Raffiniert :Meisterstreicher

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Seltene Gäste aus Frankreich: Das Modigliani-Quartett bei ihrem Auftritt im Ickinger Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das "Modigliani-Quartett" in Icking

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Icking

Fünf Jahre lang hatte Christoph Kessler immer wieder beim renommierten Modigliani-Quartett angefragt, ob die Musiker aus Frankreich nach Icking kommen würden. Jetzt hat sich erfüllt, worum sich der Gründer der Meisterkonzerte im Rainer-Maria Rilke Gymnasium so lange bemüht hat. Mit ihm freute sich Werner Wellhöver, unter dessen Vorsitz der Verein Klangwelt Klassik die Reihe nun organisiert, über die zahlreichen Zuhörer in der Aula. Und die waren auf die Musiker, die seit 13 Jahren auf allen bekannten Podien der Welt von sich reden machen, gespannt.

Mit klanglicher Raffinesse eröffneten die vier Streicher ihr Programm, an dessen Anfang Beethovens op. 18 Nr. 6 stand. Das letzte der sechs Streichquartette, die der Komponist zwischen 1798 und 1800 im Auftrag seines Mäzens Graf von Lobkowitz schrieb. Die Geiger Amaury Coeytaux und Loic Rio, der Bratschist Laurent Marfaing und der Cellist Francois Kieffer faszinieren mit ihrer unprätentiösen, klassisch-schlanken Spielweise. Ob es um filigrane Motive geht, die sie sich im Wechsel zuspielen, um perfekt intonierte Harmoniefolgen oder um die Rhythmik. Sie präsentierten mit klanglicher Homogenität und viel Esprit das Jugendwerk Beethovens. Allein mit dem Scherzo des dritten Satzes und dem Finale "La Malinconia" zeigte der Komponist schon früh, wofür er später zum gefürchteten Vorbild wurde. Einerseits der Groove gegen den Takt beim Scherzo, wie ihn Jazzmusiker nicht besser erfinden könnten, andererseits die melancholische Schwermut, die in den langsamen Teilen von "La Malinconia" zu Klang wird, immer wieder unterbrochen von Beethovens schelmischen Anwandlungen. Eine seltene Spannbreite an Möglichkeiten wird da offenbar. Das Modigliani-Quartett arbeitete sie kühn heraus mit meisterhaftem Sinn für Akzente, Tempi und Dynamik. Derart, dass auch gleich danach verständlich wurde, warum Johannes Brahms in der Nachfolge Beethovens so lange gewartet hatte, bis er es im Alter von 40 Jahren wagte, sein c-Moll-Quartett op 51 Nr. 1 herauszubringen.

Das hatten die Modigliani-Musiker als zweites Werk im Programm hatten. Es war kein allzu schwülstig-romantischer Brahmsklang, der zu erleben war. Viel-mehr zelebrierte das Quartett feine Melodieseligkeit, die viel Transparenz für die Satzstrukturen eröffnete. Ein wahres Hörerlebnis, an das sich die heitere Stimmung in der Pause anschloss. Danach demonstrierten die Musiker ihr Gespür für den Raumklang. Mit dem Quartett von Maurice Ravel aus dem Jahr 1902 haben sie sich quasi ein Heimspiel aufgelegt. Von der Agogik und den Farben des impressionistischen Komponisten verstehen die am Pariser Conservatoire ausgebildeten Musiker eine Menge. Ravels Klänge, die teils überraschend in der Schwebe bleiben und nicht den Gesetzen hergebrachter Tonalität genügen, loten sie überzeugend aus. Der zweite Satz mit den vielen Pizzicato-Passagen blitzt in seiner klanglichen Eigensinnigkeit auf. Im langsamen Satz und im Finale deklamieren die Streicher die bizarren Motive Ravels.

Am Ende bekommt das Modigliani-Quartett für dieses selten zu erlebende Gastspiel viel Applaus und Bravi. Und lässt es sich nicht nehmen, darauf noch mit einer besonderen Zugabe zu kontern. Mit funkelndem Expressivo bei Franz Schuberts Quartettsatz in c-Moll runden die Musiker den Abend genial ab. Im nächsten Konzert der Reihe "Meistersolisten im Isartal" am 18. Februar ist der Pianist Florian Mitrea zu Gast. Die Streichquartett-Freunde indes können sich schon einmal auf das vierte Streichquartett-Festival "Ickinger Frühling" von Klangwelt Klassik freuen. Es bringt am 6. und 7. Mai das Cuarteto Quiroga, das Danish String Quartet und das Goldmund Quartett zu Matinee, Gesprächkonzert und Streichquartett-Abend zusammen.

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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