Naturschutz kann sich bezahlt machen und zwar in barer Münze. Die Landschaft rund um Gut Hub in Penzberg ist ein beliebtes Naherholungsgebiet. Seen, Wiesen und Wälder scheinen bereits ein perfektes Naturidyll zu sein. Doch es geht noch besser. Schon 2016 hatte der Stadtrat beschlossen, die Flächen rund um Gut Hub, Café Extra und Hubkapelle ökologisch aufzuwerten. Nun liegt das Entwicklungskonzept des Büros "Pan" aus München vor. Die Planer hatten im vergangenen Jahr angefangen, das Gebiet zu untersuchen. Es geht aber nicht allein darum, das Areal noch grüner zu machen. Die Stadt schafft sich so Flächen für ihr Ökokonto.
Eingriffe in die Natur, etwa durch größere Bauvorhaben, müssen ausgeglichen werden. Dafür benötigen Kommunen Flächen, um sie ökologisch aufzuwerten. Meist haben aber Städte und Gemeinden keine eigenen Areale, sie müssen sie anderswo kaufen. Das kann ins Geld gehen und ist obendrein oftmals gar nicht so einfach. So war vor Jahren der damalige Jachenauer Bürgermeister Georg Riesch wenig erfreut darüber, dass Penzberg Ausgleichsflächen in seiner Heimatgemeinde aufkaufte. Wer also eigenes Land in seinem Ökokonto gutschreiben kann, der kann sich glücklich schätzen. Penzberg möchte daher auf Gut Hub zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: einerseits den Naturschutz auf den städtischen Flächen fördern, andererseits das Ökokonto für die Zukunft auffüllen.
Beate Jeuther von "Pan" berichtete dem Stadtrat, was ihr Büro alles an schützenswerter Flora und Fauna auf Gut Hub gefunden hat. Es gebe dort Arten, die auf der Roten Liste stehen, sagte sie. So tummeln sich auf den Feucht- und Nasswiesen der Braunfleckige Perlmuttfalter oder das Große Wiesenvögelchen. Auch hüpfen die Kurzflügelige Beißschrecke oder die Sumpfschrecke herum. Dazwischen finden sich Sumpfgrashüpfer und Bunter Grashüpfer. Das ist eine gute Ausgangsbasis.
Dennoch lasse sich die Artenvielfalt weiter erhöhen, indem neue Lebensräume geschaffen werden, sagte Jeuther. Wobei nicht alle Flächen der Landwirtschaft entzogen werden sollen. Nur müsse die Bewirtschaftung künftig naturverträglich stattfinden, so die Expertin. Ferner soll das Areal ein Naherholungsgebiet bleiben, wenngleich wohl nicht mehr alle Flächen so zugänglich sein werden, wie sie es momentan sind. Die große Grünfläche, auf der teilweise noch Mais angebaut wurde, wird Zug um Zug ummodelliert. Geschaffen werde soll eine sogenannte Hutelandschaft: Weidefläche, Bäume und ein Gehölzrand zum bestehenden Fichtenwald hin sind geplant. Ein Teilstück der Wiese soll wiedervernässt werden. Denn in dem Bereich werden alte Drainageleitungen vermutet. Die Stadt möchte in der kommenden Woche beginnen, nach ihnen zu suchen und sie offenzulegen.
Zum Projektgebiet gehören ebenfalls Flächen hinter dem Café Extra und Gut Hub. Auf einer dieser Wiesen ist ein Sonnenacker geplant. Dort könnten Interessenten Parzellen pachten, um Kartoffeln und anderes Gemüse selbst zu ziehen. Dazwischen sollen Blühstreifen angelegt werden. Hinter der Veranstaltungstenne ist eine Erholungsfläche mit Streuobstwiese und Pferdekoppel vorgesehen. Auf der Seite beim Café Extra soll der Naturspielplatz ausgebaut werden. Es gibt auch einige Feuchtgebiete mit Niedermoorböden. Laut Jeuther haben sie ein hohes Entwicklungspotenzial. Dort sollen Gehölze entfernt und eine Wiedervernässung angestrebt werden.
Das Seeufer am Huberer Weiher auf der Seite des sogenannten Hotel-Waldes sei ebenfalls wert, aufgewertet zu werden, sagte die Planerin. "Da sollte man dringend tätig werden." Der Wald an sich sei nicht wertvoll, da der Boden dort schon stark geschädigt sei. Aber am Uferrand finde sich noch eine Torfschicht. Sie schlug vor, die Fichten dort zu fällen und einen Birken-Moorwald zu entwickeln. Allerdings dürfte dieser Bereich dann nicht mehr genutzt, sprich betreten werden. In diesem Ufer-Areal gibt es mehrere kleine Stege.
Das gilt auch für die Fläche, auf der die Hutelandschaft entstehen soll. "Das wird sehr attraktiv werden", meinte Jeuther. Da dort spezielle Rinder die Beweidung übernehmen sollen, wird der Bereich großräumig eingezäunt. Für die Tiere müssen eine Tränke und ein Unterstand aufgestellt werden. Vom Spazierweg aus ist dann nur noch ein fünf Meter breiter Grünstreifen frei zugänglich. Regina Bartusch (SPD) bedauerte dies, da dieser Weg bei Hundebesitzern sehr beliebt ist. Die Hunde müssten jetzt schon an der Leine bleiben, erklärte Klimamanager Carl-Christian Wippermann, und dürften dort eigentlich nicht frei herumlaufen.
Die Wiesen zum Huberer Weiher hin sind auch Teil des Projektgebietes. Der Barfußpfad wird nicht betroffen sein, auch soll man weiterhin den Weg durch den Wald hinter der Hubkapelle nutzen dürfen. Wenngleich die Stadt die Verkehrssicherheitspflicht dort nicht aus den Augen verlieren dürfe, sagte Jeuther.
Insgesamt ist das Projektgebiet gut 271 000 Quadratmeter groß. Das Planungsbüro hat es in 14 Teilgebiete eingeteilt. Wenn alle ökologisch aufgewertet sind, wie von den Experten vorgeschlagen, entspricht das mehr als 1,4 Millionen Ökokonto-Wertpunkten. Zum Vergleich: Für die Norderweiterung mit mehr als 13 Hektar des Biotech-Unternehmens Roche im Penzberger Nonnenwald wurden 800 000 Wertpunkte berechnet.
Aber natürlich kosten die Maßnahmen zunächst einmal etwas: Das Planungsbüro kommt auf eine Summe von knapp 363 000 Euro, die die Stadt Penzberg investieren muss. Da freute es die Stadträte zu hören, dass sie die Ökokonto-Punkte weiterverkaufen könnten. "Wir werde jedenfalls möglichst viele Wertpunkte für Penzberg herausschlagen", versprach Jeuther.