Mitglieder der rechtsextremen und vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppe „Der III. Weg“ verteilen wohl seit dem 25. Januar 2025 in Penzberg islamfeindliche Flugblätter. Ein Bürger hatte dies der Islamischen Gemeinde in Penzberg am Mittwoch mitgeteilt, die darauf öffentlich in den sozialen Medien reagierte. Auch eine Anzeige bei der Polizei steht im Raum. Auf seiner Homepage hat „Der III. Weg“ ein Foto abgebildet, das offenkundig Anhänger vor Wohnblocks an der Sindelsdorfer Straße zeigt mit Flugblättern in Händen. Die Reaktion von Penzbergs Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) ist deutlich: „Null Toleranz“ gebe es aus seiner Sicht für die rechte Hetze.
Auf der Homepage wird gezielt gegen die Islamische Gemeinde Penzberg und ihren Imam Benjamin Idriz Bezug genommen. „Penzberg im Landkreis Weilheim-Schongau hat überregional traurige Bekanntschaft für seine Islamische Gemeinde und deren Prediger Benjamin Idriz erlangt“, heißt es dort. Die rechtsextreme Organisation erklärt weiter, sie stelle sich gegen „Islamisierung“ und „Asylflut“. Daher hätten „Aktivisten des Stützpunkts München/Oberbayern“ Flugblätter in der Stadt verteilt. Parolen wie „Wir stellen uns quer!“ oder „Nein zur Moschee in meiner Stadt!“ sind darauf zu lesen. Muezzin-Rufe und Terroranschläge werden in einem Atemzug genannt.

Die Islamische Gemeinde Penzberg gilt als Vorzeigegemeinde, die bundesweit für ihren interreligiösen Dialog und ihr Engagement für ein friedliches Miteinander bekannt ist. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war unter anderem in der Moschee an der Bichler Straße zu Gast; kürzlich besuchte der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Karl Straub, das Zentrum. Die Islamische Gemeinde teilte noch am Mittwoch mit: „Mehrere Bürgerinnen und Bürger, die diese Flugblätter in ihren Briefkästen gefunden haben, haben uns kontaktiert und auf diese beunruhigende Verteilaktion aufmerksam gemacht.“ Bürgermeister Korpan wurde von Imam Idriz direkt informiert, der daraufhin ebenfalls die Polizei verständigte. Sollten die Veröffentlichungen der Organisation strafrechtlich Relevantes beinhalten, sei eine Anzeige aus seiner Sicht obligatorisch, sagte Korpan auf Nachfrage. „Wenn Vertreter einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation in Penzberg so öffentlich auftreten, ist das nicht zu akzeptieren.“ Korpan möchte zwar der rechtsextremen Gruppe keine allzu große Plattform bieten, „aber wir müssen die Bürgerinnen und Bürger informieren, wer sich dahinter verbirgt“. Aufklärung sei notwendig.
Idriz: „Bürger sollen nicht still bleiben“
„Die Flugblätter enthalten eindeutig islamfeindliche und fremdenfeindliche Inhalte, die darauf abzielen, Misstrauen und Ängste in der Bevölkerung zu schüren“, heißt es in der Pressemeldung der Islamischen Gemeinde. Sie bedienten sich klassischer rechtsextremer Rhetorik, indem sie Migrantinnen und Migranten pauschal diffamierten. „Diese Form der Propaganda ist nicht nur eine gezielte Desinformationskampagne, sondern auch ein Angriff auf die Grundwerte unserer Demokratie, die von Religionsfreiheit, Vielfalt und gegenseitigem Respekt geprägt ist“, so die Islamische Gemeinde. Besonders besorgniserregend sei, dass die Neonazis offenbar systematisch Haushalte in Penzberg mit ihrer Hetzschrift versorgten, um eine breite Stimmung gegen Muslime zu erzeugen. „Dies ist ein alarmierendes Beispiel für den zunehmenden Rechtsextremismus in Deutschland, der sich nicht nur gegen einzelne Personen oder Institutionen richtet, sondern gegen das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft insgesamt.“
„Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft darauf entsprechend reagiert“, sagte Imam Idriz der SZ. „Die Bürger und Bürgerinnen sollten nicht still bleiben.“ Mit der Aktion solle Angst geschürt werden. Für Idriz eine besorgniserregende Entwicklung. Integrationsbeauftragter Straub hätte sich bei ihm gemeldet und angeboten, kurzfristig nach Penzberg zu kommen. „Wir sind im Gespräch“, so Idriz. Für ihn wäre es eine wichtige Botschaft, wenn Straub und Korpan vor dem Freitagsgebet in der Penzberger Moschee zu den Hunderten Gläubigen sprechen würden. „Das wäre ein Signal an die Gemeinde“, so Idriz. Sein Dank gelte allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die „an unserer Seite stehen, diese Hetze klar ablehnen und sich für ein respektvolles und friedliches Zusammenleben einsetzen“. Zugleich ruft die Islamische Gemeinde „alle staatlichen Verantwortlichen auf, diese besorgniserregende Entwicklung ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln.“ Rechtsextreme Propaganda dürfe nicht ignoriert werden – „es braucht konsequente Maßnahmen, um den Schutz aller Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten und den gesellschaftlichen Frieden zu bewahren.“
„Tief durchatmen“, ist die erste Reaktion von Gönül Yerli, Vizedirektorin der Islamischen Gemeinde, am Telefon. Und: „Das muss man erst einmal verdauen.“ Über weitere Schritte müsse die Gemeinde erst noch beraten. Unabhängig von der Flugblatt-Aktion ist am Samstag, 15. Februar, eine Kundgebung samt Demonstrationszug des Aktionsbündnisses unter dem Motto „Stadt der 100 Nationen. Penzberg bleibt bunt“ geplant. Der Untertitel lautet „Vereint in Vielfalt und Toleranz“. Beginn ist um 14 Uhr auf dem Stadtplatz. Diese Veranstaltung sei angesichts des Vorfalls umso wichtiger, erklärt Yerli. „Natürlich beteiligt sich unsere Gemeinde daran.“
Integrationsbeauftragter: „Stehe an der Seite unserer muslimischen Freunde in Penzberg“
Auch Integrationsbeauftragter Straub meldete sich zu Wort: „Ich verurteile die niederträchtige Kampagne der Vereinigung ,Der III. Weg’ aufs Schärfste. Rechtsextremistische Einstellungen haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Bayern ist ein weltoffenes Land. Ich stehe eng an der Seite unserer muslimischen Freunde in Penzberg. Wir setzen uns gemeinsam und partnerschaftlich für ein besseres Miteinander der in unserer Gesellschaft lebenden Gruppen ein.“ Der Landtagsabgeordnete (CSU) lässt seinen Worten Taten folgen und besucht kurzfristig die Moscheegemeinde: „Diese Überzeugung werde ich morgen vor dem Mittagsgebet in Penzberg auch öffentlich bekunden und mich zusammen mit dem Penzberger Imam Benjamin Idriz und dem zuständigen Bürgermeister Stefan Korpan gegen Hass und Hetze stellen.“
Der SPD-Ortsverein reagierte ebenfalls am Donnerstag auf den Vorfall. „Zahlreiche Penzberger Haushalte haben dieser Tage eine infame Postwurfsendung erhalten: Eine Neonazi-Organisation verunglimpft darin die Islamische Gemeinde Penzberg. Wir rufen alle unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger dazu auf: Lassen Sie sich das nicht gefallen! Penzberg ist eine lebendige, multikulturelle Stadt, in der Menschen aus vielen Nationen gut zusammenleben. Die Islamische Gemeinde Penzberg gehört zu unserer Stadt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Genossen. Und weiter: „Die Penzberger SPD stellt sich nachdrücklich an die Seite der Islamischen Gemeinde und an die Seite all jener Mitmenschen, die sich aufgrund ihres Migrationshintergrundes wegen derartiger Anfeindungen große Sorgen machen. Penzberg war immer eine weltoffene Stadt. Wer hier lebt, soll sich heimisch und wohlfühlen. Wer jedoch spalten will, soll schleunigst verschwinden. Das sind wir der Geschichte und der mutigen Frauen und Männer schuldig, die sich damals gegen die Nazis gestellt haben.“
Der Verfassungsschutz stuft „Der III. Weg“ als rechtsextremistische Organisation ein, die offen völkisch-nationalistische, rassistische und demokratiefeindliche Positionen vertritt. In seinem aktuellen Bericht warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz vor der wachsenden Radikalisierung dieser Bewegung, die in Teilen auch gewaltbereit ist. Sie falle immer wieder durch aggressive Propaganda, paramilitärische Aufmärsche und Kontakte zur Neonazi-Szene auf. Ihr Ziel sei es, eine „nationalrevolutionäre“ Bewegung aufzubauen, die sich gegen die pluralistische Gesellschaft richtet.