Archäologische Funde in Schlehdorf: Ermittlungen gegen Ausgrabungsunternehmen laufen

Archäologische Funde in Schlehdorf: Ein Luftbild von 2016 zeigt die Ausgrabungen am Kloster Schlehdorf.

Ein Luftbild von 2016 zeigt die Ausgrabungen am Kloster Schlehdorf.

(Foto: Privat/oh)

Auch das Landesamt für Denkmalpflege wartet auf die Überstellung der Objekte und weist auf die gesetzliche Verpflichtung von Grundstückseigentümern hin.

Von Petra Schneider, Schlehdorf / Geretsried

Im Streit um die archäologischen Funde auf dem Areal des neuen Pflegeheims in Schlehdorf hat Bürgermeister Stefan Jocher (Wählergruppe Loisach, WGL) wie angekündigt Strafanzeige gegen das Geretsrieder Ausgrabungsunternehmen "X-Cavate" gestellt, das die Funde seit mehr als sechs Jahren unter Verschluss hält. Weder der Bauherr, der Zweckverband Pflegeheim, dem die Gemeinden Schlehdorf und Großweil angehören, noch das bayerische Landesamt für Denkmalpflege (LfD) haben die historisch bedeutsamen Funde bislang begutachten können.

Ein Teil der Objekte soll im Pflegeheim ausgestellt werden, so die Idee. Auch auf den Abschlussbericht warten Zweckverband und Denkmalbehörde noch immer. Vor knapp drei Wochen hat Jocher, Vorsitzender des Zweckverbands, Strafanzeige wegen Unterschlagung öffentlichen Eigentums gestellt. Die polizeilichen Ermittlungen liefen, sagt er.

Den Vorwurf des Ausgrabungsunternehmens, der Zweckverband habe zu wenig gezahlt, will Jocher nicht gelten lassen: Man habe die in Rechnung gestellten Ausgrabungskosten von 350 000 Euro voll bezahlt und werde nach Erhalt des Abschlussberichts auch noch die vereinbarte Pauschale überweisen.

Kein Kommentar vom Landesamt für Denkmalpflege

Das Landesamt für Denkmalpflege, das laut Jocher die Strafanzeige unterstützt, will das Verhalten der Archäologen nicht kommentieren. Aufgrund des laufenden Verfahrens werde man dazu keine Aussage treffen, teilt die Behörde auf Anfrage mit.

Archäologische Funde in Schlehdorf: Die Ausgrabung unterhalb des Klosters Schlehdorf brachte historisch bedeutsame Funde ans Licht.

Die Ausgrabung unterhalb des Klosters Schlehdorf brachte historisch bedeutsame Funde ans Licht.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Funde aus Schlehdorf sind bedeutsam und sollen wissenschaftlich ausgewertet werden. Sie stammen aus der Frühgeschichte des Klosters, das ersten urkundlichen Erwähnungen zufolge im Jahr 763 gegründet wurde. Knochen von elf Mönchen wurden geborgen, ein Siegel, etliche Münzen und Relikte aus dem frühen Mittelalter. Grundlage für die Auswertung seien Grabungsbericht und Pläne, schreibt das Landesdenkmalamt, die immer noch nicht vorliegen. In den eigenen Restaurierungswerkstätten würden zunächst Zustand und Vollständigkeit überprüft. Empfindliche Funde, etwa aus Eisen, bedürften einer besonderen Schutzverpackung oder einer Entsalzung, um ihre dauerhafte Bewahrung zu garantieren. Metallfunde würden außerdem standardmäßig geröntgt.

Ein "archäologisches Hoffnungsfeld"

Dass sich auf dem Gelände unterhalb des Klosters ein "archäologisches Hoffnungsfeld" befindet, hatte das Landesamt für Denkmalpflege bereits im Jahr 2012 vermutet. Für Grundstückseigentümer kann ein solcher Befund teuer werden. Denn sie sind verpflichtet, archäologische Ausgrabungen zu bezahlen, wenn das Baugrundstück im Bereich oder in der Nähe eines Bodendenkmals liegt. Dann braucht es zusätzlich zur Baugenehmigung eine denkmalrechtliche Erlaubnis - wie dies in Schlehdorf der Fall war.

Archäologische Funde in Schlehdorf: Grundeigentum bedeute nicht nur Freiheit, was "im Boden steckt" zu nutzen, sondern auch Verantwortung dafür, betont das Landesamt für Denkmalpflege.

Grundeigentum bedeute nicht nur Freiheit, was "im Boden steckt" zu nutzen, sondern auch Verantwortung dafür, betont das Landesamt für Denkmalpflege.

(Foto: Manfred Neubauer)

Erteilt werde diese von der Unteren Denkmalschutzbehörde auf Antrag des Bauherrn nur, wenn die Erdarbeiten archäologisch begleitet werden, teilt das LfD mit. Der Bauherr müsse diese Maßnahmen, "im Rahmen der Zumutbarkeit selbst zahlen". Denn Bodendenkmäler seien genauso wie Baudenkmäler laut Bayerischem Denkmalschutzgesetz geschützt und müssten - wenn sie im Fall von Baumaßnahmen nicht erhalten werden könnten - ausgegraben, konserviert und dokumentiert werden, um sie wissenschaftlich auswerten und der Allgemeinheit zur Verfügung stellen zu können. "Grundeigentum bedeutet nicht nur Freiheit, was ,im Boden steckt' zu nutzen, sondern auch Verantwortung dafür", betont das LfD. Das umfasse zumindest die archäologische Dokumentation dessen, was im Zuge eines Bauvorhabens zerstört werde.

Für Bauherren, die daran kein Interesse haben, gibt es nur eine Alternative: Das geplante Vorhaben auf einem anderen Grundstück zu realisieren. Denn: "Wer ohne denkmalrechtliche Erlaubnis im Bereich eines Bodendenkmals oder in dessen Nähe in den Boden eingreift, riskiert eine Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro."

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Streit um Relikte
:Strafanzeige gegen Archäologen

Weil die in Schlehdorf beauftragte Ausgrabungsfirma die Funde aus dem Urkloster bislang nicht überstellt hat, will sie der Zweckverband des Pflegeheims verklagen. Dem wiederum wirft das Unternehmen mangelnde Zahlungsmoral vor.

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