Süddeutsche Zeitung

Reden wir über:Garden im Lockdown

Der Chef der Wolfratshauser Narreninsel Franz Hübler vermisst das Faschingstreiben.

Von Felix Haselsteiner

Normalerweise fallen am Faschingsdienstag auch in der SZ-Redaktion die Narrischen ein. Das aber wird dieses Jahr nirgendwo der Fall sein. Franz Hübler von der Wolfratshauser Narreninsel spricht über das bunte Treiben, das heuer ausfallen muss.

SZ: Herr Hübler, kein Fasching im Februar. Wie sehr schmerzt das?

Franz Hübler: Wir haben im Moment einfach gar nichts, worauf wir trainieren könnten. Zwischen den zwei Lockdowns haben wir mal ein bisschen Training gemacht und zur Not hätten wir immer ein altes Programm getanzt, aber jetzt läuft halt nichts außer ein paar Whatsapp-Nachrichten. Normalerweise würden unsere Kinder und Jugendlichen nach den Sommerferien zu trainieren anfangen. Zum Krönungsball Anfang Januar sind dann alle fertig, dann folgen die Auftritte. Alle Garden zusammen haben meistens circa 60 bis 70 Auftritte. Die Prinzenpaare mitunter noch mehr.

Und dafür gibt es gar keinen Ersatz?

Es war mal geplant mit dem Bund deutscher Karneval, dass wir Fasching im Freien machen. Aber da können wir die Abstandsregeln nicht einhalten, da hätten wir Security gebraucht - und da lässt sich kein Bürgermeister drauf ein. Wir wollen auch nicht krank werden und wir wollen vor allem keine alten Leute und Kinder anstecken, bei denen wir ja häufig auftreten.

Natürlich. Aber schade ist es schon, gar keine Auftritte zu haben, oder?

Der Mensch ist zum Glück ein Gewohnheitstier, also werden wir uns auch mit dieser Situation abfinden. Scherze machen wir eben anders: Am unsinnigen Donnerstag, an dem wir sonst 15 Auftritte hätten, haben wir uns darüber ausgetauscht, wo wir wohl eigentlich grade wären.

Wie nehmen das die Kinder und Jugendlichen auf, die in ihrem Verein sonst viel Zeit mit Training verbringen?

Die würden gerne etwas unternehmen und ich würde auch gern mal zumindest ein Pizzaessen organisieren - aber das darf man im Moment nicht. Dadurch ist es aber auch schwierig, die Kinder zu halten. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn die Jugendlichen den Verein in der Corona-Zeit nicht haben und mit allen möglichen Beschäftigungen von Flötenspielen bis Reiten unterwegs sind, dann machen wir uns natürlich auch Sorgen, dass wir aktive Mitglieder verlieren werden. Wenn die Kinder einmal was anderes entdeckt haben, ist es schwer, sie wieder für den Verein zu begeistern.

Ein Verein lebt vor allem davon, dass sich die Mitglieder treffen.

Das Gemeinschaftsgefühl geht uns allen ab. Normalerweise haben wir jede Woche einen Stammtisch, da waren immer viele Leute da, die Eltern, die Kinder, die Jugendlichen. Der Fasching geht uns schon sehr ab, so ist es nicht.

Wird es im Herbst das große Faschings-Comeback geben, wenn hoffentlich die Situation wieder besser ist?

Ich denke schon. Ich habe meine Trainer weiterhin behalten, die unsere große Garde trainieren. Unsere Choreografie haben wir im Kopf. Die Vorstandschaft, die Eltern, die Kinder, der ganze Verein, wir werden wieder voll angreifen.

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SZ vom 16.02.2021/aip
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