S-Bahn nach Geretsried: S7-Ausbau verzögert sich weiter

S-Bahn nach Geretsried: Der Ausbau der S7-Strecke nach Geretsried sollte eigentlich 2024 beginnen. Eigentlich.

Der Ausbau der S7-Strecke nach Geretsried sollte eigentlich 2024 beginnen. Eigentlich.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Arbeiten beginnen laut bayerischem Verkehrsministerium nicht im Jahr 2024. CSU-Landtagsabgeordneter Martin Bachhuber reagiert empört.

Von Felicitas Amler und Klaus Schieder, Geretsried

Der Ausbau der S7-Strecke nach Geretsried beginnt nicht wie angekündigt im Jahr 2024. Diese Auskunft hat Landtagsabgeordneter Martin Bachhuber jetzt auf eine Anfrage an das bayerische Verkehrsministerium bekommen. Mit dem Baubeginn könne im übernächsten Jahr nicht gerechnet werden, teilte Minister Christian Bernreiter (CSU) auch dem Geretsrieder und dem Wolfratshauser Bürgermeister mit. Ein anderes Zeitfenster öffnete er in seiner Antwort nicht. Bachhuber reagiert darauf mit Empörung und Unverständnis. "Das ist in keiner Weise hinnehmbar, und das werde ich so auch nicht stehen lassen", sagt der Abgeordnete.

Der Wolfratshauser Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) ist ebenso entsetzt. "Für unsere Region ist jede Verzögerung der S7-Verlängerung ein Desaster", erklärte er am Dienstagnachmittag. Gerade wegen steigender Energie- und Spritpreise sei eine schnelle Umsetzung des Projekts vor allem für die Berufspendler aus Geretsried zwingend erforderlich. "Zudem brauchen wir dringend die Verkehrsentlastung auf den Ortsdurchgangsstraßen." Heilinglechner verweist darauf, dass das Verkehrsministerium die Verzögerung mit der Neuplanung durch die Troglösung im Bereich des Wolfratshauser Bahnhofs begründe, obwohl dies bereits im Jahr 2016 ausgelöst durch einen Bürgerentscheid beschlossen worden sei.

Die SZ hat gerade erst in einem Interview mit dem Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) darauf aufmerksam gemacht, dass es keinen aktuellen Zeitplan für den S7-Ausbau gibt. Am Dienstag erklärte Müller, die erneute Verschiebung sei zwar "nach unseren Erfahrungen von zuletzt erwartbar" gewesen, "trotzdem ist unsere Enttäuschung und unser Unverständnis darüber kaum mehr in Worte zu fassen". Der Geretsrieder Bürgermeister fragt, wie die Mobilitätswende geschafft werden könne, wenn Verfahren wie das der S 7 Jahrzehnte dauern und sich immer wieder verzögern. "Das lässt sich niemandem mehr erklären. Wir verstehen es ja selbst kaum."

Nach Monaten des Stillstands im Planfeststellungsverfahren hatte auch Bachhuber langsam die Geduld verloren und sich nach dem Sachstand erkundigt. Die Reaktion des Verkehrsministers bezeichnet er als eine "mehr als ernüchternde Antwort". Mit Blick auf das 2020 gestartete Planfeststellungsverfahren, das wegen der für die Tunnellösung nötigen Neuplanung erforderlich ist, heiße es in dem Schreiben des Ministers: "Coronabedingt musste die Durchführung des Anhörungsverfahrens grundlegend anders gestaltet werden, wodurch der ursprünglich vorgesehene Zeitrahmen nicht eingehalten werden konnte." Und weil inzwischen auch eine aktualisierte Nutzen-Kosten-Untersuchung vorgelegt werden muss, die Bernreiter bis Ende 2022 erwartet, könne der Planfeststellungsbeschluss "frühestens in 2023" erfolgen. Außerdem müsse die geplante Verlegung der Bundesstraße 11 in Geretsried bei den Planungen für die Verlängerung der S 7 angepasst werden. "Unter Beachtung der aktuellen Rahmenbedingungen kommt die DB zu der Einschätzung, dass ein Baubeginn für die S-Bahn-Verlängerung in 2024 nicht erwartet werden kann", so Bernreiter.

Damit wird die Anbindung von Geretsried an die S7-Strecke nach Bachhubers Dafürhalten "auf den Sankt-Nimmerleins-Tag" verschoben. Dies sei nicht akzeptabel, brüskiere die Menschen in der Region und sei eine Missachtung des politischen Willens der Städte Wolfratshausen und Geretsried, des Landkreises und des Landtags. Die Bahn sage immer nur, was nicht gehe, biete aber "nie auch nur ansatzweise eine verlässliche Perspektive", kritisiert der CSU-Abgeordnete. Allerdings sei er froh, dass Verkehrsminister Bernreiter die DB bereits nachdrücklich aufgefordert habe, "einen aktuellen Zeit- und Kostenplan für die S7-Verlängerung zu erstellen". Dies sei unerlässlich, um beim Bund und beim Freistaat die finanziellen Voraussetzungen für den Bau zu schaffen - und die "zwischen Freistaat und DB laufenden Verhandlungen zum Bau- und Finanzierungsvertrag weiter voranzutreiben".

Der Wolfratshauser Bürgermeister betont, dass "dieses komplexe Projekt" eine gewisse Vorlaufzeit benötige, sei klar. "Aber um eventuell Bauverzögerungen und Kostenexplosionen in der Zweiten Stammstrecke damit zu kompensieren, dafür habe ich überhaupt kein Verständnis."

Bachhuber fordert die Bahn auf, "jetzt endlich belastbare und verlässliche Aussagen" zum S7-Ausbau zu liefern. Andernfalls sei es aus seiner Sicht um die "ohnehin schon schwer angekratzte Glaubwürdigkeit" der DB vollends geschehen". Bachhuber versichert, dass er keine Ruhe gebe und aufdringlich bleibe, "bis wir endlich das haben, was alle Menschen in der Region wollen, nämlich dass die erste S-Bahn nach Geretsried rollt."

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