Pharmaindustrie und Forschung:Eine „Mega-Geschichte“ in Penzberg

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Was hat denn der da? Bundeskanzler Olaf Scholz begutachtet die Zeitkapsel, die Bayerns Ministerpräsident mit der Figur des bayerischen Löwen aus Porzellan bestückte. Scholz hatte sich für eine Plakette mit seinem Foto und Dankesworte entschieden. "Mal was Neues", fand Söder. In der Mitte steht Thomas Schinecker, CEO der Roche-Gruppe. (Foto: Magdalena Henkel/dpa)

Roche investiert 600-Millionen Euro in ein neues Produktionszentrum. Dort sollen künftig 450 Einsatzstoffe für diagnostische Tests hergestellt werden. Zur Grundsteinlegung kommen Olaf Scholz und Markus Söder.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

„Bauen ist eine gute Sache“, sagt Thomas Schinecker, CEO der Roche-Gruppe. Das sollte man meinen, immerhin ist diese „gute Sache“ dem Pharma-Unternehmen am Standort Penzberg mehr als 600 Millionen Euro wert. Auf diese Summe beläuft sich die Investition in das neue Produktionsgebäude für Diagnostika auf dem Campus des Biotechnologie-Zentrums im Nonnenwald. Um die Bedeutung des Hightech-Bauwerks zu unterstreichen, kamen am Donnerstag Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zur Grundsteinlegung in die oberbayerische Kleinstadt.

Investitionen im Bereich „Diagnostik“ seien essenziell, so Schinecker. „Wir werden immer älter“, betonte er. Mit dem demografischen Wandel gerieten die Gesundheitssysteme unter Druck. Diagnostische Tests würden daher wichtiger: Nicht allein, weil jeder einzelne Test Behandlungen verändern könne hin zu präziseren und individuelleren Therapien. Das frühzeitige Erkennen von Erkrankungen und deren schnelle Behandlung entlaste die Systeme zudem finanziell.

Mit dem neuen Zentrum will Roche die Produktionskapazität erhöhen und ältere Gebäude auf dem Werkgelände ablösen. (Foto: Roche Diagnostics/oh)

In dem mehr als 23 000 Quadratmeter umfassenden Produktionszentrum werden sogenannte Einsatzstoffe für verschiedenartigste diagnostische Tests hergestellt. Das achtgeschossige Gebäude – das erste der Norderweiterung des Werksgeländes und laut Schinecker die modernste Diagnostikproduktionsstätte Europas – soll im Jahr 2027 fertig sein. Nach einer Testphase sollen von 2028 an 200 Mitarbeitende, die bislang auf verschiedene Standorte verteilt sind, dort tätig sein. Produziert werden künftig etwa 450 Einsatzstoffe, die in Tests in den Bereichen Infektiologie, Kardiologie, Neurologie, Onkologie und Diabetes Verwendung finden.

Bauleiter Ludger Dierkes berichtete den Gästen, dass 42 000 Tonnen Beton verbaut würden, mehr als 4000 Tonnen Baustahl und über 800 Kilometer Kabel, was der Strecke Hamburg-Penzberg entspräche. Die Kosten von 600 Millionen Euro sind die bislang größte Einzelinvestition von Roche in Deutschland.

Nachmittags trafen Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Söder und die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach ein, um am Festakt teilzunehmen. 1972 sei der erste Grundstein auf dem Werksgelände gelegt worden, erinnerte Schinecker. Das über Jahrzehnte vom Kohlebergbau geprägte Penzberg sei das Paradebeispiel für einen Strukturwandel. Heute beherberge die Stadt mit Roche ein globales Zentrum für Forschung und Entwicklung.

Das „perfekte Match“ für Bayern

Das würdigte auch Markus Söder in seinem Grußwort: Roche in Penzberg im Allgemeinen und das neue Diagnostikproduktionszentrum im Besonderen seien eine „Mega-Geschichte“. Der Freistaat werde alles tun, damit das größte deutsche Unternehmen im Life-Science-Bereich auch in Bayern bleibe. Eine Investition in Höhe von 600 Millionen ohne einen staatlichen Euro zeige, dass das Unternehmen leistungsstark sei. Der Freistaat fördere Innovationen und stelle gerne finanzielle Mittel zur Verfügung. Söder betonte, dass an die 500 Millionen für Start-ups und ähnliches – „Begleitschiffe“ für Roche – investiert würden, weitere 500 Millionen in die Neuausrichtung des Campus in Martinsried. Roche in Penzberg sei das „perfekte Match“ für Bayern. „Das passt in unsere Strategie“, so Söder.

Kaum war der Festakt vorbei, kam in Penzberg die Sonne heraus. Links zu sehen ist die Baustelle des neuen Produktionszentrums für diagnostische Einsatzstoffe. (Foto: Manfred Neubauer)

Wie wichtig die Forschung und Entwicklung seien, die am Biotechnologie-Zentrum im Nonnenwald stattfinden, führte Bundeskanzler Scholz am Beispiel der Corona-Pandemie aus. Roche in Penzberg sei es damals gelungen, in kürzester Zeit einen PCR-Test auf den Markt zu bringen. Mit ihrem ganzen Wissen und Können hätten die Forscherinnen und Forscher in Penzberg dazu beigetragen, Leben zu retten. Eine Zulassung für neue Medikamente in Deutschland zu bekommen, sei allerdings zu kompliziert, sagte Olaf Scholz. „Das kann so nicht weitergehen. Ich werde nicht zuschauen, dass die Pharmaforschung ins Ausland abwandert.“ Daher sei der „Dschungel der Zulassungsbehörden“ gelichtet worden. Dank des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes stünden den Wissenschaftlern nun auch jene Daten zur Verfügung, die ihnen das Forschen erleichtern.

Es gehe in der Branche nicht allein um den wirtschaftlichen Erfolg, betonte Scholz. Patientinnen und Patienten seien auf innovative Therapien angewiesen. Investitionen in Höhe von mehr als sieben Milliarden Euro seien für Pharma-Deutschland angekündigt. Mehr als 10 000 Arbeitsplätze seien in diesem Sektor neu geschaffen worden.

Sechs Zeitkapseln wurden für die Grundsteinlegung vorbereitet: Kanzler Scholz stellte für seine eine Plakette mit seinem Foto und Dankesworte zur Verfügung; Ministerpräsident Söder den obligatorischen bayerischen Löwen aus Porzellan.

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Mit dem symbolischen Spatenstich startet der Pharma-Konzern Roche in Penzberg den Bau eines neuen Produktionszentrums. Dort werden künftig Einsatzstoffe für diagnostische Tests hergestellt.

Von Alexandra Vecchiato

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