Gesundheitswesen:KI im Kampf gegen den Krebs

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Dr. Anna Bauer-Mehren, Leiterin der Data-Science-Abteilung in der Pharmaforschung bei Roche Penzberg, Vera Grossmann, Geschäftsführerin von Foundation Medicine, und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger beim Rundgang durch die Labore (v.l.). (Foto: Manfred Neubauer)

Bei Roche und der Tochtergesellschaft Foundation Medicine werden personalisierte Therapien für Erkrankte erforscht und entwickelt. Dafür müssen sehr viele Datensätze ausgewertet werden. Künstliche Intelligenz erleichtert den Forschern die Arbeit.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Krebserkrankungen können immer besser behandelt werden. Das liegt nicht allein daran, dass das Wissen um die Ursachen zunimmt. Fortschritte gibt es zudem in Diagnose, Prävention, Behandlung und Nachsorge. Um Krebspatientinnen und -patienten in Zukunft noch besser helfen zu können, müssen Unmengen an Daten ausgewertet und in Folge die individuell passenden Therapiemöglichkeiten erstellt werden. "Digital Health" heißt das Schlagwort. Die Krebstherapie zu transformieren, dem hat sich das Unternehmen Foundation Medicine verschrieben. Dabei kommt auch künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.

Das Unternehmen Foundation Medicine wurde 2010 in den USA gegründet. Roche übernahm fünf Jahre später die Mehrheitsanteile. 2016 kam es zur Gründung der deutschen Tochtergesellschaft am Roche-Standort in Penzberg. In einem eigenen Gebäude führen die Mitarbeitenden molekulargenetische Tests durch. Für ihre Arbeit interessierten sich der Bayerische KI-Rat und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, die am Montag gemeinsam auf dem Roche-Gelände im Nonnenwald tagten. Der KI-Rat setzt sich aus 21 international renommierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie zusammen. Sie beraten die bayerische Staatsregierung in Fragen rund um den Einsatz von künstlicher Intelligenz.

Auf den Krebspatienten zugeschnittene Therapiemöglichkeiten

Foundation Medicine hat zum Ziel, für jeden Krebserkrankten eine personalisierte Therapie zu entwickeln mit möglichst wenigen Nebenwirkungen, dafür mit größtmöglicher Heilungschance. Kunde ist der behandelnde Arzt, der Gewebe- oder Blutproben seiner Patientin oder seines Patienten einschickt. Allein im Jahr 2022 wurden in Penzberg die Tumorproben von mehr als 20 000 Patienten aus ganz Europa untersucht. Die Auswertung einer Probe dauere etwa acht Kalendertage bis zum fertigen Bericht, sagte Vera Grossmann beim Rundgang durch die Labore. Es gehe darum, genetische Veränderung zu erkennen, die für die Krebsentstehung und dem Fortschritt der Erkrankung in Zusammenhang stünden, ergänzte Sabrina Neumann. Ausgewertet würden mehr als eine Million Datensätze. Am Ende stehe ein umfangreicher, medizinischer Befund, der an den behandelnden Arzt geschickt werde samt allen personalisierten Therapieoptionen.

Neben der Routine-Diagnostik arbeitet Foundation Medicine mit mehr als 80 biopharmazeutischen Unternehmen weltweit zusammen. Die Roche-Tochter beteiligt sich an klinischen Studien für die Entwicklung und Zulassung neuer Krebsmedikamente. Und das Unternehmen sammelt Daten, die strukturiert aufbereitet und für Forschungszwecke zugänglich gemacht werden. Dabei kommt KI ins Spiel. Foundation Medicine stellt die Daten der Roche-Pharmaforschung, konkreter Anna Bauer-Mehren, Leiterin der Data-Science-Abteilung im Nonnenwald und Mitglied des KI-Rats, und ihrem Team zur Verfügung. Die Forscher untersuchen die Datensätze unter anderem mit KI-basierten Modellen. Die daraus resultierenden Ergebnisse lassen wiederum Rückschlüsse auf neue Medikamente und Therapien zu.

Wie wichtig der Einsatz von KI in der Medizin sei, betonte Anna Bauer-Mehren im Gespräch mit Minister Aiwanger und KI-Rat-Vertretern. In den USA etwa sei man viel weiter, was die Verwertung von und die Arbeit mit Patientendaten angeht. Auch, weil diese nicht den Patienten gehörten, sondern demjenigen, der sie erfasst hat. Das ist in Deutschland aus Datenschutzgründen undenkbar.

KI-Rat, Forscher und Wirtschaftsminister waren sich einig, dass der datenbasierten Medizin die Zukunft gehöre. Und dass ein Weg auf EU-Ebene gefunden werden müsse, standardisierte Daten gleichermaßen Forschern, Ärzten und Krankenhäusern einerseits zur Verfügung gestellt werden müssten, andererseits der Schutz des Patienten stets im Vordergrund stehe. "Das ist ein sensibles, ein schwieriges Thema", sagte Aiwanger am Ende des Rundgangs.

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