Nach Axt-Attacke am Schafreuter:Hier kommt das Holz fürs neue Gipfelkreuz

Nach Axt-Attacke am Schafreuter: Auftakt zum Gipfelsturm: Zimmerer-Lehrlinge aus der Tölzer Berufsschule schultern die Balken für das neue Gipfelkreuz am Schafreuter.

Auftakt zum Gipfelsturm: Zimmerer-Lehrlinge aus der Tölzer Berufsschule schultern die Balken für das neue Gipfelkreuz am Schafreuter.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Das alte wurde umgehackt, jetzt arbeiten Zimmerer-Lehrlinge der Tölzer Berufsschule am Ersatz. Der Alpenverein weiß nur noch nicht, wie es auf den Berg kommen soll.

Von Benjamin Engel

Anton Höhenbleikner beugt sich tief über das eine Ende des 5,45 Meter langen Holzbalkens: Ein deutlich sichtbarer rund 70 Zentimeter langer Riss zieht sich durch das Holz. Den mustert der Fachlehrer für Zimmerei an der Tölzer Nikolaus-Trischberger-Berufsschule ganz genau und wirkt wenig begeistert. "Vielleicht können wir den später so drehen, dass man das nicht so sieht", sagt er. Schließlich soll aus dem massiven Eichenholz der Hauptbalken für das neue Gipfelkreuz am 2102 Meter hohen Schafreuter entstehen. Und da sollen möglichst wenig Risse die optische Wirkung stören.

Bene Rest vom Holzbauhändler Dostthaler & Waldhauser (Dowaholz) aus Valley ist am Mittwochnachmittag gegen 13.30 Uhr mit seinem Sattelschlepper vor der Berufsschule an der Bairawieser Straße vorgefahren. Auf der Ladefläche liegen die beiden zusammen rund 400 Kilogramm schweren Eichenholzbalken für das neue Gipfelkreuz. Berufsschüler für Zimmerei wuchten sich die zentnerschwere Last auf ihre Schultern und tragen sie in die Werkstatträume. Paul Schenk, Chef der Tölzer Alpenvereins-Sektion, und Höhenbleikner packen ebenfalls mit an.

Der Fachlehrer wird aus den Balken gemeinsam mit sechs Zimmerei-Berufsschülern aus dem dritten Lehrjahr das Kreuz fertigstellen. Am kommenden Montag wollen sie loslegen. Spätestens zum Wochenende vom 8. auf den 9. Oktober soll es am Berg stehen. Denn dann ist auf der Tölzer Hütte am Schafreuter die Bergmesse zum Saisonabschluss geplant.

Die Aufregung war groß, als am Sonntag vor zwei Wochen ein Unbekannter das seit 2003 stehende Gipfelkreuz mit der Axt so beschädigt hatte, dass es umgelegt werden musste. Doch damit nicht genug: Am Sonntag vor einer Woche stellten Mitglieder einer rechtsextremen Gruppierung ein Ersatzkreuz am Gipfel auf. Das will der Deutsche Alpenverein jedoch bald wieder entfernen.

Der Tölzer Hans Dostthaler, Geschäftsführer von Dowaholz, und seine Frau wollten spontan helfen, als sie vor knapp zwei Wochen in der Zeitung vom Gipfelkreuzfrevel am Schafreuter lasen. "Als Tölzer haben wir uns gefragt, was wir tun können." Deshalb kontaktierte er sofort die Tölzer Alpenvereins-Sektion. Er bot an, das Material für ein neues Kreuz bereitzustellen. Und deren Chef Schenk - er hatte mehrere Hilfsangebote bekommen - sagte schließlich zu. Denn der Name Dostthaler stehe für Qualität, sagt dieser.

Die beiden Balken aus Eichenholz - 5,4 Meter und drei Meter lang mit einem Querschnitt von 18 mal 18 Zentimetern - stammen aus dem Sägewerk Josef Pauls in Au bei Bad Feilnbach. Dort lagerte der längere schon zwei Jahre, der kürzere ein Jahr. Thomas Pauls, Inhaber und Sohn des Betriebsgründers, spricht von einem Glücksfall, dass die beiden Balken überhaupt zu haben waren. "In so großen Dimensionen ist das schnell vergriffen." Pauls hätte zwar auch Holz frisch zuschneiden können. Doch das wäre weniger gut geeignet gewesen, weil sich junges Holz leicht verzieht. Pauls bezieht das Holz - Eiche ist besonders witterungsresistent und deshalb für ein Gipfelkreuz prädestiniert - von einheimischen Waldbauern oder der Waldbauernvereinigung aus einem Radius von etwa 50 Kilometern rund um Au. So könne er sicherstellen, dass die Verkäufer ihre Wälder auch nachhaltig bewirtschafteten, sagt er. Stehe das fertige Kreuz erst einmal auf dem Berggipfel, könne es dort theoretisch bis zu 100 Jahre stehen. Mit Insektenfraß oder Würmern gebe es in der Höhe beispielsweise keine Probleme.

Bis zum Montag, 19. September, liegen die Balken nun erst einmal in den Werkstatträumen der Tölzer Berufsschule. Erst dann werden Fachlehrer Höhenbleikner und seine Zimmerer-Schüler mit der eigentlichen Arbeit anfangen.

Sie müssen die Balken vorsichtig aushobeln, das heißt mit dem Hobel solange bearbeiten, bis die gewünschte Form erreicht ist. Womöglich könnten sie die störende Stelle mit dem Riss am Hauptbalken auch wegschneiden, erklärt Höhenbleikner. Dafür gibt es Spielraum. Denn schließlich soll das fertige Kreuz fünf Meter hoch und 2,77 Meter breit werden, also kleiner als die unbearbeiten Balken. Zum Schluss müssen die Berufsschüler Haupt- und Querbalken mit einer Platte und Schrauben fest miteinander verbinden. Für die Arbeit haben sie sich freiwillig gemeldet, und der 17-jährige Sebastian Exinger freut sich darauf. "Eine solche Chance werd ned leicht wieda kemma."

Währenddessen steht der Tölzer Alpenvereins-Chef Schenk vor einer logistischen Herausforderung: Er muss erst noch klären, wie das Kreuz überhaupt auf den Gipfel des Schafreuter kommen soll. Dafür stehen derzeit einige Überlegungen im Raum, etwa ob sich ein Hubschrauber für den Transport nutzen lässt oder das Kreuz zumindest mit der Materialseilbahn bis zur Tölzer Hütte kommen könnte. "Ich bin froh, wenn das Kreuz aufgestellt ist und endlich wieder Ruhe in die Berge einziehen kann", bekennt er.

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