Prozess:Wenn Waschmittel-Geruch den Nachbarn provoziert

  • Ein Rentner-Ehepaar stört sich am Waschmittel-Geruch aus dem Nachbarhaus und klagt vor dem Amtsgericht Wolfratshausen auf Unterlassung.
  • Um die angebliche Belastung nachzuweisen, wurde sogar Probe gewaschen.
  • Das Urteil fällt für das Ickinger Ehepaar aber nicht wie erwünscht aus: Die Klage wird abgewiesen.

Von Benjamin Engel

Das Rentner-Ehepaar und die Eigentümer und Mieter des Nachbarhauses in Icking streiten sich schon seit Jahren: Die beiden Senioren halten nämlich die Waschmittelgerüche, die auf ihr Grundstück wehen, für "unerträglich" und klagten sogar vor dem Amtsgericht Wolfratshausen auf Unterlassung - von wegen frühlingsfrisch...

Zur Urteilsverkündung fasst sich Zivilrichterin Mareike Preisner kurz: "Die Klage wird abgewiesen." Eine Beeinträchtigung könne nicht nachgewiesen werden. Ein Gutachten - dafür haben die Kläger bereits einen Vorschuss in Höhe von 8000 Euro gezahlt - kommt zu demselben Ergebnis. Das will das Ehepaar nicht akzeptieren. "Wie lang ist die Einspruchsfrist?", fragt der Kläger empört. Nach dem Prozess sagt er vor dem Sitzungssaal: "Das wird ein Nachspiel haben".

Das Vorspiel begann 2009: Seitdem gibt es zwischen dem Kläger-Paar und den Eigentümern und Mietern des Nachbarhauses Auseinandersetzungen. Die Senioren können die synthetischen Duftstoffe nicht ertragen, die beim Waschen aus dem Kellerfenster des Nachbarhauses auf ihr Grundstück strömen. Unter anderem geht es um die Abluft aus zwei Wäschetrocknern.

Über Schläuche aus den Geräten gelangen die Duftstoffe aus dem Kellerraum ins Freie - und von dort hangabwärts zu den Nachbarn. Ihrer Darstellung nach können sie sich nicht mehr im Garten aufhalten, müssen Fenster und Türen stundenlang geschlossen halten. Der Kläger machte die "bodennahen Kaltluftabflüsse" im unebenen Gelände dafür verantwortlich, dass die Duftstoffe auf sein Grundstück in Muldenlage ziehen - der Mann ist vom Fach, er war früher beim Deutschen Wetterdienst beschäftigt. Schließlich landen die Streitereien vor dem Amtsgericht in Wolfratshausen.

Ein Gütetermin vor rund zwei Jahren bringt keine Einigung. Das Ehepaar verlangt umfangreiche Gegenmaßnahmen. Der Nachbar - er hat das Haus weitervermietet - soll die bisherigen Trockner gegen sogenannte Kondensationstrockner austauschen. Die Abluft aus dem Waschkeller soll über eingebaute Schächte oder lange Schläuche auf die andere Seite des Hauses geleitet werden. Finanziell beteiligen will sich das Rentner-Ehepaar nicht. Der Eigentümer des Nachbarhauses lehnt die Vorschläge ab. Es ist aus seiner Sicht technisch und baulich unmöglich, die Abluft auf die andere Hausseite zu leiten - und zu teuer.

Das Gericht beauftragt sogar einen Sachverständigen, um die Gegebenheiten in Icking zu untersuchen und die tatsächliche Geruchsbelastung zu klären. Doch der Prozess stockt: Termine werden immer wieder verschoben: Mal wechselt die Richterin oder jemand ist erkrankt.

Vor fünf Wochen wird erneut verhandelt. Damals kommt der Sachverständige in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass die für ein Wohngebiet laut Geruchsimmissionsrichtlinie zulässigen Richtwerte nicht überschritten werden. Der Experte hat die Beklagten sogar Wäsche waschen lassen und erklärt, dass den hinzugezogenen Probanden kein unangenehmer Geruch aufgefallen ist.

Damals moniert der Kläger, dass bei der Messung offensichtlich nur pflegeleichte Wäsche bei Temperaturen von lediglich 30 bis 40 Grad Celsius gewaschen und getrocknet worden, der Trockner nur zur Hälfte gefüllt gewesen sei. "Je niedriger die Temperatur, umso weniger Duft wird freigesetzt", argumentiert er gegenüber dem Sachverständigen.

In der Verhandlung vor fünf Wochen schlägt der Anwalt des Klägers noch vor, zum Vergleich einen zweiten Kondensationswäschetrockner anzuschaffen. Eine der Mietparteien hat den früheren inzwischen durch ein solches Gerät ausgetauscht. Doch der Hauseigentümer lehnt das ab und verweist auf Wurfzettel und Drohanrufe von Klägerseite seit 2009.

Nach der jetzigen Urteilsverkündung bezweifelt der Kläger die Richtigkeit des Gutachtens. Aus seiner Sicht erfasst es die geländespezifischen Zusammenhänge nur unzureichend. Er beharrt darauf: Die Nachbarn sollen die Duftstoffe zur anderen Hausseite hin ableiten. "Ich habe eine Entgegnung vorbereitet."

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