Rückblick 2021:Wolfratshausen macht die Welle

Nach neun Jahren Arbeit stehen die Surfer kurz vorm Ziel

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Für Stefanie und Marcus Kastner ging das Jahr wieder einmal denkbar spannend zu Ende: In seiner letzten Sitzung im Dezember hat der Wolfratshauser Stadtrat mit knapper Mehrheit entschieden, den Bau der künstlichen Surfwelle, die das Ehepaar seit nunmehr neun Jahren am Werkskanal der Wiedachmühle plant, in Auftrag zu geben. Das Projekt stand erneut zur Debatte, weil die Kosten für die Stahlkonstruktion samt Ausbau des Kanals in der aktuellen Berechnung wieder einmal in die Höhe geschnellt sind. 2013 hatten die Kastners ihr Projekt erstmals im Stadtrat vorgestellt. Drei Jahre später, als der Beschluss fiel, EU-Fördermittel aus dem Leader-Programm für die Welle zu beantragen, wurden die Gesamtkosten auf 300 000 Euro geschätzt. Wenig später kletterten sie auf 600 000, dann auf 800 000 Euro. Inzwischen liegen sie bei knapp 969 000 Euro. Um die Welle zu finanzieren, hat der Stadtrat mehrheitlich den Beschluss für einen städtischen Kostendeckel von 400 000 Euro aufheben müssen. Das Defizit von 172 000 Euro wollen die Kastners mit ihrem Verein aus den Überschüssen des Betriebs in den kommenden Jahren zurückzahlen.

Die Dritte Bürgermeisterin Annette Heinloth (Grüne) hat es in der Stadtratssitzung auf den Punkt gebracht: Würden die Initiatoren heute kommen und eine Welle für eine Million bauen wollen, von der die Stadt mehr als die Hälfte zahlt, würde der Stadtrat das ablehnen, erklärte sie. Aber sie wies auch darauf hin, dass es eine lange Vorgeschichte gibt. Und zu der gehören nicht nur die Planungskosten von 200 000 Euro, welche die Stadt bereits investiert hat. Sondern auch ein Verein mit beispiellosem Engagement. Vor ziemlich genau zwei Jahren stand die Welle vor dem Aus, weil der Leader-Zuschuss mit 270 000 Euro geringer ausfiel als zunächst in Aussicht gestellt. Daraufhin schlossen die Surfer die Lücke kurzerhand per Crowdfunding; ihren Eigenanteil an Spenden konnten sie in wenigen Tagen auf 125 000 Euro mehr als verdoppeln. Das alles haben zumindest die meisten Stadträte mit ihrem Beschluss honoriert, der auch ein deutliches Zeichen des Vertrauens ist.

Man muss etwas schon sehr wollen, wenn man so lange dafür arbeitet. "Wir freuen uns riesig", sagte Stefanie Kastner, Vorsitzende von "Surfing Wolfratshausen", zu dem Beschluss. Nach neun Jahren Planung habe man endlich die Sicherheit, dass das Projekt umgesetzt werden könne. Gebaut werden soll die Welle im kommenden Jahr, schließlich müssen alle Gewerke bis Ende 2023 bei den Leader-Stellen abgerechnet sein. Ein Aufatmen gibt es für die Kastners und ihre Mitstreiter aber kaum. Wenn die Welle steht, fängt ihre Arbeit erst so richtig an. Schließlich muss der Verein sie beaufsichtigen, steuern und die Gebühren eintreiben, die das Surfen in Wolfratshausen, im Gegensatz zum Vorbild am Münchner Eisbach, kosten soll. Die Initiatoren sind zuversichtlich, dass das alles gelingt und der benötigte Überschuss erzielt werden kann. Zum neuen Jahr kann man das ihnen und dem Stadtrat nur wünschen.

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