Zum politischen Aschermittwoch der Schäftlarner Grünen ist der Nebenraum im Klosterbräustüberl dicht besetzt. Für die rund 50 Besucher reichen die Stühle und Bänke geradeso. Bis die volle Betriebstemperatur erreicht ist, dauert es allerdings noch. Denn immer, wenn die Servicekräfte im Wirtshaus bei Kloster Schäftlarn Teller mit Essen oder Getränke hereintragen und die richtigen Tische suchen, unterbricht dies die Reden der politischen Gäste.
Die Stimmung trübt dies allerdings nur kurz. „Wir sind so etwas wie eine kleine grüne Hochburg“, betont der Vorsitzende der Schäftlarner Grünen, Jockel Wiedhopf. In der Kommune habe seine Partei 20,7 Prozent der Zweitstimmen erreicht, was nur 0,5 Prozent weniger seien als bei der Bundestagswahl von 2021. Das sei mehr als der Schnitt von 17,2 Prozent im Landkreis München und als das bayernweite Ergebnis von zwölf Prozent. Für die Kommunalwahl im Jahr 2026 müssten die Grünen also nicht verzagt sein, so Wiedhopf. Vielleicht könne die Partei in Schäftlarn sogar den Bürgermeisterposten erringen.
„Für unsere Themen haben wir keine Spielräume“, so Blomeyer
Wie die Kommunen sich unter den jetzigen Bedingungen mit immer mehr Aufgaben finanzieren können, sehen die Grünen als fraglich. Laut Fabian Blomeyer, der in Schäftlarn Gemeinderat für die Grünen ist, müsse seine Kommune fast hundert Prozent der Jahreseinnahmen von zehn Millionen Euro für Pflichtaufgaben ausgeben - vom eigenen Personal, für die Kinderbetreuung bis zur Kreisumlage. Ob es für die offene Ganztagesschule Förderungen gebe, wisse die Gemeinde auch nach drei Jahren nicht, so Blomeyer. Die Grünen wollten etwa Straßen ertüchtigen und Orte der Begegnung schaffen. „Für unsere Themen haben wir keine Spielräume.“
Für die Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Köhler aus Unterhaching kann das Lösungsrezept nur lauten, den politischen Druck hochzuhalten. „In ganz Bayern pfeifen die Kommunen, die Gemeinden, Städte, Landkreise und Bezirke aus dem letzten Loch“, so die haushaltspolitische Sprecherin. Dagegen wolle die Fraktion der Grünen im bayerischen Landtag eine sogenannte Kommunalmilliarde setzen.
Diese Summe aus den vorhandenen Rücklagen solle direkt an die Kommunen im Freistaat fließen, so Köhler. Das Geld könne etwa dafür verwendet werden, um kommunale Schwimmbäder sowie Abwasser- und Trinkwassernetze zu sanieren oder um den Anteil der Kommunen am Steuerverbund allgemein zu erhöhen. Wichtig sei auch eine „echte Entbürokratisierung“. Köhler verwies auf um die 200 Förderprogramme für Kommunen im Freistaat. Das müsse vereinfacht werden.
Daran knüpfte Susanna Tausendfreund an. Dass die Staatsregierung ihr Modernisierungsgesetz zu Bauordnungsfragen als Entbürokratisierung verkaufe, sei „unglaublich“, so die Pullacher Bürgermeisterin. Die Änderungen bei der Stellplatz- oder der Freiflächengestaltungssatzung seien womöglich gut für die Bauindustrie. Den Kommunen mache das Mehrarbeit, so Tausendfreund. Aufgabe der Grünen sei es bis zur Kommunalwahl die Parteithemen von Klimaschutz, bis zur Sozial- und Jugendpolitik hochzuhalten.
Dass das Finanzierungskonstrukt für die Kommunen nicht mehr auf Dauer aufgehe, mahnte der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Kreistag München-Land Christoph Nadler. Die Städte und Gemeinden seien viel zu sehr von der volatilen Gewerbesteuer abhängig. So seien etwa in Haar oder Neuried große Gewerbesteuerzahler weggezogen. Das belaste deren Haushalte enorm.
Steuerverteilungsfragen müssten laut der Landtagsabgeordneten Köhler auf Bundesebene neu geregelt werden. Damit die Menschen der öffentlichen Hand vertrauten, müssten Kommunen genügend Mittel haben, um investieren zu können. „Wenn die Leute sehen, dass die Schulen bröckeln, wird es eng für die Demokratie.“
Nur Aufrüstung könne Typen wie Putin stoppen, so Köhler
Ferner beschäftigten an diesem Grünen-Aschermittwoch die Gäste die steigenden Verteidigungsausgaben. „Ich glaube, dass es nicht genügt, nur über Waffen zu sprechen“, so eine Zuhörerin. Ihr fehle das ernsthafte Bemühen um Frieden. Laut Köhler helfe gegen Putin aber nur Abschreckung. Es brauche das Signal „Bis hierhin und nicht weiter“, um solche Typen in die Schranken zu weisen.
Genauso setzte die Grünen-Landtagsabgeordnete bundes- und landespolitische Spitzen gegen Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU). Auf deren Konto gehe der Vertrauensverlust in der Bevölkerung wegen der 180-Grad-Wende in der Frage der Schuldenbremse. Als „Gipfel der Unverschämtheit“ bezeichnete Köhler, dass der bayerische Ministerpräsident Söder dem Wirtschaftsminister Robert Habeck „Goodbye“ wünsche, obwohl die Grünen in der Abstimmung zur Schuldenfrage gebraucht würden.
Einem jungen Mann, der anmahnte, dass die Grünen mehr auf Social Media präsent sein müssten, um Inhalte jugendgerechter zu vermitteln, riet Köhler: „Ihr müsst in die Parlamente. Ihr müsst Eure Probleme an die Älteren herantragen.“