Penzberger Bürgerdialog:"Nicht durchgehend neutral"

Penzberger Bürgerdialog: Daniel Schreyer sieht keinen Fehler bei seinem Team. Bürgermeisterin Elke Zehetner hätte ihn selbst als Leserbriefschreiber wählen können, sagt er.

Daniel Schreyer sieht keinen Fehler bei seinem Team. Bürgermeisterin Elke Zehetner hätte ihn selbst als Leserbriefschreiber wählen können, sagt er.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Moderator Daniel Schreyer verteidigt seine Rolle. Über den Versuch eines Fake-Leserbriefs von Bürgermeisterin Elke Zehetner sind viele in der Stadt empört.

Von Katharina Schmid

Die Penzberger Bürger seien "entsetzt", sie fühlten sich "verarscht", ihre Revolte sei "gewaltig". So schildern die Fraktionssprecher von CSU, Bürger für Penzberg (BfP) und Freier Lokalpolitik Penzberg (FLP) ihre Eindrücke von der Stimmung in der Stadt. Anfang der Woche war der E-Mail-Verkehr zwischen Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD) und dem Moderator des Bürgerdialogs zur Hotelstandortsuche, Daniel Schreyer vom Kommunikationsbüro Hendricks & Schwartz, an die Öffentlichkeit gelangt. Ein Leserbrief aus der Feder Schreyers als Antwort auf einen ebensolchen von Bärbel Bierling, Sprecherin der Initiative "Kein Hotel am Kirnberg See (Hubersee)" sollte auf Vorschlag Zehetners unter dem Namen des SPD-Ortsvorsitzenden Bayram Yerli veröffentlicht werden. Dieser lehnte ab. Neben der Brisanz des Vorgehens Zehetners steht seither der Vorwurf der fehlenden Neutralität des Moderators im Raum.

Auf SZ-Nachfrage nahm dieser am Donnerstag Stellung zu den Vorwürfen. Er räumte ein, dass das Vorgehen "erklärungsbedürftig" sei, kann aber keinen Fehler auf Seiten seines Dialogteams erkennen. Schon bei einem ersten Treffen mit Bürgern und Verbänden im März habe er deutlich gemacht, dass "wir nicht durchgehend neutral sind". Vielmehr habe er den Auftrag erhalten, den Beschluss des Stadtrats zu vertreten, ein Hotel in Penzberg anzusiedeln, sagte Schreyer. Neutral seien er und sein Team hinsichtlich des Standorts für dieses Hotel gewesen. Folglich habe er die erste Dialogphase im Sinne des Stadtratsbeschlusses von Ende Februar moderiert, ein "Verfahren für die Information, einen Dialog und die Mitwirkung der Bürger der Stadt Penzberg zur Ansiedlung eines Hotels in Penzberg durchzuführen".

"Die Entscheidung des Stadtrats vertreten"

Mit dem Beschluss des Stadtrats von Ende Juli habe sich aber auch seine Rolle geändert, so Schreyer. Im Juli hatte sich das Gremium für den im Bürgerdialog favorisierten Hotelstandort an der Zufahrtsstraße zu Gut Hub entschieden und zugleich den Weg für einen Bürgerentscheid über diesen Standort am 14. Oktober freigemacht. Für Schreyer endete mit diesem Beschluss seine "Neutralität zum Standort". Das entspricht der Stellungnahme aus dem Rathaus, in der Zehetner am Mittwoch verdeutlichte, dass für den Moderator der Auftrag gelte, "die Entscheidung des Stadtrats nach außen zu vertreten". Dies umfasse auch den Ratsbeschluss, den Standort westlich des Kirnberger Hofs für den Bürgerentscheid auszuwählen.

Nachdem Bierling als Vertreterin der Bürgerinitiative (BI) mit ihrem Leserbrief "die Sachebene verlassen und mit Ängsten und Sorgen der Bürger" gearbeitet habe, sagt Schreyer, habe man entschieden, mit einem Leserbrief darauf zu antworten. Eine seiner Überlegungen sei es dabei durchaus gewesen, den Leserbrief unter seinem eigenen Namen zu veröffentlichen, wie er das bereits zweimal im Laufe des Dialogverfahrens gemacht habe. "Und wenn Frau Zehetner ihn mir zurückgeschickt hätte mit der Bitte, ihn zu veröffentlichen, hätte ich das auch getan." Er sei zwar nicht "scharf drauf" gewesen, weil er im Laufe des Dialogs immer wieder "persönlich angegriffen" worden sei, habe aber auch nicht gewusst, ob Zehetner es "für richtig findet", einen anderen Unterzeichner zu suchen. Dass sie dies tat, legt Zehetners Mail an den SPD-Ortsvorsitzenden Yerli und seinen Stellvertreter nahe. Generell komme es "sehr selten" vor, dass ein Leserbrief unter anderem Namen veröffentlicht werde, so Schreyer, aber "in dieser Situation machen wir das schon mal".

"Reiner Etikettenschwindel"

Die Reaktionen der Fraktionssprecher im Stadtrat fielen großteils zurückhaltend aus. Rüdiger Kammel (BfP) aber nahm kein Blatt vor den Mund. Er habe "kein Problem, wenn ein Herr Schreyer den Leserbrief unterschreibt und in die Zeitung stellt". Das Vorgehen Zehetners aber sei "reiner Etikettenschwindel", der Vorfall dennoch wohl "zu klein", um einen Rücktritt zu fordern. Die Leute aber trauten der Bürgermeisterin nicht mehr.

Adrian Leinweber (SPD) wollte sich nicht näher dazu äußern, er kenne die Hintergründe zu wenig. Wenn die Sachlage aber so sei, wie derzeit bekannt, "muss man sicher ein ernstes Wort sprechen, was die Intentionen dazu waren". André Anderl (FLP) plädierte dafür, zuerst zu prüfen, ob eine Fehler gemacht worden sei. Er forderte Einsicht in den Vertrag der Stadt mit Schreyer, um zu sehen, inwieweit dieser zu Neutralität verpflichtet worden sei. Einen Leserbrief unter anderem Namen zu veröffentlichen sei "moralisch von jedem selbst zu bewerten", sagte Anderl.

Christine Geiger (CSU) haben die jüngsten Ereignisse "erschüttert". Ob tatsächlich alles so gelaufen sei wie aktuell bekannt, könne sie aber nicht beurteilen. Die CSU-Sprecherin ist der Meinung, dass die Neutralität Schreyers Priorität habe, seine Positionierung findet sie "grundsätzlich nicht in Ordnung". Am meisten bedauert Geiger jedoch, dass "diese Mail den ganzen Dialogprozess ins Abseits stellt". Schließlich sei dieser "hervorragend" gelaufen, gut vorbereitet gewesen, alle Seiten hätten sich einbringen können und es seien keine Redebeiträge unterdrückt worden. Kerstin Engel (Bündnis 90/Die Grünen) sieht in dem Versuch, den Fake-Leserbrief zu veröffentlichen, "keine korrekte Art für einen offenen Bürgerdialog". BI-Sprecherin Bierling sagte am Donnerstag, sie sei "immer noch schockiert und entsetzt, dass so was hier passiert". Sie bekräftigte ihren Standpunkt, dass der Moderator eines Bürgerdialogs neutral sein müsse.

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