Süddeutsche Zeitung

Reden wir über:Schulhymnen und Reparaturen

Hausmeister Andreas Becker geht in den Ruhestand

Interview Von Susanne Hauck

An der Grundschule Schäftlarn kennt jeder den "Andi". 19 Jahre war Andreas Becker dort Hausmeister mit Leib und Seele - aber auch mit Gitarre und Studium. Am Donnerstag wird er in den Ruhestand verabschiedet.

SZ: Herr Becker, wie sind Sie zu dem Beruf gekommen?

Andi Becker: Als typischer Quereinsteiger. Eigentlich wollte ich Lehrer werden. Aber damals hieß es "null Chance", wegen der Lehrerschwemme. Stattdessen habe ich Jura studiert und eine kleine Spedition aufgemacht. Nebenher war ich Fußballtrainer beim TSV Schäftlarn. Eines Tages hat mir Altbürgermeister Erich Rühmer die vakante Stelle als Hausmeister angeboten. Weil mir die Arbeit mit Kids immer Spaß machte, brauchte ich nicht lange überlegen.

Woran erinnern Sie sich gerne?

An das tolle Verhältnis zu den beiden Direktoren, erst Herrn Dondl und dann Herrn Prechter. Die beiden sind Musiker wie ich. Und es hat mich stolz gemacht, als Herr Prechter vor ein paar Jahren fragte, ob sie ein Lied von mir als Schulhymne verwenden können. Ich schreibe und komponiere ja Lieder. Jetzt singen sie mein Schullied bei den wöchentlichen Versammlungen.

Mussten Sie viel schimpfen?

Soll ich Ihnen was verraten? Ich war früher selber nicht der Bravste. Als ich Ende der Sechzigerjahre aufs Gymnasium Icking ging, kam ich mit den Lehrern oft nicht klar. Deshalb habe ich viel Verständnis für die Kinder, auch wenn sie mal nicht lammfromm sind. Klar musste ich mal schimpfen, aber hinterher war alles wieder gut. Ich wollte nie ein Hausmeister sein, vor dem jeder Schiss hat und gleich wegrennt. Und zu mir darf jeder "Andi" sagen. Ich muss nicht Herr Becker heißen, um mehr Respekt zu bekommen.

Was hatten Sie als Hausmeister alles zu tun?

Vor allem viel repariert! Eine Zeit lang waren die Toiletten ständig verstopft, weil die Schüler immer ganze Klopapierrollen hineingeworfen haben. Das Problem haben wir dann kreativ gelöst, indem wir die Rollen weggenommen und ins Klassenzimmer gehängt haben. Jeder, der mal raus musste, durfte sich dann was mitnehmen.

Wie haben sich die Schüler in den vergangenen 20 Jahren verändert?

Sie sind selbstbewusster und erwachsener geworden. Und die meisten werden von den Eltern mit dem Auto in die Schule gefahren.

Fällt Ihnen der Abschied schwer?

Ja, weil ich mich an der Schule sauwohl gefühlt habe. Aber 19 Jahre reichen dann doch. Weil ich in der Schule gewohnt habe, war ich sozusagen Tag und Nacht Hausmeister. Wenn mitten in der Nacht der Aufzug mit Leuten von den Vereinen stecken geblieben ist, wurde ich aus dem Bett geholt, um ihn zu reparieren. Jetzt habe ich mehr Zeit, um Musik zu machen und mit den Hunden an die Isar zu gehen.

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Quelle:
SZ vom 23.05.2019
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