Spiel:Rätselhafter Tatort Gymnasium

"Room Escape"-Projekt von Schülern am Penzberger Gymnasium

Eine Szenerie wie bei einem Tatort bietet sich den vier Lehrern in Penzberg bei Beginn ihres "Psycho Lock"-Spiels.

(Foto: Erik Häussler)

Penzberger Schüler entwickeln in einem Projekt-Seminar ein ziemlich schwer lösbares Spiel, in dem man sich erst aus einem Raum befreien kann, wenn man alle Codes geknackt hat. Bisher sind fast alle Gruppen gescheitert - auch die Lehrer

Von Erik Häussler, Penzberg

Ein spartanisch eingerichteter Raum. Ein Sofa, einige Stühle, ein Schreibtisch - und der Klebeband-Umriss einer Person am Boden. Der vorgebliche Tatort ist ein Klassenzimmer im Penzberger Gymnasium. Vier Personen betreten den Raum, sie sind Detektive. Hinter ihnen fällt die Tür zu. Das Schloss klickt zweimal. Die vier Personen sind eingeschlossen. Die Zeit läuft, es bleiben 60 Minuten zur Flucht.

Was sich hier abspielt, ist zum Glück kein wirkliches Verbrechen. Und die Detektive sind eigentlich Lehrer am Gymnasium. Nun sind sie Teil eines Spiels, des sogenannten Live-Adventures "Psycho Lock". Aufgabe für die vier Lehrer ist es, durch das Lösen von Rätseln den Schlüssel zu bekommen, der ihnen die Flucht aus dem Zimmer ermöglicht, bevor die fiktive Polizei am Tatort eintrifft.

Initiiert haben das Spiel 13 Schülerinnen und Schüler des Penzberger Gymnasiums im Projekt-Seminars der 11. Klasse unter Leitung ihrer Lehrerin Katharina Stelzl. Neu ist die Idee nicht, ursprünglich kommt sie aus Asien, erfreut sich inzwischen aber weltweiter Beliebtheit. "Ich habe das zuvor in München gesehen und dachte mir, das sei gut umsetzbar für die Schüler, wir haben schließlich einige Tüftler, Techniker und Ideenfreaks dabei", erklärt Stelzl.

Noch 55 Minuten. Die zwei Lehrerinnen und zwei Lehrer verteilen sich im Raum, heben Kissen an, schauen unter den Tisch und das Sofa. Sie finden erste Hinweise und sammeln diese in der Raummitte. Das war der einzige Tipp, den sie vor Spielbeginn von den vier betreuenden Schülern erhalten haben: durchwühlen, Hinweise sammeln und ordnen. Vor der Tür sitzen Aaron, Sebastian, Lukas und Nicolas mit ihrer Lehrerin. Sie sind an diesem Tag für die Gruppenbetreuung eingeteilt und beobachten das Geschehen im Raum über eine Kamera - und können notfalls helfende Hinweise über ein Laptop in den Raum schicken. Die Schüler haben das Spiel gut neun Monate lang vorbereitet. Organisiert sind sie in Aufgabenbereichen: Ausstattung des Raumes, Beschaffung der Technik, Werbung und - das Herzstück - Entwicklung des Rätsels. Auch das haben sie sich selbst ausgedacht.

Noch 48 Minuten. Die Schüler applaudieren. Die Lehrer haben die ersten kleineren Rätsel gelöst. Eine Kommode ließ sich öffnen. Auch das Schloss des Medizinschranks ist geknackt. Das Zwischenfazit von Lukas ist noch zurückhaltend: "Bislang haben sie nur Gegenstände gefunden und benutzt, noch keine wirklichen Rätsel gelöst. Aber sie sind gut in der Zeit." Ziel des P-Seminars ist es, dass die Schüler lernen, eigenständig das Spiel und sich selbst zu organisieren, Firmen zu kontaktieren, im Team zu arbeiten. Es gibt am Ende dafür auch eine Note, aber die sei ihnen erst mal nicht so wichtig, sagen sie. Es gebe andere Anreize. Der Spaß der rätselnden Gruppe ist ein solcher Anreiz.

Noch 29 Minuten. Die "Detektive" kommen nicht weiter. Was hat es nur mit dem Schachbrett auf sich? Ein entscheidender Tipp wird verlangt, die Spielleitung hilft. "Da bleiben alle Gruppen hängen und kommen ohne Tipp nicht weiter. Das hätten wir so nicht erwartet." Zwei Mal wurde das Rätsel vor Beginn getestet. Bislang sind noch alle Gruppen gescheitert - zuletzt nur um wenige Sekunden. Leichter soll es trotzdem nicht werden, sei die Resonanz. Die Rätsel sind nicht linear aufgebaut. Mehrere Hinweise müssen kombiniert werden. Es gibt nicht immer den einen Schlüssel, der zum Schloss passt und wieder einen Schlüssel zum Vorschein bringt: Zahlencodes dechiffrieren, Symbole deuten und das alles mit einem Bild kombinieren. Rätseln auf hohem Niveau.

Noch 23 Minuten. Die Zeit rennt. Der Tipp hat die Lehrer zum nächsten Rätsel gebracht. Und sie hängen wieder! Ernüchterung bei den Schülern: "Sie waren echt gut in der Zeit, aber so langsam glaub' ich auch nicht mehr, dass sie es schaffen", sagt Lukas kopfschüttelnd. Und Nicolas ergänzt: "Das ist doch die traurigste Situation, die wir bislang hatten."

Die letzten zehn Minuten. Plötzlich Jubel bei den Lehrern, Applaus bei den Schülern. Der Fortschritt zur Flucht aus dem Raum? Alle Lehrer versammeln sich vor dem Laptop, sie sind der Lösung nahe. Wie lautet der Zahlencode für den Tresor?

Noch fünf Minuten. "Scheiße, das schaffen die nicht!", entfährt es Sebastian. "Wir wollen schon, dass es die Gruppen schaffen", sagt der 17-jährige Aaron. "Wenn sie es ganz knapp schaffen würden, wäre das am besten", ergänzt ein anderer.

Noch zwei Minuten. Die Bewegungen im Raum werden hektischer. Davor wird beratschlagt, ob es eine Zusatzminute für die Lehrer gibt. Nein. Für jede Gruppe nur 60 Minuten. "Jetzt wird's stressig!", kommentiert Lukas nervös.

"Aufmachen! Polizei!" - Die Zeit ist um, das Rätsel wieder nicht gelöst. Die Lehrer diskutieren mit den Schülern das verbleibende Rätsel. Es war knapp. Die Lehrer dennoch zufrieden: "Es war sehr witzig und hat Spaß gemacht", sagen sie. Bei guter Resonanz möchte Lehrerin Stelzl das Seminar im Herbst nochmals anbieten. Bis es soweit ist, kann noch bis zum 21. Juni mitgemacht werden. Anmelden kann sich jeder gegen eine kleine Gebühr zur Kostendeckung.

Nun müssen die Jungs den Raum schnell in die Ausgangslage zurückbringen. Die nächste Rätselgruppe wartet bereits: vier Abiturienten. Nach 47 Minuten klickt das Schloss, sie sind frei. Rekordzeit - im Fernduell mit den Lehrern steht es damit 1:0 für die Schüler.

Informationen und Anmeldung unter psycholock.jimdo.co

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