Dass die in Geretsried geplante private Sportschule knapp drei Wochen vor dem anstehenden Bürgerentscheid und Ratsbegehren emotionale Sprengkraft entfalten kann, wurde am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion zum Thema deutlich. So stellte Thomas Laumont – er ist Sprecher der Interessengemeinschaft (IG) Wald, die Unterschriften gegen den Standort gesammelt hat – Neiddebatten in den Raum, die durch die hochwertig ausgestattete Bildungseinrichtung zwangsläufig entstünden. Als sich Projektsprecherin Ute Hennekes von derlei Erwägungen entschieden distanzierte, applaudierten viele der mehr als 100 Zuhörer, die sich dicht an dicht im Nebenraum der Ratsstuben drängten. „Was gesagt wurde, finde ich persönlich so schlimm“, erklärte sie. „Dafür stehen wir nicht mit unserem Projekt.“
Die Geretsrieder Liste hatte die Diskussion organisiert, damit sich die Bevölkerung ein genaues Bild vom Für und Wider des Projekts machen kann. Deren Vorsitzender Volker Reeh sagte allerdings, dass die private Sportschule seiner Meinung nach dem Image und der Stadt als Wirtschaftsstandort guttun würde.
Der Abend klärte manche Details, insbesondere zu Finanzierungsfragen. Hennekes nannte ein Projektvolumen von 30 bis 55 Millionen Euro, um die Schule nach einem Entwurf des Architekten Daniel Libeskind zu bauen. Mit einer Inbetriebnahme sei innerhalb von drei, vier Jahren zu rechnen. Als einer von vier Gesellschaftern sprach Matthias Pohlus davon, dass die Stadt das Grundstück südlich des Hallenbads in Erbpacht überlasse. „Natürlich müssen wir Sponsoren finden“, so der Trainer des Ski-Alpin-Nachwuchses am Leistungszentrum des Skiverbands München. Gespräche, unter anderem mit Stiftungen, seien weit fortgeschritten. Vor dem Bürgerentscheid fehle aber die Grundlage, diese abzuschließen.
Im Fokus der Debatte stehen 20 000 Quadratmeter Mischwald
Auf Nachfrage erklärte Pohlus, dass die Schule als gemeinnützige Gesellschaft organisiert werde. Diese dürfe keine Gewinne erwirtschaften, beziehungsweise müsse sie diese direkt reinvestieren. Für die Schüler sei mit monatlichen Gebühren von durchschnittlich 450 bis 550 Euro zu rechnen, die Höhe sei nach Einkommen der Eltern gestaffelt. Laut Hennekes laufen auch Gespräche mit Unternehmen und Stiftungen über Stipendien. Es handele sich um ein „Gemeinschaftsprojekt“, das Vereinen, Institutionen und Bürgern zur Nutzung offenstehen solle. Am Standort könnten etwa 100 Arbeitsplätze entstehen. Die Schule solle sportambitionierten Kindern ein Umfeld geben, um Unterricht und Training flexibel miteinander verbinden zu können.
Die IG Wald kritisiert insbesondere den Standort südlich des Hallenbads, für den Wald gerodet werden müsste. Für die Stadt Geretsried seien Bäume, welche die Umgebungstemperatur abkühlen und Wasser speichern könnten, ein wichtiger Klimaschutzfaktor, so IG-Sprecher Laumont. Es gehe darum, ob 20 000 Quadratmeter gesunden Mischwalds stehen bleiben dürften, zwei Hektar also. Wenn die Befürworter das immer in Relation zur Waldfläche von 900 Hektar auf Geretsrieder Flur setzten, sei das eine Verniedlichung. „Nur 150 Hektar davon sind aber im Eigentum der Stadt, 40 davon im innerstädtischen Bereich“, so Laumont. So besehen bekämen ein bis zwei Hektar Mischwald eine andere Bedeutung.
Der Standort ist neben der befürchteten Verkehrsbelastung eine der zentralen Streitfragen in der Diskussion über die private Sportschule. Laumont bedauerte, dass aus der Debatte darüber eine Ja-oder-Nein-Frage zum gesamten Projekt geworden sei. Zudem kritisierte er Hetze und Falschdarstellungen insbesondere in sozialen Medien. Eine Initiative dürfe den Standort kritisieren, ohne sofort Alternativen aufzeigen zu müssen, betonte er. Diese aber gebe es etwa im Geltinger Gewerbegebiet. Ins alte Hallenbad könnte ebenso etwa eine Dreifachturnhalle integriert werden. Platz für die Klassenzimmer wäre auch am Eisstadion, so Laumont. „Wenn die Stadt alle anderen Optionen ablehnt, dann geht es eben nicht in Geretsried.“
Die Diskussion endete mit Appellen, Chancen und Risiken des Projekts der Sportschule München Süd GmbH sachlich abzuwägen. „Stimmen Sie so ab, wie Sie es für richtig halten“, empfahl Volker Reeh den Gästen zum Abschied.