Süddeutsche Zeitung

Penzberger Stadtpolitik :Fenster zu!

Das Landratsamt Weilheim-Schongau gibt dem Bauausschuss Hausaufgaben auf: Beim geplanten Wohngebiet auf dem Edeka-Areal müssen die künftigen Bewohner besser vor Lärm geschützt werden

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Ein weiterer Schritt in der Entwicklung des Edeka-Areals ist getan. Der Penzberger Bauausschuss beschäftigte sich am Dienstag mit dem geplanten Einzelhandel im nördlichen Bereich, aber ebenso nochmals mit der Wohnbebauung im Süden. Denn das Landratsamt Weilheim-Schongau hat in seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan für das Gebiet verdeutlicht, dass es beim Schallschutz nicht mit sich spaßen lässt. Stadt und Bauherr müssen darauf achten, dass den künftigen Bewohnern in den Gebäuden, die an den Gewerbebereich und die beiden Straßen grenzen, vor lauter Lärm bei geöffneten Fenstern nicht die Ohren abfallen.

Die Immissionsschutzbehörde in Weilheim verweist auf die Belastungen durch Gewerbe- und Verkehrslärm. Da es sich per Definition um ein "allgemeines Wohngebiet" handeln wird, müssen bestimmte Dezibelwerte eingehalten werden. Diese Werte werden an bestimmten Häuserfassaden überschritten, weshalb die Kreisbehörde der Stadt nahelegt, im Bebauungsplan festzusetzen, dass es dort nur Fenster geben darf, die nicht einmal zum Putzen geöffnet werden könnten. Einen Ausweg, diese sogenannten feststehenden Fenster zu verhindern, zeigte Claudia Hentschel vom Büro Hentschel Consult aus Freising auf. Die Diplomingenieurin hält Fenster, die sich nicht öffnen lassen, für die Ultima Ratio. Einhausungen an Balkonen und Terrassen wie auch die Anordnung der Zimmer in den Wohnungen könnten Abhilfe schaffen, sagte sie. Das bedeutet, dass etwa Schlafzimmer eben nicht in Richtung Supermärkte und Straßen liegen. Auch zwei Lärmschutzwände schlägt Hentschel vor. Ansonsten riet sie dem Gremium, auf einen lärmmindernden Fahrbahnbelag zu drängen, wenn an der Staatsstraße 2370 (Straße Grube), für die das Staatliche Bauamt Weilheim zuständig ist, ein Kreisverkehr als Zufahrt zum Einzelhandelsbereich neu gebaut wird. "Das bringt viel", sagte sie.

An der Henlestraße sieht der Bebauungsplan Parkmöglichkeiten für Besucher vor, da das Wohnquartier autofrei sein soll - bis auf wenige Ausnahmen. Würden diese Stellplätze wie ein Carport eingehaust und obendrein Tempo 30 eingeführt, könnten ebenfalls die Lärmbelastungen deutlich vermindert werden. Die Geschwindigkeitsreduzierung stieß auf Zustimmung im Bauausschuss. Die Verwaltung soll prüfen, ob Tempo 30 bereits vor Baubeginn gelten solle, damit sich die Planer bei ihren Ausführungen der Häuser darauf einstellen könnten.

Es werden noch einige Jahre ins Land ziehen, bis das Wohngebiet realisiert wird. Zuerst müssen die neuen Märkte im Norden gebaut werden. Ist dieser Bereich fertig - der Edeka-Markt wird voraussichtlich 2023 umziehen können -, werden die bestehenden Einzelhandelsflächen im Süden abgerissen. Danach folgt die bergbaurechtliche Untersuchung des Untergrunds, weil es dort mehrere Tagschächte und ein nahe der Oberfläche verlaufendes Kohleflöz gibt. Diese Relikte aus der Penzberger Bergwerkszeit müssen gesichert werden.

Das neue Edeka-Center wird samt Backshop und Getränkemarkt eine Verkaufsfläche von gut 3500 Quadratmetern haben. Daneben wird der Discounter Lidl künftig seine Waren auf einer Verkaufsfläche von etwa 1400 Quadratmetern anbieten. 800 Quadratmeter Verkaufsraum sind für einen Fachmarkt für Tiernahrung vorgesehen. Die Bauanträge für die beiden Sondergebiete wurden einstimmig beschlossen.

Eine kurze Diskussion flammte auf, als John-Christian Eilert im Namen der Grünen-Fraktion erklärte, er könne dem Bebauungsplan für das südliche Wohngebiet nicht zustimmen. Das Areal sei "gewinnmaximiert" - sprich: zu dicht - überplant worden. Die Probleme mit dem Lärmschutz würden diese Ansicht unterstützen. Was Ludwig Schmuck (CSU) auf den Plan rief. Seit 13 Jahren werde über das Edeka-Areal debattiert, meinte er. "Andere Kommunen lachen schon über uns." Armin Jabs (Bürger für Penzberg) gab ihm recht: Diese innerstädtische Verdichtung sei besser als Bauen auf grüner Wiese.

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SZ vom 11.11.2021
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