Süddeutsche Zeitung

Penzberger Politik:Geheimes Feilen am Stellplatzschlüssel

Der Penzberger Bauausschuss diskutiert die Neufassung des Regelwerks lieber unter sich.

Von Alexandra Vecchiato

Öffentlich oder nicht öffentlich? Der Bauausschuss im Penzberger Stadtrat hat sich am Dienstag für letzteres Vorgehen entschieden und über eine Neufassung der Stellplatzsatzung intern beraten. Die Grünen hatten vorab den Antrag gestellt, die Diskussion öffentlich zu führen, weil laut Geschäftsordnung kein Grund für eine nicht öffentliche Behandlung bestehe. Auch "das Durchspielen von aktuellen Beispielen" - gemeint sind damit Bauvorhaben - sei kein Grund, da Bebauungspläne und Bauanträge ebenfalls öffentlich seien, begründete Fraktionssprecherin Kerstin Engel ihr Ansinnen. Etwa 20 Minuten beriet das Gremium hinter verschlossenen Türen, um anschließend der Presse zu verkünden, doch lieber unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutieren zu wollen, weil noch so vieles zu klären sei.

Die Diskussion scheint so alt zu sein wie die Stadt Penzberg selbst. Es geht um Stellplätze, bevorzugt in der Innenstadt, die so manchen Bauwerber zur Verzweiflung treiben. Wie viele Flächen für Fahrzeuge und Räder pro Wohn- oder Gewerbeeinheit es geben muss, ist in einer Satzung geregelt. Die gültige Fassung stammt aus dem Jahr 2015 und hat sogar schon den bayerischen Landtag beschäftigt. Seit Jahren klafft an der Ecke Bahnhof-/Philippstraße eine Brache. Wegen wohl nicht einmal einer Handvoll Stellplätze, die nicht auf dem Grundstück nachgewiesen werden können, ist bislang das dort geplante Gebäude nicht realisiert worden. Der Bauherr wollte in München überprüft wissen, ob die Satzung "investitionshemmend" sei. Die Stadt Penzberg bekam damals zwar recht. Allerdings forderte der Landtag die Kontrahenten auf, aufeinander zuzugehen. Nicht nur diesem Projekt steht die Stellplatzsatzung entgegen. Die Erweiterung des Hotels K 33 scheitert ebenfalls an dem Regelwerk. Und jüngst erörterten die Stadträte öfters, ob es nicht angebracht sei, bei sozial geförderten Mehrfamilienhäusern weniger Parkplätze vorzuschreiben, und ob Bauherrn, die ein Mobilitätskonzept mit Carsharing und E-Bikes vorlegen, eine Ausnahme erfahren sollten.

Im Mai stellte die CSU-Fraktion den Antrag, die Stellplatzsatzung zu überarbeiten. Im Juli wurde dem Bauausschuss eine Neufassung vorgelegt. Doch das Gremium beschloss, das Ganze in einer Arbeitsgruppe vorzuberaten. Wer nun annahm, an jenem Dienstag würde der Ausfluss aus dieser Beratung behandelt und sich daher am Ausschluss der Öffentlichkeit stieß, irrte. Es habe keine Arbeitsgruppe gegeben, erklärte Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) nach der Abstimmung. Daher sei eine Sitzung des Bauausschusses anberaumt worden, weil die Mitglieder von Ausschuss und Arbeitsgruppe identisch seien. Das Thema sei nicht öffentlich behandelt worden, da sich ja auch niemand daran stieße, wenn die Arbeitsgruppe hinter verschlossenen Türen tagen würde. Obendrein sei das Rathaus-interne Programm, mit dem die Unterlagen für die Stadträte verschickt werden, nicht in der Lage, zum Treffen einer Arbeitsgruppe einzuladen. Das Programm könne nun mal nur "Sitzung".

Der vom Bauamt vorgelegte Entwurf sieht Änderungen vor. Erstmals werden etwa Ladestationen für E-Autos gefordert. Ansonsten soll eine Stellplatzablöse "innerhalb des zentralen Versorgungsbereichs" möglich sein, wenn der Bauherr die Parkplätze nicht auf seinem Grundstück, in der Nähe oder in einer Tiefgarage realisieren kann. Als Ablöse pro Stellplatz sind 30 000 Euro bei Neubauten und 20 000 Euro bei Erweiterungen vorgesehen.

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SZ vom 01.10.2020/aip
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