Süddeutsche Zeitung

Reden wir über:Jobwechsel im Lockdown

Lesezeit: 2 min

Doris Altenwulf hat von Friseurin zu Postbotin umgeschult

Von Tim Pohl, Geretsried

Doris Altenwulf ist ausgebildete Friseurmeisterin. Die Corona-Krise hat sie zu einer beruflichen Umorientierung gezwungen. Nachdem ihr die Stelle bei einem Tölzer Salon gekündigt worden ist, arbeitet die 57-Jährige jetzt als Briefträgerin bei der Post in Geretsried. Weil während Corona deutlich mehr im Internet bestellt wird, wurde dort nämlich dringend jemand gesucht. Jetzt stellt sie jeden Tag Briefe und Päckchen zu.

Frau Altenwulf , bis wann haben Sie als Friseurin gearbeitet?

Doris Altenwulf: Bis November. Ich hatte gerade im August in einem neuen Salon angefangen. Der Salon war frisch eröffnet und der Betreiber hat das mit Corona wahrscheinlich total unterschätzt. Im August hat er aufgemacht, im Oktober Kurzarbeit angemeldet und im November konnte er die Löhne nicht mehr zahlen. Da habe ich direkt bei der Post geschaut, ob die mir eine Stelle anbieten können. Als mir im Dezember gekündigt wurde, hatte ich dann schon eine Alternative in der Fahrradzustellung.

Warum sind Sie ausgerechnet zur Post?

Ich habe früher in Nordrhein-Westfalen schon mal bei der Post in der Zustellung gearbeitet. Als ich dann vor sechs Jahren nach Bayern gezogen bin, habe ich hier erst sechs Wochen in der Pflege gearbeitet und bin dann wieder zur Post. Vor vier Jahren bin ich zu meinem gelernten Beruf zurückgekommen.

Wie sieht ihr Alltag als Zustellerin aus? Morgens um fünf Uhr muss ich aufstehen und mich fertig machen. Dann fahre ich zur Arbeit und um 7.25 Uhr geht's los bis circa 16 Uhr. Das ist nicht jeden Tag gleich. Denn seit Neuestem tragen wir auf dem Fahrrad auch Päckchen aus. Das habe ich damals noch nicht gemacht.

Welchen der beiden Berufe mögen Sie mehr?

Es macht definitiv beides Spaß. Zum Schluss habe ich bei einem Friseur gearbeitet, der ohne Termine geschnitten hat. Da haben wir von 8 bis 18 Uhr gearbeitet. Das ist ja auch ein zehn Stunden Tag. Der Unterschied ist, bei der Post bin ich jetzt an der frischen Luft. Man muss es aber mögen, bei Wind und Wetter draußen zu sein. Momentan ist das aber ein Vorteil gegenüber dem Friseur. Draußen muss ich nicht mit der Maske arbeiten und generell gibt es weniger Vorschriften bezüglich Corona. Von der Arbeit her sind beide Berufe aber ein Knochenjob.

Klingt so, als würden Sie gar nicht zurück in den Salon wollen.

Aktuell bin ich bis 22. März befristet beschäftigt. Wenn ich ein Angebot bei der Post für eine feste Stelle bekomme, werde ich das sicher annehmen. Ich wäre dumm, wenn ich das nicht nutzen würde. Bei den Friseuren ist mir die Lage einfach zu unsicher. Auch das Gehalt ist sehr ähnlich - also sehr zufriedenstellend.

Sie sehen die Sache also eher positiv?

Klar ist die Situation schwer, aber man muss über den Tellerrand schauen und auch flexibel sein. Wenn man gewillt ist, findet man auch was. In Bayern gibt es Arbeit ohne Ende. Die suchen ja überall.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5233331
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 13.03.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.