Prozess im Doppelmordfall Höfen:Fragliche Einsichtsfähigkeit

Im Mordprozess Höfen fordert die Verteidigung ein weiteres psychiatrisches Gutachten.

Andreas Salch

Doppelmord Höfen bei Königsdorf - am tag des Prozessauftaktes in München - Höfen Ortsansicht, Straßenansicht, Ortsschild, örtlicher Maibaum

Im Februar 2017 gab es in dem Weiler Höfen einen grausamen Raubmord, vier Polen stehen nun vor Gericht.

(Foto: Claudia Koestler)

Der mutmaßliche Haupttäter im Prozess um den Raubmord in Höfen im Februar vergangenen Jahres soll nach dem Willen seiner Verteidiger erneut von einem psychiatrischen Sachverständigen untersucht werden. Rechtsanwalt Benjamin Ruhlmann präsentierte dem Gericht am Freitag ein Gutachten aus dem Jahr 2016. Polnische Ärzte kommen darin zu dem Ergebnis, dass bei dem 44-jährigen Robert P. eine organische Persönlichkeitsstörung vorliege.

Die Anträge wurden von der Kammer nach einer längeren Beratungspause abgelehnt. Der von den Richtern der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II bestellte psychiatrische Sachverständige hatte die Störung verneint. Aus diesem Grund forderte Rechtsanwalt Ruhlmann die Kammer auf, einen weiteren Sachverständigen mit einem Gutachten zu beauftragen. Dieser müsse prüfen, ob bei seinem Mandanten zur Tatzeit aufgrund einer organischen Persönlichkeitsstörung die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Da Robert P. eine lebenslange Freiheitsstrafe drohe, so der Verteidiger, müsse dies geklärt werden. Das Gutachten aus Polen stehe in "krassem Widerspruch" zu dem des vom Gericht bestellten Sachverständigen, betonte Ruhlmann. Sollte die Kammer kein weiteres Gutachten erstellen lassen, könnte sich womöglich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Verfahren beschäftigen, kündigte Ruhlmann an. Auch die Anwälte des mitangeklagten Jakub G. schlossen sich dem Antrag ihres Kollegen an. Sollte der 44-Jährige tatsächlich zur Tatzeit in seiner Einsichts-und Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sein, läge ein "Mittäterexzess" vor, sagte G.s Verteidiger, Adam Zurawel. Demnach habe Robert P. ohne Kenntnis und Billigung der Mitangeklagten, Michal N. und Jakub G., die Senioren in dem Anwesen in Höfen attackiert. Michal N. und Jakub G. könnten somit auch nicht für alles, was bei der Tat geschah, verantwortlich gemacht werden, so der Anwalt.

Einen von Robert P.s Verteidigern in der vorigen Woche gestellten Befangenheitsantrag zu dem vom Gericht bestellten psychiatrischen Sachverständigen hat das Gericht am Freitag ebenfalls als unbegründet verworfen. Robert P. hatte dem Psychiater unter anderem vorgeworfen, er wolle nicht akzeptieren, dass er krank sei. Außerdem behauptete P., der Forensiker sei während der Verhandlung eingeschlafen und habe auf seinem Handy herumgespielt.

Einer der Anwälte von Michal N. übergab dem Gericht einen Brief seines Mandanten, in dem dieser sich bei der Witwe, in deren Haus in Höfen er und die Mitangeklagten eingedrungen seien, entschuldigt. Unter anderem heißt es darin, dass die Tat ein "gewöhnlicher Diebstahl" werden sollte. Was passierte, sei so nicht geplant gewesen, so Michal N. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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