Leben im Landkreis:Wohnformen zwischen Wunsch und Wirklichkeit

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Christiane Bäumler setzt sich als Mitarbeiterin des Landratsamtes für eine bessere Wohnsituation alter Menschen im Landkreis ein. (Foto: privat/oh)

Christiane Bäumler ist im Landratsamt für die Belange älterer Menschen zuständig. Sie erklärt, welche Wohnkonzepte es gibt, welche Vor- und Nachteile diese haben und wo im Landkreis Handlungsbedarf besteht.

Von Lorenz Szimhardt, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Thema Leben im Alter geht jeden an: Entweder, weil es die Großeltern oder Eltern betrifft, oder weil man selbst irgendwann nicht mehr alles selbst erledigen kann. An manchen Stellen braucht jeder Mensch irgendwann einfach eine gewisse Unterstützung. Das gilt auch für die alltäglichsten Dinge des Lebens wie das Duschen oder die Erledigung von Einkäufen. Solche Hilfen können Seniorinnen und Senioren zuhause oder unter anderem in Einrichtungen des Betreuten Wohnens und in Pflegeheimen bekommen.

Wohnen im Alter ist für Christiane Bäumler, Leiterin des Fachbereichs Senioren und Teilhabe im Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen, ein besonders wichtiges Thema. Im Landkreis sind vor allem drei Wohnformen für ältere Menschen prägend. Diese sind das Betreute Wohnen, ambulant betreute Pflege-WGs und die klassischen Pflegeheime. Jedes dieser Konzepte habe unterschiedliche Vor- und Nachteile. "Da muss man individuell schauen, was für die jeweilige Person das Beste ist", sagt Bäumler.

In Pflegeheimen leisten sich Senioren gegenseitig Gesellschaft, wie zum Beispiel hier beim Mittagessen in Ebenhausen. Die Rollatoren müssen aber auf dem Gang bleiben. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Betreute Wohnen und die sogenannten Hausgemeinschaften seien vor allem für noch fittere Senioren zu empfehlen. "Da würde ich jetzt nicht einziehen, wenn ich schon sehr stark pflegebedürftig bin", fügt die 56-Jährige hinzu. Bei diesen beiden Wohnformen gehe es vor allem darum, der Einsamkeit entgegenzuwirken, aber trotzdem seine Selbstständigkeit nicht aufgeben zu müssen. Sowohl in einer Hausgemeinschaft als auch im Betreuten Wohnen habe jeder Senior nämlich seine eigene Wohnung, aber trotzdem Menschen im selben Alter in seiner direkten Nachbarschaft. Das Betreute Wohnen bringe, da meist von einem Bauträger organisiert, zudem den Vorteil der Barrierefreiheit und einen Ansprechpartner für Probleme jeglicher Art mit sich. Hausgemeinschaften seien im Gegensatz dazu oft selbst organisiert. "Da sind halt dann nur Personen dabei, die Lust auf Gemeinschaft haben und bereit sind, sich einzubringen", erklärt Bäumler.

Das klassische Pflegeheim oder eine ambulant betreute Pflege-WG sei vor allem für ältere Menschen zu empfehlen, "die allein daheim tatsächlich nicht mehr zurechtkommen". Hier sei dann auch der Pflegebedarf im Vordergrund, so Bäumler. Der Grundgedanke der Pflege-WG sei dabei die Pflege gemeinsam zu organisieren statt jeder für sich selbst oder durch seine Angehörigen, da dies laut Bäumler vieles vereinfache. Ein wesentlicher Bestandteil einer Pflege-WG sei eine Bewohnervertretung, bestehend aus den Bewohnern selbst oder ihren Angehörigen beziehungsweise Betreuern. Diese treffe beispielweise die Entscheidungen über die Intensität der Betreuung und die Auswahl des Pflegedienstes, sagt Bäumler. Der Rat organisiere zudem die Haushaltskasse und den Tagesablauf der Wohngemeinschaft.

Handlungsbedarf gibt es eigentlich überall

Auf die Frage, wo der größte Handlungsbedarf im Landkreis besteht, antwortet Bäumler: "Den haben wir eigentlich an fast allen Orten". Besonders der Pflegebereich liegt der Leiterin des Senioren-Fachbereichs dabei am Herzen. In den Heimen im Landkreis fehlen auch Plätze, aber vor allem Fachkräfte, die die Versorgung der Bewohner übernehmen. Insgesamt sei das System der Pflegeheime im Landkreis dennoch "ganz gut ausgebaut", so Bäumler. Ein Mehr an anderen Wohnformen wie beispielsweise Pflege-WGs fände sie "wünschenswert".

Viele ältere Menschen würden jedoch trotz Einsamkeit dem Modell nachhängen, in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Da diese oft leer stehende Zimmer hätten, würde auch viel Wohnraum ungenutzt bleiben, meint Bäumler. "Man hängt einfach am Gewohnten, weil damit eine Lebensgeschichte verbunden ist und man sich dort auskennt", versucht sie die Entscheidung vieler älterer Menschen zu erklären. "Ich bin aber überzeugt davon, dass für viele eine Hausgemeinschaft oder ähnliches von Vorteil wäre". Auch von den Pflege-WGs "könnten wir hier die ein oder andere mehr noch gut gebrauchen". Gerade in den kleineren Kommunen wären diese von Vorteil, damit die Senioren vor Ort bleiben können, so Bäumler.

Den Gemeinden könne sie diese Aufgabe "nicht auferlegen"

Bei der Schaffung dieses Wohnraums für ältere Menschen sei "jeder, der es macht, willkommen". Ob es Städte und Gemeinden, Baugenossenschaften, Wohlfahrtsverbände oder Privatpersonen seien, die sich fördern lassen und den Wohnraum dann günstiger für Senioren zur Verfügung stellen, sei dabei zweitrangig. "Da würden die unterschiedlichsten Wege nach Rom führen", sagt Bäumler. Den Gemeinden könne sie diese Aufgabe "nicht auferlegen". Die Kommunen müssten nicht unbedingt für diesen Wohnraum sorgen, aber sie dürften "natürlich gleichzeitig ein gewisses Interesse daran haben, dass auch ihre älteren Bürger guten Wohnraum haben", schätzt Bäumler die Situation ein.

In welchem finanziellen Rahmen sich eine Optimierung der Wohnsituation für Seniorinnen und Senioren im Landkreis bewegt, könne sie nicht abschätzen. Bäumler meint jedoch, dass "die Kosten nicht der einzige entscheidende Faktor" wären. Durch die vermehrte Umsetzung von Konzepten wie Betreutes Wohnen, Hausgemeinschaften oder Pflege-WGs würden Seniorinnen und Senioren gute Alternativen zu ihrem bisherigen Wohnraum finden. Auf der anderen Seite würde dadurch auch wieder Wohnraum frei werden. "Das wären dann Häuser, die wieder für andere Menschen zur Verfügung stehen würden", meint Bäumler.

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