Projekte trotz Pandemie:Keine Vollbremsung wegen Corona

Der Schäftlarner Kämmerer mahnt bei seinem Bericht im Gemeinderat zur Vorsicht angesichts der Krise. Die finanziellen Auswirkungen auf die Kommune hält er für verkraftbar. Planungen liefen "ganz normal weiter".

Von Marie Heßlinger

Die Coronakrise wirkt sich auch auf die Finanzen der Gemeinden im Landkreis und in der Region aus. Der Arbeitskreis "Steuerschätzung" des Bundesfinanzministeriums rechnet damit, dass die Steuereinnahmen auf Bundesebene im Vergleich zum Vorjahr um rund 11 Prozent sinken werden. Der Kämmerer Schäftlarns rechnet mit geringeren Einbrüchen, mit denen, so glaubt er, die Kommune allerdings länger zu kämpfen hat.

Rund acht Prozent weniger Einnahmen durch die Einkommenssteuer, rund 20Prozent weniger Nettogewerbesteuer, damit rechnen die Experten bayernweit. Dafür gehen sie aber schon wieder von einem Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen von rund 23,6 Prozent im kommenden Jahr aus. "Ich persönlich glaube nicht, dass sich die Gewerbesteuer so schnell erholen wird", sagte indes der Schäftlarner Kämmerer Thomas Kiendl bei der Gemeinderatssitzung am Mittwoch. So sei zum Beispiel das Sicherheitsbedürfnis der Menschen nicht kalkulierbar. "Wird in der Gastronomie das Gleiche los sein wie vorher? Ich persönlich kann mir das nicht vorstellen." Die Coronakrise fasse er weniger als einmaliges vorübergehendes Ereignis auf, sondern sie könne die Gemeinde über Jahre beschäftigen.

Gleichzeitig vermutete der Kämmerer, dass die Einbußen in Schäftlarn geringer ausfallen werden als andernorts. "Weil wir breiter aufgestellt sind", begründete Kiendl. Schäftlarn sei nicht auf die Abgaben einzelner Großfirmen angewiesen, die wegen der Pandemie schließen mussten. Die Steuereinbußen könnten in der Isartalkommune somit geringer ausfallen, die Erholung dafür langsamer vorangehen als vom Expertenrat veranschlagt. Allerdings: "Die Summen werden die gleichen sein, nur anders aufgeteilt", spekulierte Kiendl.

Eine "Vollbremsung" sei bei der Finanzplanung in Schäftlarn aber nicht geplant. "Bei uns läuft alles ganz normal weiter", sagte Kiendl der SZ. Natürlich werde die Gemeinde versuchen, zu sparen. Doch bereits angestoßene Großprojekte wie der Bau von Feuerwehrhaus und Bauhof seien zu weit fortgeschritten, als dass sie noch zu stoppen seien. Zeit für andere Projekte sei daneben ohnehin wenig übrig. Ob die im Wahlkampf so oft geforderte Mehrzweckhalle realisierbar ist, scheint der Kämmerer eher vorsichtig abzuwarten.

In Schäftlarn werden aktuell ein Feuerwehrhaus, ein Bauhof, sowie Wohnungen am Stehbründlweg gebaut, kommendes Jahr soll ein Wohnhaus in der Auenstraße folgen. Für die drei Wohnprojekte nimmt die Gemeinde Kredite auf. Schäftlarns Pro-Kopf-Verschuldung, welche Ende 2019 mit rund 620 Euro unter dem Landesdurchschnitt lag, werde damit überdurchschnittlich steigen, schätzt der Kämmerer. Langfristig werde sich die Investition aber auszahlen.

Insgesamt stand Schäftlarn im Jahr 2019 überraschend gut da, so Kiendl. Im Verwaltungshaushalt fand sich ein Überschuss von fast 2,5 Millionen Euro, ursprünglich war im Haushaltsplan nur eine Zuführung zum Vermögenshaushalt von 762 300 Euro geplant gewesen. Grund für den Überschuss waren höhere Steuereinnahmen und staatliche Zuschüsse. Ende 2019 konnte die Gemeinde deshalb mehr als 1,5 Millionen Euro zurücklegen. Da sich die aktuellen Bauarbeiten verzögerten, wurden weniger Rücklagen angerührt. Diese werden jedoch bald aufgebraucht sein. Wie hoch zudem die Kosten für die Beteiligung am Bau einer Mittelschule in Pullach sein werden, bleibt abzuwarten. Ebenso die tatsächlichen Kosten der Coronakrise. "Vorsicht", warnte Kiendl deshalb, "als Kämmerer muss ich sagen: Ganz, ganz vorsichtig!" Er klang dabei jedoch ruhig.

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