Premiere in Wolfratshausen:Komm doch mal rüber

Premiere in Wolfratshausen: Pfiffig ist nicht nur das Erscheinungsbild der "Mixed Voices". Der Chor versteht es, sein Publikum immer wieder aufs Neue zu überraschen.

Pfiffig ist nicht nur das Erscheinungsbild der "Mixed Voices". Der Chor versteht es, sein Publikum immer wieder aufs Neue zu überraschen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

"Mixed Voices" singen erstmals in der Loisachhalle

Von Susanne Hauck, Wolfratshausen

Roland Hammerschmied ist selbst erstaunt: "Unglaublich, dass es uns schon so lang gibt und wir heute unser erstes Konzert in der Loisachhalle geben." Dass ein Geretsrieder Chor in die Nachbarstadt Wolfratshausen kommt, dafür braucht es offenbar einen besonderen Grund - wie das Benefizkonzert zugunsten der Jugendeinrichtung Inselhaus am Sonntagabend. Und jemanden, der überhaupt auf die Idee kommt, eine Einladung in die Flößerstadt auszusprechen. Hammerschmied bedankt sich eigens bei den Kulturmanagerinnen Marion Klement und Marlene Schretzenmaier. Das Wolfratshauser Publikum jedenfalls wollte sich den Auftritt der Mixed Voices nicht entgehen lassen, wie der voll besetzte Saal bewies.

Das gut gelaunte Ensemble braucht keinen langen Anlauf, um in Fahrt zu kommen. Mit dem Programm, das sie 2017 anlässlich ihres 25-jährigen Gründungsjubiläums einstudiert haben, treten die Mixed Voices auch in der Loisachhalle auf. Das klug und abwechslungsreich zusammengestellte Repertoire lässt keine Minute Langeweile aufkommen. Die Sänger spannen den Bogen von aktueller Hitparade über Folk-Songs bis hin zu geistlichen Werken. Die starke Wirkung ergibt sich aus der bestechenden Neuinterpretation von eigentlich zu Tode gehörten Melodien, wenn zum Beispiel der chorale Gesang einem alten Rock-Kracher wie "Livin' on a prayer" von Bon Jovi ungewohnt pastorale Züge verleiht, oder das moderne Arrangement von alten Volksliedern wie "Es führt über den Main eine Brücke von Stein" den Gästen neue Hör-Erlebnisse beschert.

Hammerschmieds Markenzeichen ist die schwungvolle, ausladende Gestik. Er und sein Laienchor sind ein hervorragend aufeinander eingespieltes Team. Eines, das erfreulicherweise keine Nachwuchssorgen zu haben scheint, denn unter den 20 Frauen und 14 Männern, die auf der Bühne stehen, sind viele junge und jung gebliebene Gesichter. Es ist ein Ensemble, in dem jeder seine Persönlichkeit einbringen darf, denn hier verschwindet nicht jedes Mitglied hinter den sonst üblichen strengen schwarz-weißen Konzertuniformen, sondern darf seine Bühnenkleidung munter zusammenstellen, so lange sie in den drei Chorfarben Weiß, Braun und Petrol bleibt. Das ergibt ein pfiffiges Erscheinungsbild und verrät, dass Hammerschmied sein Ensemble vertrauensvoll an der langen Leine lässt. Zugleich versteht er es, die Sänger so zu führen, dass sie eine beachtliche künstlerische Qualität erreichen.

Die Zuhörer erleben ein glanzvolles Zusammenspiel von Chor und Solisten, von Crescendo und Diminuendo, von hellen Frauen- und dunkleren Männerstimmen, die im spannungsreichen Wechsel miteinander kontrastieren und verschmelzen und die Musik zum Strahlen bringen, auch wenn in der Besetzung die ganz tiefen Bässe fehlen.

Nach einem flotten Opener und schmissigen Gute-Laune-Evergreens wie "Girls, Girls, Girls" von Sailor beweisen die Sänger und Sängerinnen, dass sie auch die getragenen, stimmlich anspruchsvollen Stücke beherrschen, wie etwa einen schwedischen Sommerpsalm. Höhepunkte im Programm sind außerdem die Lieder des Männer- und Frauenensembles. Zart und ergreifend stimmt ein junger Sänger die Zeilen "Hello darkness, my old friend" an, ehe die anderen vier zum Refrain von "Sound of Silence" einfallen. Dann wieder haben vier Damen die Bühne für sich und ernten stürmischen Applaus mit ihrer von effektvoller Showgestik unterstützten Version von "Atemlos".

Selbstbewusst scheut der Chor auch nicht davor zurück, politisch Farbe zu bekennen: "Die Gedanken sind frei" widmet er "Menschen in den Ländern, wo viel geredet wird, ohne vorher zu denken", alle wissen natürlich sofort, dass damit Trump und Co. gemeint sind. Es war höchste Zeit, dass die Geretsrieder Mixed Voices auch einmal die Wolfratshauser Musikszene bereichert haben. Bleibt zu hoffen, dass dieses Gastspiel kein "One-Hit-Wonder" ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: