Protest gegen die Proteste:"Verhöhnung von Kranken und Personal"

Lesezeit: 2 min

Die Penzberger SPD fordert von der Stadt, dass sie die Corona-Demos mehr reglementiert - und die Teilnehmer nicht zur Klinik ziehen lässt

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Es ist ein Protest gegen den Protest, der sich in der Stadt Penzberg regt. Konkret geht es gegen die Veranstaltungen von Gegnern der Corona-Maßnahmen, die montags zum Marsch vom Stadtplatz zum Kreisverkehr in Krankenhausnähe und wieder zurück aufrufen. Nachdem bereits der SPD-Ortsvorsitzende Clemens Meikis beantragt hat, der Penzberger Stadtrat solle sich mit den sogenannten Corona-Demos beschäftigen, schickt nun Stefan König vom Ortsverein einen weiteren Aufruf hinterher. König wendet sich in seinem Schreiben an die Stadt insbesondere gegen die Wegführung der Versammlungen. Dass die Protestierenden ausgerechnet in Richtung Krankenhaus zögen, mache ihn wütend. "Es kommt einer Verhöhnung der Erkrankten und des Krankenhauspersonals gleich", sagt König.

Meikis hatte im Namen des SPD-Ortsvereins nach der ersten Versammlung in Penzberg am 6. Dezember mit einem Antrag reagiert, der in der letzten Stadtratssitzung dieses Jahres behandelt wurde. Damals war der Landkreis Weilheim-Schongau mit einer 1000er-Inzidenz Corona-Hotspot. "Wir, die SPD Penzberg, betrachten es mit Sorge, dass offensichtlich statt der 100 angemeldeten und genehmigten Personen wohl 400 Teilnehmer anwesend waren und zudem, entgegen der bestehenden Vorschriften, weitgehend keine Masken getragen wurden", schrieb Meikis.

Aber es gibt noch mehr, das ihm aufstößt: In den sozialen Medien kursierten Flyer, auf denen nicht ersichtlich sei, wer denn zu den Demos einlade. Auf ihnen werde unter anderem für bessere Bedingungen für Pflegekräfte geworben. "Da fühlen sich natürlich viele Menschen angesprochen. Ich bin auch für eine Aufwertung des Pflegeberufs", betont Meikis. Doch würden solche Aussagen verquickt mit anderen wie "Impfzwang". "Wenn man dann noch weiß, dass die zweite Versammlung dieser Art von der Direktkandidatin der Partei Die Basis, die ein verlängerter Arm der Querdenker-Szene ist, angemeldet wurde, muss man sich schon bewusst machen, wessen Einladung man da nachkommt", sagt Meikis. Nicht ohne Grund würde der Verfassungsschutz Personen und Gruppen aus der "Querdenker"-Bewegung beobachten.

König wiederum hat einen persönlichen Grund für seinen Antrag an die Stadt. Er selbst war 2020 an Covid-19 erkrankt. Mit einer beidseitigen Lungenentzündung und mehrtägigem hohen Fieber musste er zwölf Tage lang stationär im Penzberger Krankenhaus behandelt werden. "Ich brauchte Gott sei Dank keine Beatmung, aber das war trotzdem allem kein Spaß. Manchmal dachte ich, ich werde nie mehr den Zwiesel raufkommen", erzählt der passionierte Bergsteiger. Für König ist es daher indiskutabel, dass die Montagsdemos zum Krankenhaus führen. Die Stadt möge dies künftig verhindern, fordert er.

Da könne man nichts machen, erklärt jedoch Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) auf Nachfrage - und verweist auf das im Grundgesetz verankerte Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Solche Veranstaltungen müssten dem Landratsamt Weilheim-Schongau angezeigt werden, das daraufhin die Stadtverwaltung informiere. "Wir müssen dann sicherstellen, dass die Teilnehmer demonstrieren können - egal, ob uns das gefällt oder nicht", sagt der Bürgermeister. Man wolle aber das Gespräch mit den Organisatoren suchen. Das gestalte sich allerdings schwierig, so Korpan, weil jede Woche ein anderer die Versammlung beantrage.

Die Teilnehmer stammen im Übrigen nicht allein aus Penzberg. Ein regelrechter Demo-Tourismus ist zu beobachten. Auch verursachen die Versammlungen Kosten. Etwa 5000 Euro allein muss die Stadt pro Demo aufwenden, weil der städtische Bauhof für die Märsche Straßen absperrt.

Zufriedenstellend ist die Antwort aus dem Rathaus für Meikis und König nicht. "Mehr als kläglich", kommentiert sie König. Und Meikis betont: "Dass wir mittlerweile all der Regeln müde sind, interessiert das Virus nicht. Das macht weiter sein Spiel."

© SZ vom 24.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: