André Mitschke war 18 Jahre alt, als er seinen Bundesfreiwilligendienst im Erinnerungsort Badehaus antrat. Zuvor hatte er sich schon einige Jahre in der Flüchtlingshilfe engagiert. Nun verabschiedet sich der junge Waldramer mit einem Benefizabend, bei dem er beide Erfahrungen in einem Programm verknüpft. Am Sonntag, 26. September, lädt er zu Musik, Filmausschnitten und Gesprächen ein.
SZ: Herr Mitschke, was ist die stärkste Erfahrung, die Sie aus Ihrer Bufdi-Zeit mitnehmen?
Andre Mitschke: Wie sehr ich als junger Mensch hier ernst genommen und geschätzt werde. Meine Meinung und meine Ideen sind hier genauso viel wert wie beispielsweise die der Vorsitzenden Sybille Krafft. Und für die Arbeit, die ich leiste, bekomme ich Dank und Anerkennung. Ich weiß von anderen Bufdis, die kaum Verantwortung übernehmen dürfen und vor allem zum Kaffeeholen eingesetzt werden.
Das Badehaus war im vergangenen Jahr viele Monate geschlossen. Was gab es da für Sie zu tun?
Während des Lockdowns bestand meine wichtigste Aufgabe darin, unsere Veranstaltungen zu filmen, zu schneiden und dann ins Netz zu stellen. Damit wir weiterhin aktiv und präsent bleiben konnten. In den Monaten, in denen wir offen haben konnten, habe ich den Museumsbetrieb mitorganisiert, Sonderführungen geplant oder auch den Kassendienst übernommen. Zudem konnte ich das ein oder andere eigene Projekt verwirklichen.
Haben Sie das ganze technische Knowhow schon mitgebracht?
Zum Teil ja, die Erfahrung aus der Licht- und Tontechnik habe ich bereits aus meiner Schulzeit mitgebracht. Beim Filmerischen hingegen konnte ich sehr viel von Sybille lernen. Sie ist ja Profi.
Bei Ihrem Abschlussabend verbinden Sie Ihre Bufdi-Bilanz mit Erfahrungen aus der Flüchtlingshilfe. Wie kamen Sie als Jugendlicher dazu, sich für Geflüchtete zu engagieren?
Über meine Mutter und meine Schwester. Beide sind schon seit vielen Jahren im Asylhelferkreis Wolfratshausen aktiv. Dann habe ich die Bilder aus Syrien gesehen, wie dort Weltkulturerbe vom IS gesprengt wurde. Von meiner Mutter habe ich die Geschichten gehört, wie schlecht es den Menschen dort geht und was sie durchmachen, wenn sie hier bei uns ankommen. Und da fand ich, dass ich meinen Teil dazu beitragen musste, ihnen zu helfen. Deshalb habe ich angefangen, so wie meine Schwester Kindern und Jugendlichen Nachhilfe zu geben, ihnen beim Lesen und bei den Hausaufgaben zu helfen.
Wie konnten Sie im Badehaus an diese Arbeit anknüpfen?
Das Badehaus dokumentiert zwar schwerpunktmäßig die Zeitschichten von der NS-Zeit bis zu den Heimatvertriebenen. Aber wir wollen auch die aktuelle Situation nicht ausblenden. Im August haben wir deshalb Zeitzeugeninterviews mit aktuell Geflüchteten geführt. Mit einer Frau aus Kenia, einem Mann aus Mali und einem Iraker. Aus diesen Interviews schneide ich Collagen zusammen. Diese werde ich am Sonntag vorführen. Natürlich sind die drei Interviewten herzlich eingeladen. Es wird auch ein interkulturelles Buffet geben mit Speisen aus verschiedenen Ländern.
Wie geht es bei Ihnen dann weiter?
Ich werde ab Oktober in Tübingen Chemie studieren - mich also mit etwas ganz Anderem als jetzt beschäftigen. Aber das war schon in der Schule so: Ich habe ein ganz breit gefächertes Interesse. Meine Lieblingsfächer waren Geschichte, Sozialkunde und Chemie. Jetzt freue ich mich sehr auf mein Studium, aber der Arbeitsalltag und das ganze Team im Badehaus werden mir sicher fehlen. Das hat mein Leben schon sehr bereichert.
Zwei Abiturientinnen aus Geretsried treten Ihre Nachfolge an. Was würden Sie Ihnen raten?
Das Wichtigste ist, offen auf Menschen zuzugehen und ihnen zuzuhören. Denn das ist das unglaublich Spannende am Badehaus, dass verschiedenste Lebensgeschichten dort so eindrucksvoll dokumentiert werden.
Benefizabend "Auf der Flucht", Badehaus Waldram, Sonntag 26. September, 17 Uhr, Anmeldung erforderlich unter Telefon 08171/2 57 25 02 oder info@erinnerungsort-badehaus.de