"Raphaels Pendel":Platon in Penzberg

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Joachim Sauter hat für Roche eine Auftragsarbeit geschaffen

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Konzerne und Banken schmücken sich gerne mit Kunst. So ist es nicht verwunderlich, dass auch das Pharmaunternehmen Roche über die Jahre eine Kunstsammlung aufgebaut hat. Weltweit sind mehr als 6500 Kunstwerke in seinem Besitz. Nun ist am Standort Penzberg ein weiteres hinzugekommen: "Raphaels Pendel". Die kinetische Skulptur hat der Medienkünstler Joachim Sauter geschaffen. "Mit dem heute eingeweihten Kunstwerk steht bei uns in Penzberg nun bereits zum siebten Mal die Kunst im Fokus", sagte Werkleiter Ulrich Opitz kürzlich bei der Präsentation des Pendels im Labor- und Bürogebäude (LOC). Dort schwebt das runde LED-Display im Atrium in luftiger Höhe und gibt sukzessive den Blick frei auf Raphaels berühmtes Wandgemälde "Die Schule von Athen" im Vatikan.

Seit Anfang der 1980er-Jahre liegt Joachim Sauters Schwerpunkt auf der Gestaltung mit neuen Medien. Unter anderem stammt aus seiner Kreativwerkstatt die Installation "Kinetic Rain" am Changi Airport Singapur. Sie besteht aus 1216 hochglänzenden, verkupferten Aluminiumtropfen, die an nahezu unsichtbaren Drahtseilen von der Decke hängen. Jeder einzelne von ihnen wird von einem Motor bewegt, sodass ein 15 Minuten langer Tanz der Tropfen entsteht.

Für die Gäste der Vernissage in Penzberg erläuterte der Professor, der in Berlin und Los Angeles lehrt, wie er seine kinetische Skulptur für das LOC entwickelt hat. Wissenschaft und Kunst im Einklang - was versinnbildliche diesen Anspruch besser als das Fresko "Die Schule von Athen". Der Maler und Architekt Raphael hat auf dem Wandgemälde in der Stanza delle Segnatura die größten Denker der Antike verewigt, darunter Platon und Aristoteles. Das Gemälde stellt somit die Anfänge der europäischen Geistes- und Wissenschaftsgeschichte dar. Eine Eins-zu-eins-Replik im Atrium aufzuhängen, wäre natürlich zu banal gewesen. Sauter vereinte das Kunstwerk der Hochrenaissance mit modernster kinetischer Kunst.

Das 84 Kilo schwere, goldumrahmte Display mit 1,76 Metern Durchmesser bewegt sich mit maximal 0,7 Metern pro Sekunde durch das Foyer - aufgehängt an fast unsichtbaren Drahtseilen und angetrieben von zwei computergestützten Motoren über 18 Meter Höhe und 13 Meter Breite. Die Idee, nach welchem Algorithmus sich das Display bewegt, entwickelte Sauter in der Villa Massimo in Rom, nur einen Steinwurf vom Vatikan entfernt.

Sauter würdigte die Formensprache des modernen Multifunktionalgebäudes. Er freue sich, in einer derart hochwertigen Architektur ein Kunstwerk realisieren zu dürfen. In dem 120 Millionen-Euro-Komplex sind Bayerns größtes Biotech-Ausbildungszentrum, Labors sowie rund 260 Büroplätze, das Gesundheitszentrum für die Mitarbeiter und der medizinische Dienst untergebracht. Nach den staatlichen Richtlinien für Kunst am Neubau schrieb Roche 2016 einen Wettbewerb aus. 20 Künstler kamen in die Vorauswahl, fünf Arbeiten wurden von einer Jury bewertet. Für Opitz ist "Raphaels Pendel" ein perfektes Symbol für die Arbeit im Unternehmen: "Wir bewegen uns ständig auf dem Weg nach etwas Neuem."

© SZ vom 25.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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