Christoph Marklstorfer und Jakob Rottmann wollten an der Geltinger Straße ein Seniorenwohnheim mit bis zu 70 Zimmern errichten - und damit Abhilfe für einen steigenden Bedarf schaffen. Schließlich sei ein Großteil der Wolfratshauser Bürger 65 Jahre oder älter, erklärt Marklstorfer. "Es ist offensichtlich, dass in den nächsten Jahren zusätzliche Pflegeplätze benötigt werden." Ihrem geplanten "Seniorenchalet" hat der Bauausschuss im Stadtrat nun aber eine Absage erteilt: Einstimmig lehnte das Gremium am Mittwoch den Antrag auf eine Änderung des Bebauungsplanes ab, der dafür nötig gewesen wäre. Der geplante fünfstöckige Bau unmittelbar an der freien Landschaft war den Stadträten zu massiv, zudem führe ein Seniorenheim dort zu Konflikten mit dem östlich der Geltinger Straße angrenzenden Gewerbegebiet aufgrund der Emissionen.
Der Wolfratshauser Architekt Marklstorfer und sein Projektpartner und Diplomkaufmann Rottmann haben zusammen schon mehrere Wohnprojekte realisiert und die Idee für ein wohnortnahes Seniorendomizil länger mit sich herumgetragen. Als Marklstorfer die Erweiterung des Tanzzentrums Müller an der Geltinger Straße plante, sprach er unter anderem mit den Eigentümern der unbebauten Wiese nebenan. "Das Grundstück war über Jahrzehnte in Familienbesitz", erklärt er. Deshalb sei der Verkauf für die damaligen Eigentümer keine rein wirtschaftliche, sondern auch eine emotionale Entscheidung gewesen. Als er ihnen sein Vorhaben präsentierte, stimmten sie ein.
"Wir wollen kein klassisches Altenheim bauen", betont Rottmann, Geschäftsführer der Roto Real GmbH, die hinter der Seniorenchalet Loisachblick GmbH & Co. KG steht. "Unsere Ursprungsidee ist ein Hotel", sagt Marklstorfer. Zur Ausstattung des Baus in "alpenländischer Architektur" sollten ein großer Außenpoolbereich, eine Gastronomie, sowie Physiotherapieangebote oder Aqua-Gym-Kurse gehören, die nicht nur Bewohnern offenstehen sollten. Gelbe Türgriffe und unschöne Wandfliesen sollte es nicht geben. "Wir wollen zeigen, dass es anders geht", sagt Marklstorfer. Auch das Konzept sollte "demokratisiert" werden: Immobilie und Pflegedienst sollten, anders als bei derartigen Einrichtungen üblich, voneinander getrennt sein, die Bewohner mehr Mitspracherecht haben. Zudem hatten die Planer einen Spezialversicherer mit ins Boot geholt: Sollte jemand in der Pflegestufe höher rutschen, kämen so keine zusätzlichen Pflegekosten auf ihn zu. "Wir wollen den Bewohnern damit die Sicherheit geben, nicht doch plötzlich ausziehen zu müssen."
Um das ehrgeizige Projekt, für das die Planer schon vergangene Woche die Werbetrommel rührten, zu realisieren, hätte jedoch der Bebauungsplan des Areals geändert werden müssen. Dieses ist als "Sondergebiet Freizeit und Erholung" festgesetzt, dauerhaftes Wohnen ist demnach untersagt. Marklstorfer und Rottmann hatten daher beantragt, die Fläche im beschleunigten Verfahren als "sonstiges Sondergebiet Seniorenwohnheim" zu deklarieren. Neben der Art sollte auch das Maß der Nutzung erhöht werden. Geplant waren vier Vollgeschosse plus Sattelgeschoss.
Dabei zogen die Stadträte im Bauausschuss jedoch nicht mit. Sie schlossen sich weitgehend der Stellungnahme der Verwaltung an, welche die Höhenentwicklung mit fünf Geschossen "im unmittelbaren Übergang zur freien Landschaft und ohne Abstufung zu den angrenzenden Grundstücken", sowie die "lärmempfindliche Nutzung" eines Seniorenheims in der Nähe des Gewerbegebiets als problematisch einstuft. "Dass wir Seniorenwohnungen brauchen, ist unstrittig", sagte BVW-Sprecher Josef Praller. "An dieser Stelle und in dieser Art und Weise" lehne seine Fraktion die Pläne jedoch ab. Auch der Zweite Bürgermeister Günther Eibl (CSU) befand, die beantragte Bebauungsplanänderung sei "nicht zu vertreten". Diesem Urteil schlossen sich schließlich alle Stadträte an. Das dürfte auch im Sinne des Altbürgermeisters Erich Brockard (SPD) sein. Dieser weist in seiner Funktion als Gründer der Schützengesellschaft und Erbauer der südlich des Areals gelegenen Schießanlage in einem Brief darauf hin, dass die Schützen bereits 1991 eine Ausweisung als Wohngebiet abgelehnt haben, um den Fortbestand der Schießanlage nicht zu gefährden.
Rottmann und Marklstorfer sind von der Ablehnung "durchaus überrascht", wie sie erklären. "Wir bedauern sehr, dass wir die vielen generationsübergreifend positiven Stimmen aus der Bevölkerung enttäuschen müssen." Sie hätten wohl "den politischen Willen in Wolfratshausen hinsichtlich der Schaffung von Pflegeplätzen" falsch eingeschätzt. Dies liege auch am geplanten Neubau der AWO und dem dafür ins Auge gefassten Grundstück am Gewerbegebiet, das "hinsichtlich der Lage vergleichbare Gegebenheiten aufweist". Zwar hielten sie den Standort an der Geltinger Straße nach wie vor für prädestiniert, sie respektierten jedoch das "eindeutige Votum" des Ausschusses, erklären sie. Ihr "Herzensprojekt" eines Seniorenheims mit generationsübergreifenden Begegnungen würden sie nun "in einer anderen Gemeinde weiter verfolgen". Beim Grundstück an der Geltinger Straße "werden wir uns allerdings im weiteren Verlauf an den rechtskräftigen Bebauungsplan halten".