenn man das Gebäude des Wolfratshauser "Turms" am Hans-Urmiller-Ring betritt, kommt dieses fast schon vergessene Lebensgefühl zurück. Wer die Stufen hinunter geht, kann förmlich die wummernden Bässe und die Stimmung der Feierwütigen längst vergangener Tage spüren. Derzeit ist der Keller allerdings kein inspirierender Ort. Es macht sich Ernüchterung dort unten breit: Denn wo früher Leute bis in die Morgenstunden getanzt haben - und es irgendwann auch wieder tun werden -, ist eine große Baustelle.

Sepp Schwarzenbach plant, einen neuen Club in Wolfratshausen zu eröffnen. Wobei neu? Ältere Generationen werden sich erinnern, dass der Wolfratshauser Turm schon früher das Epizentrum des hiesigen Nachtlebens war. Sepp Schwarzenbach senior, der Vater des heutigen Betreibers, hatte jahrelang im selben Gebäude den legendären "Sound-Club" betrieben. Bis 1996 war der Papa als "Discokönig" von Wolfratshausen überall bekannt. Klar, dass der Sohn in seine Fußstapfen treten möchte. Verschiedene Clubs und Bars haben das Turm-Gebäude in der Zwischenzeit belebt - nichts davon blieb dauerhaft. Zwei Nachtlokale betreibt Schwarzenbach junior inzwischen: Die Zeppelin-Bar hat sich schon einen Namen gemacht, während das "Tingel Tangel"erst kurz vor dem Corona-Lockdown eröffnet wurde.

Der Name des nun zusätzlich geplanten Clubs steht bereits fest. Er folgt einer gewissen Tradition. "Mit dem Namen Sound-Club können wir auf 40 Jahre Club-Kultur zurückschauen", erklärt der junge Sepp Schwarzenbach. Der Name habe dabei schon verschiedene Reaktionen hervorgerufen, erzählt er. Viele junge Leute hätten sich aufgeregt, weil sie nicht in einen Club gehen wollen, in dem schon ihre Eltern ausschweifende Partys gefeiert haben. Gleichzeitig hätten ihm Stammgäste von damals geschrieben, dass sie ihre Dauerkarte noch zu Hause liegen hätten. "Die Karten von damals werden gültig sein", verspricht Schwarzenbach.

Der alte Name wird zwar übernommen, aber ganz so wie früher soll es doch nicht werden. "Natürlich möchte man sich an den Wurzeln bedienen, aber aufgrund des zeitlichen Unterschieds soll es auch etwas Neues werden", sagt der Junior-Discokönig. Im Zentrum des Konzepts steht Wandelbarkeit. Die Tanzfläche soll durch mobile Wände flexibel vergrößert oder verkleinert werden. Je nach Anzahl der Gäste könne so für die richtige Stimmung gesorgt werden. Außerdem soll der Innenraum so gestaltet werden, dass er innerhalb von Stunden umdekoriert werden kann. "Der Raum soll von heute auf morgen komplett anders aussehen können", sagt Schwarzenbach. "Die Leute sollen jedes Mal denken, dass sie einen neuen Club betreten."

Noch kann man das Tanzbein nicht schwingen, ohne auf Bauschutt auszurutschen. Schwarzenbach macht mit seinem Team alles selbst. In den Räumen neben der Tanzfläche haben sie sich eine Kreativwerkstatt eingerichtet, in der sie ihre Konzeptideen umsetzen. "Durch unsere Variationsfreudigkeit brauchen wir viele Sonderlösungen, die nicht in Masse hergestellt werden", erklärt er. "Deshalb machen wir das alles selbst." Wann genau die Baustelle fertig ist, kann Schwarzenbach nicht sagen. "Es ist vieles von Corona abhängig. Wenn ich komplett unabhängig wäre, könnte man den Bau in sechs bis acht Monaten vollenden." Ein Termin für die Eröffnungsparty stehe daher noch nicht fest.

Immerhin die Zielgruppe, die der neue Club ansprechen soll, steht: "Ich würde gerne auch die älteren Leute hier sehen, aber die kommen halt einfach nicht." Es sei eben nicht mehr wie in den Achtzigerjahren, wo man auch mal dienstags feiern ging. So bleibe das Nachleben wohl auch im "Sound" eher den Jungen vorbehalten. Dass die kommen, darüber macht sich Schwarzenbach keine Sorgen. "Ich bin mir sicher, dass wir mit unseren Ideen ein nachhaltiges Projekt auf die Beine stellen können." Er wolle den Leuten ein Niveau bieten, welches sich am Münchner Raum orientiert.

Der neue Club soll sich perfekt in die bestehenden Einrichtungen einfügen. Während sich das "Tingel Tangel" an Liebhaber von Metal, Punk oder Hip Hop richten soll, wird im "Sound" vor allem der Mainstream bedient. Die Zeppelin-Bar ist dann der gemütliche Allrounder mit einem rockigen Touch.

Schwarzenbachs Vater ist nicht mehr in dem Projekt involviert. Er gebe aber ab und zu Tipps - und die werden von seinem Sohn auch dankend angenommen. Immerhin hat Schwarzenbach senior mit seinem Club damals den "Disco-Oscar" für eine der besten Diskotheken in ganz Deutschland bekommen. Das ist nun auch ein bisschen das Ziel des 30-jährigen Nachwuchses: "Man will den Papa ja auch glücklich machen", sagt Schwarzenbach.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2021
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