Pläne am See:"Alter Wein in neuen Schläuchen"

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Die Initiative Ambach kritisiert die vom Betreiber und der Gemeinde Münsing bevorzugten Entwürfe für ein Seniorenwohnstift. Sie seien nach wie vor zu massiv für das ehemalige Sanatoriumsgelände am See.

Von Benjamin Engel, Münsing

Die Debatte über das geplante Seniorenwohnstift hat sich für die Initiative Ambach kaum weiterentwickelt. Der vom Betreiber "Kuratorium Wohnen im Alter" (KWA) bevorzugte Entwurf von Architekt Matteo Thun erinnere ihn großteils an die ursprünglichen Planungen vor zwei Jahren, sagt Initiativen-Sprecher Sebastian Wiedemann. "Das ist das, was das KWA schon immer wollte. Da stellt sich die Frage, was in den vergangenen Jahren passiert ist."

Das KWA hatte 2016 den Großteil vom Grundstück des früheren Sanatoriumsgeländes der Familie Wiedemann gekauft. Die Initiative Ambach hatte die diskutierten Dimensionen von 80 Wohnungen auf dem Hanggrundstück mit altem Baumbestand kritisiert. Die Kommune Münsing hatte ein Workshop-Verfahren gestartet, in dem vier Architekturbüros inzwischen ihre Entwürfe vorgelegt haben. Zwei davon sind in die engere Wahl gekommen - einer des italienischen Designers Matteo Thun mit rechteckigen Langhäusern sowie pavillonartige Bauten aus dem Greifenberger Büro Beer Bembé Dellinger.

Bis heute ist aus Sicht von Initiativen-Sprecher Wiedemann das Grundproblem nicht gelöst. Womit beide Entwürfe planten, nämlich mit rund 80 Wohnungen, sei schon vor zwei Jahren im Raum gestanden - zu viel für eine verträgliche Bebauung, wie er und seine Mitstreiter finden. "Eine Reduzierung der Baumasse hat leider bis heute keinerlei Eingang in die Überlegungen gefunden", heißt es in einer Stellungnahme. Einen Kompromiss oder eine nachhaltige Reaktion auf die Bürgerbeteiligung kann Wiedemann kaum erkennen. "Die Situation ist so aktuell wie vor zwei Jahren", erklärt der Sprecher. Immerhin habe die Initiative 350 Unterschriften gegen die Dimension des Vorhabens gesammelt.

Die Grundforderung der Initiative Ambach bleibt also für Wiedemann: Der Gemeinderat und das KWA sollen das Projekt in verkleinerter Form weiterverfolgen. Schon 15 Prozent weniger Wohnungen würden ein qualitatives und ökologisches Projekt ermöglichen, schildert er. Am besten wäre aus seiner Sicht ein Runder Tisch mit allen Beteiligten, um über die Stellungnahmen zu den Entwürfen zu diskutieren. "Dann könnten wir ein Ergebnis bekommen, dass allen dient." Ein drohendes Bürgerbegehren oder Klagen gegen das Bebauungsplanverfahren wären damit seiner Einschätzung nach vom Tisch.

Der Entwurf von Matteo Thun ist für Wiedemann "alter Wein in neuen Schläuchen". Zu den ersten KWA-Ideen von 2016 sieht er große Parallelen. Die Baukörper im Nordosten seien ähnlich voluminös, jetzt nur in einzelnen Langhäusern aufgelockert. Die beiden Häuser am Hang darunter ähnelten den ersten Planungsideen. Für Wiedemann sei damit eine Bebauung nach den Wünschen von KWA verwirklicht - nur "in architektonisch hochwertigerer Form". Daher wundere er sich kaum, dass der Betreiber diesen Entwurf favorisiere.

Allerdings hatten die KWA-Verantwortlichen ihre Präferenz mit den Bedürfnissen von Senioren begründet. Demnach würde die Idee von Thun deren Wunsch nach Privatsphäre besser berücksichtigen. Alle Wohnungen hätten allein in Seerichtung nach Süden und Westen Fenster und Balkone. In den pavillonartigen Häusern des Büros Beer Bembé Dellinger mit nach allen vier Seiten ausgerichteten Wohnungen sei die Intimsphäre schlechter gewahrt. Für die KWA besticht der Thun-Entwurf durch bessere Funktionalität und klarere Strukturen, beispielhaft etwa die von den Wohnungen abgesetzte Tagespflege.

Das unterstützte auch Sozialreferentin Regina Reitenhardt (Wählergruppe Münsing). Von einem hochwertigen und transparenten Prozess spricht Münsings Bürgermeister Michael Grasl (FW). Einschließlich des Testentwurfs gebe es nun fünf Planungen. "Es zeigt sich, dass die Aufgabe nicht einfach zu lösen ist", sagt er. Die Wohnungszahl sei ein heikles Thema, 80 seien aber an der Untergrenze der Wirtschaftlichkeit. Thuns Entwurf überzeuge ihn nicht gänzlich. Die Idee einer terrassierten Gartenlandschaft gefalle ihm aber. Die Aussage des Greifenberger Büros, dass im unteren Grundstücksteil noch zwei, drei Häuser mehr denkbar seien, habe ihn gestört. Noch bis Freitag können die Münsinger Stellungnahmen schriftlich an die Gemeinde einreichen. "Erst im Anschluss werden wir uns darüber Gedanken machen, wie die weitere Abwägung in diesem laufenden Prozess erfolgen wird", sagt Grasl. Die Kommune werde sich von keiner Seite unter Druck setzen lassen. Man werde nun das Material in aller Ruhe für die Abwägung aufbereiten. "Ich gehe davon aus, dass die Stellungnahmen ausführlich diskutiert werden". Noch sei nichts in Stein gemeißelt, aber eine Weichenstellung müsse erfolgen. Auf der Basis müssten die Konzepte vertieft werden und ein förmliches Bebauungsplanvorhaben münden. "Das ist zumindest der Plan." Ob am 28. August ein weiterer Beschluss erfolgen könne, werde sich bis dahin zeigen, sagt Grasl.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Für das Ambacher Seniorenwohnstift gibt es zwei bevorzugte Entwürfe - von Matteo Thun und Beer Bembé Dellinger. Die Modelle sind derzeit im Rathaus einzusehen. Die Münsinger können dazu Stellung nehmen.

Von Benjamin Engel

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