Schäftlarn:Nazi-Bürgermeister bleibt in Rathaus-Galerie

Schäftlarn: Im Schäftlarner Rathaus hängt auch das Bild eines Nazi-Bürgermeisters. Das soll nun mit einem Hinweis versehen werden.

Im Schäftlarner Rathaus hängt auch das Bild eines Nazi-Bürgermeisters. Das soll nun mit einem Hinweis versehen werden.

(Foto: Manfred Neubauer)

Das Bild von Gustav Veith soll jedoch mit einer Erklärung versehen werden, dass er nicht demokratisch gewählt wurde.

Von Susanne Hauck, Schäftlarn

Das Potrait des früheren NS-Bürgermeisters Gustav Veith darf im Schäftlarner Rathaus hängen bleiben. Der Gemeinderat steht einmütig dahinter, nachdem eine Sichtung der Unterlagen ergeben hat, dass er wohl keine direkte Schuld auf sich geladen habe. Sein Bild in der "Rathausgalerie" der früheren Schäftlarner Bürgermeister muss allerdings mit einem erklärenden Zusatz und einem QR-Code versehen werden. Und die Gemeinde will die nationalsozialistischen Hintergründe Veiths ausführlich auf ihrer Homepage darstellen.

Wie bereits berichtet, hatte Gemeinderat Florian Bieberbach (SPD) den Stein ins Rollen gebracht und ein Abhängen des Bilds gefordert. Das Gremium folgte in der Sitzung allerdings der Argumentation von Bürgermeister Christian Fürst (CSU), der die Gefahr sah, dass dadurch die nationalsozialistische Vergangenheit in Vergessenheit gerate. Heutige Generationen könnten aus diesem Teil der Schäftlarner Geschichte etwas lernen. "Das Beispiel Veiths zeigt deutlich, wie es den Nazis möglich war, durch die Verbreitung ihrer Ideologie im Kleinen die große Macht an sich zu reißen", sagte Fürst. Gleichzeitig hatte er Gemeindearchivar Josef Darchinger damit beauftragt, weitere Nachforschungen anzustellen.

Veith wurde als Mitläufer eingestuft und nicht angeklagt

So ist in der Dorfchronik während der Amtszeit Veiths ein Zwischenfall bei der Maifeier 1934 belegt. Die Schäftlarner Burschen hatten am Maibaum die bayerische Fahne aufgezogen und sich geweigert, sie durch das Hakenkreuz zu ersetzen. Daraufhin musste die SA anrücken, " die Protagonisten wurden verhaftet, aber die meisten bald wieder entlassen", so Fürst. Zweifelsfrei sei Veith "ein linientreuer Nazi" gewesen, aber es sei nicht bekannt, dass es auf direkte Veranlassung von ihm zu Deportationen kam. "Niemand ist wegen Veith in ein KZ verbracht worden."

Die Faktenlage ist allerdings spärlich. Denn nicht nur Veiths, sondern, wie der Bürgermeister betonte, alle Unterlagen aus der Kriegszeit sind nicht mehr vorhanden. Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, ob sie absichtlich verschwanden, in den Kriegswirren verloren gingen oder von den Amerikanern beschlagnahmt wurden. Erhalten geblieben ist lediglich die Meldekarte Veiths aus dem Jahr 1947, welche nach seiner Rückkehr nach Hohenschäftlarn in der Verwaltung angelegt wurde. Auf dieser sind keine Vorstrafen oder Verurteilungen vermerkt. Veith war bis Oktober 1947 in einem amerikanisches Internierungslager inhaftiert, aber dann als Mitläufer eingestuft und nicht angeklagt worden.

Der 1890 geborene und 1970 gestorbene Veith war 1927 aus Wolfratshausen nach Hohenschäftlarn gezogen, nachdem er ein Jahr zuvor das ehemalige Extraktionswerk (eine Tierkörperverwertungsanlage) an der Münchner Straße (gegenüber der heutigen Tankstelle) gekauft und in eine Likörfabrik umgewandelt hatte. Die Nationalsozialisten beförderten ihn ins Amt, nachdem Vorgänger Josef Böck den notwendigen Parteieintritt verweigert hatte.

Einstimmig plädierte der Gemeinderat dafür, das Bild Veiths mit dem Zusatz "Gustav Veith, 1933-1945 von den NS-Machthabern ohne Wahl ernannter 1. Bürgermeister" und mit einem ergänzenden QR-Code zu versehen. Archivar Darchinger soll darüber hinaus die Gemeinde-Homepage mit einem entsprechenden Kapitel ergänzen. Dem Begehr Bieberbachs, "alles Wissen im Ort über die NS-Geschichte niederzuschreiben", machte Fürst allerdings wenig Hoffnungen. Er verwies auf die bereits vorhandene Dorfchronik und die spärlich gewordenen Zeitzeugen.

Zur SZ-Startseite

Gedenken an den 28. April 1945
:"Wenn ich hinfalle, bin ich tot"

Nick Hope erinnert an den Dachauer Todesmarsch. Andreas Wagner recherchiert wieder zu diesem Thema und plant ein neues Buch. Der Badehaus-Verein lädt zu einem Gedenkzug ein.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: