Umwelt:Schäftlarn hofft auf den Wespenbussard

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Die Gemeinde legt Widerspruch gegen den Bestandsschutz der geplanten Windkraftanlagen in Berg ein. Eine geschützte Vogelart sei nicht ausreichend berücksichtigt worden

Von Ingrid Hügenell, Schäftlarn/Berg

Die Gemeinde Schäftlarn legt Widerspruch ein gegen die Bestandsschutzwirkung der 10 H-Regelung für Windräder. Offenbar erhofft sich die Gemeinde, die Errichtung von Windrädern in der Nachbargemeinde Berg doch noch verhindern zu können. Schäftlarn hat bisher schon alle Klagemöglichkeiten ausgeschöpft. Entschieden wurde noch nichts. Juristen bezweifeln, dass der Widerspruch tatsächlich die Errichtung der Windkraftanlagen (WKA) verhindern kann. Doch Schäftlarn setzt auf den Wespenbussard. Der Gemeinderat votierte am Mittwoch ohne Diskussion mit 13 zu sechs Stimmen für den Widerspruch.

Die 10 H-Regel vom November 2014 besagt, dass Windräder einen Abstand von der nächsten Wohnbebauung haben müssen, der ihrer zehnfachen Höhe entspricht. Die vier Windkraftanlagen, die Berg in den Wadlhauser Gräben errichten will, sollen 200 Meter hoch werden und 1200 Meter vom Schäftlarner Ortsteil Neufahrn entfernt liegen. Nach der neuen Regel müssten es 2000 Meter sein. Allerdings wurden die WKA genehmigt, bevor es die 10 H-Regel gab, nämlich am 31. Juli 2014, und sollten daher Bestandsschutz genießen, also von der neuen Regelung nicht betroffen sein.

Ebenfalls in der gesetzlichen Bestimmung des Freistaats Bayern ist aber festgelegt, dass die Nachbarn dem Bestandsschutz widersprechen können. Dann würde die 10 H-Regel auch für die Wadlhauser Gräben gelten. Das stimmt so und auch wieder nicht. "Was genehmigt ist, unterliegt nicht der 10 H-Regelung. Die Genehmigung setzt sich durch", erklärt Franz Dirnberger, Referent für Baurecht beim Bayerischen Gemeindetag. Der Widerspruch Schäftlarns bewirke tatsächlich, dass die 10 H-Regelung für die Konzentrationsfläche in den Wadlhauser Gräben gelte, dies aber nur für neue Planungen. Und tatsächlich besage die 10 H-Regel nur, dass die Windräder im Außenbereich nicht mehr privilegiert wären. Was außerhalb geschlossener Ortschaften gebaut werden darf, ist gesetzlich streng geregelt. Erlaubt, also privilegiert, sind zum Beispiel Gebäude von Landwirten, und nach dem Bundesbaugesetzt auch Windkraftanlagen. Fällt die Privilegierung weg, kann eine Gemeinde aber einen Bebauungsplan aufstellen und auf diesem Weg Neubauten genehmigen. Das wäre laut Dirnberger auch in den Wadlhauser Gräben möglich.

Die Gemeinde Berg habe das aber gar nicht vor, sagt Robert Sing, Geschäftsführer der Bürgerwind Berg GmbH & Co. KG. Bürgermeister Rupert Monn habe immer nur vier Windräder haben wollen, und dabei bleibe es auch. Sing hat das 10 H-Gesetz genau gelesen. "Da steht ganz klar drin, dass es für abgeschlossene Genehmigungen einen Bestandsschutz gibt. Sonst wäre ja alles, was ich tue, ziemlich Harakiri-mäßig und fahrlässig", sagt er.

Die Bürgerwind-Gesellschaft nimmt von sofort an Anmeldungen für eine Beteiligung entgegen. Als erstes berücksichtigt werden bis 21. Februar solche aus den Gemeinden Berg, Icking, Münsing, der Stadt Starnberg und der Energiegenossenschaft Fünfseenland sowie auch aus Schäftlarn. "Einen gewissen Vertrauensschutz haben wir schon noch, das ist die Genehmigung", versichert Sing. Laut dem Schäftlarner Bauamtsleiter Stefan Jocher setzt die Gemeinde Schäftlarn aber darauf, dass die Genehmigung nicht von Bestand ist, weil in einem Gutachten, das ihr zugrunde liegt, der geschützte Wespenbussard nicht genügend untersucht worden sei.

"Das werden die Gerichte entscheiden müssen", sagt Jocher. Im März befasst sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit der Normenkontrollklage Schäftlarns gegen den allem zugrunde liegenden Teilflächennutzungsplan.

Unterdessen muss sich ein Gericht auch mit der 10 H-Regelung befassen. Die Initiative "Pro Windkraft" hat Popularklage dagegen beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingereicht, weil sie den Ausbau der Windkraft in Bayern faktisch unmöglich macht. Auch der Bayerische Gemeindetag war immer schon gegen die 10 H-Regel, wie Pressesprecher Wilfried Schober sagt. Er nennt sie rechtlich wie politisch schwierig. Denn der Freistaat schiebe den Schwarzen Peter den Gemeinden zu. "Die sollen sich gegenseitig blockieren, und dann kann die Staatsregierung hinterher sagen, wir können nichts dafür, dass die Energiewende nicht klappt."

© SZ vom 13.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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