Protest gegen Tölzer Nordumfahrung:"Millionenschwerer Irrtum"

Andreas Scheuer

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer kommt zum Spatenstich nach Bad Tölz.

(Foto: dpa)

Der Bund Naturschutz stellt das Projekt vor dem Spatenstich mit Minister Scheuer erneut in Frage

Von Florian Zick

Am Donnerstag wird in Bad Tölz das erste bisschen Erde für die Nordumfahrung aus dem Boden gehoben. Beim Spatenstich in der Nähe des Naturfreibads Eichmühle wird mit Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) und dem Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) nicht nur lokale Politprominenz erwartet, auch das Kommen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist angekündigt. Die lokale Kreisgruppe des Bunds Naturschutz (BN) empfindet diesen Termin allerdings nicht als Grund zum Feiern. Die Nordumfahrung sei ein "millionenschwerer Irrtum", erklärt Friedl Krönauer, der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen.

Mit dem Bau der Umgehungsstraße verbänden viele Pendler zwar die Hoffnung auf eine möglichst staufreie Tölz-Passage, räumt Krönauer ein. Für ihn sind jedoch Zweifel an den Versprechungen der Verkehrsplaner angebracht. Schließlich würde auf der künftigen Strecke der B 472 nur der Abschnitt zwischen Maxlweiher und Greiling ein flüssiges Vorwärtskommen garantieren, denn nur dort sei ein vierspuriger Ausbau geplant. "Danach wird's wieder zweispurig und entsprechend eng", sagt Krönauer.

Bevor zwischen Greiling und der Eichmühle die Landschaft mit Tausenden Kubikmetern Beton und Asphalt verunstaltet werde, so der Bund Naturschutz, sollte man das Projekt noch einmal einer gründlichen Wirksamkeitsanalyse unterziehen. Denn so richtig gestockt habe es auf der B 472 in Bad Tölz auch nur im Berufsverkehr und an den Wochenenden, wenn Ausflügler Richtung Tegernsee oder Lenggries die Stadt durchqueren müssen. Mit Corona habe sich bedingt durch Home-Office-Möglichkeiten der Pendelverkehr aber deutlich reduziert. Die stark angestiegen Benzinpreise dämmten zudem den Ausflugsverkehr ein. Von einem stetig wachsenden Verkehrsaufkommen, wie es der Planung zugrundegelegt wurde, sei jedenfalls nicht mehr auszugehen.

"Wahlkampfgetöse"

Die vier Kilometer lange Nordumfahrung soll jüngsten Schätzungen zufolge knapp 48 Millionen Euro kosten. "Die Endsumme wird erfahrungsgemäß weit darüber liegen", sagt Krönauer. Der Schaden, dass für den Bau der Straße Bäume gefällt und Wiesen zugepflastert werden müssten, sei da noch gar nicht eingepreist, so der Bund-Naturschutz-Chef. Dass für den Spatenstich nun selbst Bundesverkehrsminister Scheuer anreist, empfindet Krönauer jedenfalls als "Ausdruck fehlinterpretierter Bürgerpolitik" und als "opportunistisches Wahlkampfgetöse". Aber das Bundesverkehrsministerium und seine Minister hätten sich ohnehin schon immer den Anliegen der milliardenschweren Autolobby verpflichtet gefühlt. Gegen Empfehlungen des wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung zum Klimaschutz zeige sich das Ministerium dagegen schon seit Jahrzehnten resistent, so Krönauer.

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