Kriegsende 1945 in PenzbergNie wieder!

Lesezeit: 2 Min.

Wo das Denkmal für die Opfer der Penzberger Mordnacht steht, wurden vor 80 Jahren Hans Rummer und seine Helfer erschossen.
Wo das Denkmal für die Opfer der Penzberger Mordnacht steht, wurden vor 80 Jahren Hans Rummer und seine Helfer erschossen. (Foto: Manfred Neubauer)

Vor 80 Jahren ermordete ein Werwolf-Kommando 16 Frauen und Männer in Penzberg. Die Stadt erinnert an die Opfer in diesem Jahr mit einem mehrtägigen Programm.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Am Morgen des 28. April 1945 meldet der Rundfunk die Durchsage der „Freiheitsaktion Bayern“: Arbeiter werden aufgefordert, ihre Betriebe gegen Sabotage durch Nationalsozialisten zu schützen. Ferner werden die Vorkriegsbürgermeister aufgerufen, die Rathäuser wieder zu übernehmen. Johann Rummer, Penzbergs Bürgermeister bis 1933, hört diese Durchsage und wird aktiv. Ihm und seinen Helfern ist es zu verdanken, dass das Bergwerk nicht gesprengt wurde und die Kriegsgefangenen überlebten. Was ein Hoffnungsschimmer nach all den Jahren des Krieges hätte sein können, endete in Mord und Blutvergießen. Der Sondertrupp „Hans“, ein Werwolf-Kommando, wird nach Penzberg beordert. Die Nazis nehmen die Männer fest. Die Gefangenen werden in einem Bus mit verhängten Fenstern zum Ort ihrer Hinrichtung – am heutigen Standort des Mahnmals „An der Freiheit“ - gefahren. Ludwig März, Rupert Höck, Hans Dreher, Paul Badlehner, Michael Boos, Michael Schwertl und Johann Rummer werden dort erschossen.

Das Morden geht weiter. Die Nationalsozialisten stellen eine Liste mit politisch missliebigen Personen zusammen - wahllos, teils das Ergebnis von Denunziationen. Noch in der Nacht werden auch sie sterben. Als erste werden Gottlieb Belohlawek und Franz Biersack am Balkon eines Nebenhauses beim Rathaus erhängt. Johann Summerdinger wird zum Lindenbaum auf der gegenüberliegenden Straßenseite geführt und gehängt. In der Heimstättensiedlung kommt es zu einer Schießerei. SS und Werwolf verfolgen den flüchtenden Josef Kastl, der schwer getroffen am nächsten Tag im Krankenhaus stirbt. Xaver Fleißner und seine Frau Agathe werden gegenüber dem Rathaus gehängt, wie auch das Ehepaar Johann und Therese Zenk. Sebastian Tauschinger wird vor dem Staltacher Hof erhängt. Sein Strick reißt, auf ihn wird geschossen. Er überlebt schwer verletzt. Am Baum daneben wird Albert Grauvogl erhängt. Am 30. April 1945 befreien US-amerikanische Truppen die Stadt.

Führungen, Konzert, Lesung und stilles Gedenken

Diese Gräueltat am Ende des Zweiten Weltkriegs ist in die Geschichte als Penzberger Mordnacht eingegangen. Jährlich gedenkt die Stadt der Opfer. Heuer, 80 Jahre später, mit einem mehrtägigen Programm. Am Sonntag, 27. April, lädt Alive Grubert zu einem öffentlichen Themen-Spaziergang zur Penzberger Mordnacht um 11 Uhr ein. Treffpunkt ist am Campendonk-Museum. Verbindliche Anmeldung bis 25. April per E-Mail an museum@penzberg.de. Die Teilnahme ist kostenfrei. Dauer etwa zwei Stunden. Ein weiterer Spaziergang findet am Mittwoch, 30. April, um 16 Uhr statt (Anmeldung bis 29. April).

Am Sonntag, 27. April, führen der Chor und das Orchester tonArt metropol „The armed Man – a mass for peace“ von Karl Jenkins auf. Das Konzert in der Christkönigkirche beginnt um 19 Uhr. Mit dabei sind ebenfalls der große Chor des Gymnasiums Penzberg sowie die Solisten Roswitha Schmelzl (Sopran), Iris Julien (Alt), Imam Benjamin Idriz, Johannes Fischer (Violoncello). Die Leitung hat Kilian Stein.

Bei einer stillen Feier auf dem städtischen Friedhof werden auch in diesem Jahr die Opfer geehrt.
Bei einer stillen Feier auf dem städtischen Friedhof werden auch in diesem Jahr die Opfer geehrt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Am 80. Jahrestag der Penzberger Mordnacht am Montag, 28. April,  lädt der SPD-Ortsverein um 16 Uhr zur Gedenkveranstaltung am Mahnmal „An der Freiheit“ ein: Es sprechen Ronja Endres, Vorsitzende der Bayern-SPD, sowie Ortsvorsitzender Clemens Meikis. Um 18 Uhr folgt eine stille Feier an den Ehrengräbern der Opfer der Mordnacht auf dem städtischen Friedhof. Um 19 Uhr findet eine Gedenkveranstaltung in der Stadthalle mit Beteiligung von Schülern der Realschule sowie des Gymnasiums statt. Einbezogen werden dabei auch Zeitzeugen. Es musiziert das Ensemble Musica sacra der Musikschule Penzberg unter Leitung von Pia Janner-Horn. Gezeigt wird zudem der Film „28. April 1945“ von Günter Bergel in einer Neufassung.

Der Spiegel-Bestseller-Autor Tim Pröse ist am Dienstag, 29. April, zu Gast in der Penzberger Stadtbücherei. Von 19.30 Uhr an liest er aus seinem Buch „Wir Kinder des 20. Juli - Gegen das Vergessen“. Pröse hat die Töchter und Söhne der Widerstandskämpfer interviewt, die das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 verübten. Karten sind in der Stadtbücherei zum Preis von 10 Euro (ermäßigt drei Euro) erhältlich.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Überraschende Aktion
:Stadt lässt neue Linde pflanzen

Nach der Fällung vor mehr als einem Jahr: Rechtzeitig vor dem Gedenktag an die Penzberger Mordnacht vor 80 Jahren steht ein Ersatzbaum am damaligen Tatort an der Bahnhofstraße.

Von Alexandra Vecchiato

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: