Süddeutsche Zeitung

Protest mit Pedalen:Schnell, schnell in den Sattel

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Der ADFC will mit einer Sternfahrt nach München Druck auf die Politik ausüben, damit Radfahrer schneller und sicherer unterwegs sein können. Auch die Kreisgruppe ist am Samstag dabei

Von Elena Winterhalter, Bad Tölz-Wolfratshausen

Jedes Jahr beteiligen sich mehr Menschen am Stadtradeln. In Wolfratshausen und Geretsried stieg die Teilnehmerzahl in einem Jahr um mehr als 20 Prozent. Die dreiwöchige Aktion, bei der es darum geht, möglichst viele Wege per Rad zurückzulegen zeigt ebenso wie die zu Ende gehende Lenggrieser Radlwoche: Das muskelbetriebene Verkehrsmittel wird auch im Landkreis immer beliebter - für Freizeitradler und Berufspendler wie auch bei Touristen. Doch es fehlt dem Allgemeinem Deutschen Fahrradclub (ADFC) zufolge vielerorts an der entsprechenden Infrastruktur. Um den Druck auf die Politik zu erhöhen, organisiert der ADFC am Sonntag eine Fahrradsternfahrt nach München. Die wichtigste Forderung: Vorrang für Radfahrer, Fußgänger und den öffentlichen Personennahverkehr. Bei einer Kundgebung auf dem Königsplatz will die Radl-Lobby für Radschnellwege, Tempo 30 in Ortschaften und Qualitätststandars für die Radinfrastruktur eintreten - rechtzeitig vor der Bundestagswahl.

An der Sternfahrt beteiligt sich auch der hiesige Kreisverband des ADFC. Alle, die die rund 41 Kilometer nach München mitradeln möchten, können sich am Sonntag am Bahnhofsplatz in Wolfratshausen einfinden. Abfahrt ist um 11.20 Uhr. Um 11.55 Uhr erreicht die Gruppe, geleitet von Birgit Sachers, Mitglied des Kreisvorstands des ADFC, den Parkplatz an der Bundesstraße 11 in Icking und 20 Minuten später geht es vom Bahnhof in Hohenschäftlarn an der Strecke der S 7 entlang bis nach München.

Dort treffen Kleingruppen aus der ganzen Metropolregion am Ostbahnhof oder am Pasinger Marienplatz aufeinander, um in zwei großen Demonstrationszügen Richtung Königsplatz zu radeln, wo gegen 15 Uhr die Abschlusskundgebung stattfindet. "Wir hoffen, dass sich auch Radler aus dem Landkreis der Aktion anschließen", sagt Josefine Hopfes vom Kreisvorstand des ADFC. "Der ADFC ist in München sehr bekannt. Ich bin mir sicher, dass dort viele Teilnehmer mobilisiert werden können und bestimmt an die 1000 Radler am Königsplatz eintreffen werden."

Trotz des steigenden Interesses bei den Bürgern sei die Situation im Landkreis zäh. "Wir kämpfen dafür, dass die Kommunen ein größeres Augenmerk auf die Radfahrer legen und uns als Verkehrsteilnehmer mehr einbeziehen", sagt Hopfes. Es sei ein Umdenken bei den Menschen im Gange. Bei den Radtouren, die der ADFC anbietet, seien vor einigen Jahren nur eine Handvoll Teilnehmer dabei gewesen. Doch es werden immer mehr: "Die Nachfrage und das Interesse steigen." Einen spürbaren Einfluss auf die Zahl der Fahrradfahrer in der Region haben nach Einschätzung Hopfes' Räder mit elektrischem Hilfsaggregat. "Diese Form der Mobilität ist sehr stark im Kommen - auch bei jungen Leuten", sagt Hopfes. "Wir als ADFC sehen diesen Trend sehr positiv. Alles, was nicht im Auto sitzt, ist willkommen."

Der ADFC setzt sich nicht nur auf Bundesebene, sondern gerade auch in der Kommunalpolitik für durchgehende und vor allem sichere Radwege ein, sowohl in den Ortschaften als auch dazwischen. "Einige Radwege sind schlicht schlecht angelegt und kaum befahrbar", sagt Hopfes. An anderer Stelle, wie beispielsweise in Wolfratshausen an der Sauerlacher Straße Richtung Bahnhof, fehlen sie noch komplett. Wer dort radeln will, muss das zwischen den Autos tun, was oft unangenehm und gefährlich ist. Ins Schwärmen kommt die leidenschaftliche Radfahrerin dagegen, wenn sie von einer Tour durchs Münsterland erzählt, wo man mit unterirdischen Radstationen und ausgebauten Fahrradstraßen schon einige Schritte weiter ist.

Auch von den Niederlanden oder Dänemark kann sich Deutschland laut ADFC etwas abschauen: Dort gibt es längst sogenannte Radschnellwege, die auch von Radlern mit elektrischer Unterstützung zügig und komfortabel befahren werden können. Der Baubeginn für ein bayernweites Pilotprojekt dieser Art ist für 2019 geplant. Dann soll es mit dem Fahrrad auf einer zweispurigen Trasse von der Münchner Innenstadt über Unterschließheim nach Garching gehen - und zwar schnell.

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Quelle:
SZ vom 08.09.2017
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