"D'Bavaresi" im Tölzer Kurhaus:Ein buntes Schlampermapperl

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Mit ihrem Bavaro-Pop nahmen "D´Bavaresi" mit Sebastian Horn, Otto Schellinger und Matthias Kellner (von links) ihr Publikum im Tölzer Kurhaus mit auf eine Reise durch die internationale Musiklandschaft. (Foto: Manfred Neubauer)

Sebastian Horn, Matthias Kellner und Otto Schellinger bieten als neues Trio ein anarchisch-bodenständiges Programm mit kleinen Kostbarkeiten und fast Vergessenem.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Dass der Traktor-Resi einmal ein solches Denkmal gesetzt wird - wer hätte das gedacht. Aber nach "zweijähriger Dunkelheit" drängt ein neues, eigentümliches Gewächs ans Licht. "D´Bavaresi" sind eine vogelwuide Formation aus drei musikalischen Schwergewichten: Sebastian Horn, Frontman der "Banafishbones" und "Dreiviertelbut"; Matthias Kellner, Liedermacher, Kabarettist und Schauspieler; Otto Schellinger, Schlagzeuger, Sänger und Gitarrist, der regelmäßig mit Claudia Koreck und Nick Woodland auf der Bühne steht. Der Bandname sei eine Hommage an "den wahrscheinlich größten Sänger, den es in Bayern gegeben hat", wie Kellner erklärt.

Gemeint ist Wolfgang Fierek, Schöpfer der unvergesslichen Resi. Wenngleich da erst einmal einiges richtig gestellt werden muss: Erstens holt man ein Mädl vom Land nicht mit dem Traktor ab, sondern mit dem Bulldog. Und zweitens ist das Thema eigentlich traurig, weil die Resi keinen Verehrer mag, der aus der Stadt kommt. Und so braucht der alte Gassenhauer dringend ein Refreshment: moll statt Dur, Rap-Teil für die Jugend. Auf sächsisch. Die Bavaresi-Resi setzt prototypisch den Ton der neuen Band: Bodenständigkeit, Ironie, musikalische Anarchie. "Wir sind eine Bierzelt-Band", sagt Kellner, und deshalb gibt es zwischendurch immer wieder ein Prosit: "Saufst, dann stirbst. Saufst ned, dann stirbst aa."

Das Publikum im nicht ausverkauften Kurhaus sitzt am Mittwoch an Tischen, erstaunlich viele Ältere, sie lachen, klatschen, singen mit. Aber Bierzeltstimmung ist nicht. Der Bavaro-Pop der Band ist eine Reise durch die internationale Musiklandschaft, großartig und mit Leichtigkeit gespielt. Durchmessen werden Regionen zwischen Ringswandl, Willy Michl, Talking Heads, Men at Work, Nicki, Relax, Soider Murphy Gang, Johnny Cash oder Motörhead. Natürlich in ganz eigenen Versionen, aber immer auf Bairisch. Da wird der Folsom Prison Blues eben in die Kaserne nach Landsberg am Lech verlegt. Money for Nothing zum "Diri Dara fürs nix doa". Und die ho ho ho Kung Fu Fighters waren beim Fingerhackln. Es ist ein bunter Trip durch Lebenslieder, gepaart mit Erinnerungen: Tierwitze aus Kindertagen, Jacky-Cola Mass in der Tölzer Jugenddisco, längst vergessene oberpfälzer Bräuche wie das "Ratznvögel dadeifen".

Fünf Mark hat Sebastian Horn einmal in das Lied "Weil i di mog" investiert. Ein Fehler, wie er sagt. Deshalb bot er nun als Rache ein kaugummizähe Version des einstigen Chart-Hits. (Foto: Manfred Neubauer)

Die schrägen Geschichten sind wichtige Bestandteile des Konzerts. Die Jugenderinnerung von Horn an eine Band namens Trio zum Beispiel, die zur Eröffnung des Müller-Marktes in der Tölzer Marktstraße spielte. Die Verkäuferin habe nach dem dritten Lied abgebrochen, er sei begeistert gewesen. Die Platte hat er sich trotzdem nicht gekauft, weil er vor dem Cover mit dem Riesen-Dekolleté zurückgeschreckt sei. Seine fünf Mark habe er dann in die damalige Nummer eins der bayerischen Charts investiert: "Weil i di mog" von Relax. Ein Riesenfehler, "jetzt kommt die langersehnte Rache", sagt Horn. Zäh wie Kaugummi kommt die Nummer daher, in einer extrem relaxten Version; was freilich nicht so bleibt, weil sich der fade Ohrwurm zu einer harten Rocknummer verwandelt.

Nein, eine Bierzeltcombo ist D´Bavaresi nicht unbedingt, eher eine Nostalgieband mit Schmackes und Pfiff. Ab und an spielt Kellner Trompete - ohne Instrument. Schellinger bedient den Frosch, Horn gibt eine kleine Kostprobe seines eigenwilligen "Geldbeutelsuch-Tanzstils". Es ist ein Konzert wie ein buntes Schlampermapperl: mit kleinen Kostbarkeiten, Lieblingsstücken, Abgelutschtem, fast Vergessenem. Musikalisch erstklassig, aber noch fehlt ein bisschen die Schmiere. Die Übergänge haken manchmal, die Rollen sind nicht ganz klar verteilt - was freilich nicht so einfach ist, wenn sich zwei Rampensäue wie Kellner und Horn eine Bühne teilen müssen. Dass das Trio viel Spaß an seinem gemeinsamen Projekt hat, ist unverkennbar. Auch das Publikum, das hartnäckig klatscht. Aber mehr als eine Zugabe ist nicht drin. "Das ist unsre erste Saison, mia ham nix mehr", entschuldigt sich Kellner. Das extrem coole "Una Bella Signorina" vom Willy Michl, dann ist Schluss.

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