Nahversorgung„Kleine Läden sind nicht mehr gefragt“

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Das Lebensmittelgeschäft Peiß im Ortsteil Schönegg schließt zum 31. Juli.
Das Lebensmittelgeschäft Peiß im Ortsteil Schönegg schließt zum 31. Juli. (Foto: Manfred Neubauer)

Nach 110 Jahren schließt das Lebensmittelgeschäft Peiß in Dietramszell.  Der einzige Nahversorger im Ortsteil Schönegg rentiert sich nicht mehr. Zuletzt kamen viele Kunden oft nur noch, wenn sie etwas vergessen hatten.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Jahrzehntelang war das Lebensmittelgeschäft Peiß nicht nur der einzige Nahversorger im Hauptort Schönegg und der näheren Umgebung, sondern auch ein sozialer Treffpunkt, der für die Belebung des Klosterdorfs Dietramszell sorgte. Fast 110 Jahre lang versorgte der Peiß die Bewohner mit den Dingen des täglichen Bedarfs. Nun ist Schluss: Am 31. Juli hört Eigentümer Josef Peiß endgültig auf.

Seit über 45 Jahren führt er den Laden in dritter Generation. Rund 200 Quadratmeter Verkaufsfläche für Wurst und Käse, frische Backwaren, Obst und Gemüse, SB-Fleisch. Peiß ist 65 Jahre alt und hat keinen Nachfolger. Wenn er über die Gründe für das Aus spricht, klingt er bitter. Vieles habe man überstanden in all den Jahren, es habe Höhen und Tiefen gegeben, aber zuletzt sei die wirtschaftliche Situation immer schwieriger geworden. „Kleine Läden sind nicht mehr gefragt“, sagt er. Die Leute würden für Großeinkäufe nach Geretsried, Bad Tölz oder zum Edeka nach Ascholding fahren. In seinen Laden kämen Kunden oft nur, wenn sie etwas vergessen hätten. Das rechne sich einfach nicht mehr. Außerdem meinten viele, dass die Waren in kleinen Geschäften automatisch teurer seien. „Aber das ist Humbug“, sagt Peiß.

Wie er sich nun fühlt? „Mei, wenn man das so lange macht, steckt viel Herzblut drin“. Man habe „vom und für den Laden gelebt“. Letztlich habe die Bevölkerung die Entscheidung mit ihrem Einkaufsverhalten gefällt. Früher, als noch nicht jeder ein Auto hatte, habe es kleine Lebensmittelläden in verschiedenen Ortsteilen gegeben, in Humbach zum Beispiel, Linden und Lochen. Das ist lange her. „Der Ort stirbt auf Raten.“ In Schönegg habe die letzte Tankstelle geschlossen, die Post war monatelang zu, bei der Sparkasse gebe es nur noch einen Bankautomaten. Wenn es nichts mehr gibt, „dann fährt man halt von Haus aus woanders hin“, sagt Peiß.

Vor 22 Jahren hat er an seinem Laden noch mal angebaut. Wie es jetzt mit der Immobilie weitergeht, sei offen. Sie sei noch nicht ausgeschrieben, aber es gebe bereits Nachfragen. Dass sich ein Pächter findet, der wieder ein Lebensmittelgeschäft betreibt, glaubt er nicht. „Wenn die Zahlen gut wären, dann gäbe es wahrscheinlich einen Nachfolger.“ Peiß könnte sich Büroräume vorstellen, auf jeden Fall eine gewerbliche Nutzung. „Mit Sicherheit mache ich keine Wohnungen rein.“

Das Aus für den Nahversorger bezeichnet der Dietramszeller Bürgermeister Josef Hauser als „eine Katastrophe.“
Das Aus für den Nahversorger bezeichnet der Dietramszeller Bürgermeister Josef Hauser als „eine Katastrophe.“ (Foto: Manfred Neubauer)

Dass es künftig keinen Nahversorger mehr im größten Dietramszeller Ortsteil Schönegg geben wird, sei für die Gemeinde „eine Katastrophe“, sagt Bürgermeister Josef Hauser (FW). Es gebe genügend Menschen, die nicht mehr mobil und auf ein Lebensmittelgeschäft im Ort angewiesen seien. Weil sich für das Bestandsgebäude vermutlich kein Nachfolger findet, wäre aus Sicht der Gemeinde der Neubau eines Nahversorgers in Ortsrandlage mit guter Anfahrmöglichkeit wünschenswert. „Der müsste nicht so groß sein wie der Edeka in Ascholding“, sagt Hauser. Aber einen Vollsortimenter, wie etwa den kürzlich eröffneten Netto am Gewerbering in Egling, könnte sich Hauser gut vorstellen. Die Gemeinde habe selbst kein Grundstück, aber man stelle gern den Kontakt her.

Die Sorge, dass nach und nach das Leben aus dem Ort weicht, treibt auch Hauser um. Die Gemeinde habe deshalb kürzlich das Sparkassengebäude an der Münchner Straße gekauft, damit dort langfristig die Zahnarztpraxis erhalten bleibt. Ärztliche Versorgung sei schließlich auch ein wichtiger Teil der Infrastruktur, sagt Hauser. „Denn wir wollen kein Schlafdorf werden.“

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