Penzberg:Ein "Zahlengetüftel" mit 48 Millionen Euro

Die Stadt Penzberg muss womöglich Gewerbesteuer plus Zinsen an das Pharmaunternehmen Roche zurückzahlen. Kämmerer Blank und Bürgermeisterin Zehetner sehen die Haushaltslage dennoch entspannt

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Eine Kommune, die einen potenten Gewerbesteuerzahler am Ort hat, kann sich glücklich schätzen. Und vor allem reich. So war es viele Jahre lang im Fall der Stadt Penzberg, die von den Abgaben des Pharma-Unternehmens Roche profitierte. Doch so ein Geldsegen kann zum Fluch werden. Wie im Jahr 2012. Roche leistete überraschend eine Gewerbesteuer-Nachzahlung in Höhe von 32 Millionen Euro, was die Gewebesteuer-Einnahmen in jenem Jahr auf 65 Millionen Euro ansteigen ließ. Die Freude sollte von kurzer Dauer sein. Der börsennotierte Roche-Konzern legte gegen diese Nachzahlung Einspruch bei den Finanzbehörden ein. Der Steuerbescheid wird im Frühjahr 2017 erwartet. Mit Zinsen muss Penzberg voraussichtlich 48 Millionen Euro rückerstatten.

Solche Aussichten lassen keinen Stadtkämmerer jubeln. Das trifft auch auf Johann Blank zu. Doch der Penzberger Kämmerer bleibt gelassen. Auch Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei) sieht keinen Grund, in Panik zu verfallen, selbst wenn der "worst case" mit 48 Millionen Rückzahlung eintreten sollte. "Die Bürger werden es nicht merken", sagt sie. Weder plane die Stadt, ihre Grundstücke zu vergolden, um ihre Schulden zurückzahlen zu können, noch würden städtische Einrichtungen geschlossen oder Personal entlassen. Die Rückerstattung sei ein "reines Zahlengetüftel".

Penzberg: Hightech im Nonnenwald: Wo früher einer der ergiebigsten Bergwerksschächte war, sitzt heute ein weltweit agierendes Pharma-Unternehmen.

Hightech im Nonnenwald: Wo früher einer der ergiebigsten Bergwerksschächte war, sitzt heute ein weltweit agierendes Pharma-Unternehmen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Dieses beherrscht Blank aus dem Effeff. Nach dem Eintreffen des Steuerbescheids im Penzberger Rathaus wird er als erstes die Rücklagen plündern. Zu Beginn 2017 hat die Stadt 34 Millionen Euro auf der hohen Kante. Das würde für die 32 Millionen Euro Gewerbesteuer-Rückzahlung reichen. Wenn da nicht eben die Zinsen wären. Nach der geltenden Rechtsprechung muss die Kommune ihre Steuerschuld mit sechs Prozent im Jahr verzinsen - ein Zinssatz, den in Deutschland keine Bank mehr zahlt. Das bedeutet: Pro Jahr kommen knapp zwei Millionen Euro oben drauf. Um die restlichen 16 Millionen Euro tilgen zu können, müsste die Stadt einen Kredit aufnehmen.

Aber da fangen die Schwierigkeiten an: Mehrmals hat die Kommunalaufsicht im Landratsamt Weilheim-Schongau darauf hingewiesen, dass sie keinen Haushalt mehr genehmigen werde, sollte Penzberg nicht seine Einnahmen-Situation verbessern. Konkret geht es um die Einführung einer Straßenausbaubeitragssatzung. Künftig sollen die Bürger die Kosten beim Ausbau von Straßen mittragen - ein leidiges Thema. In seiner Sitzung im November vertagte der Stadtrat eine Entscheidung. Ein positiver Beschluss würde die Arbeit von Kämmerer Blank erleichtern.

Bürgerversammlung Elke Zehetner

Sie wird nicht müde, für die Straßenausbaubeitragssatzung zu werben. Bürgermeisterin Zehetner bemüht sich, Penzbergs Finanzen zu verbessern.

(Foto: Manfred Neubauer)

Ihm wird dennoch nicht bange. Selbst wenn Penzberg Gewerbesteuern einnehme, brauche die Stadt wegen der Kassenlage keine Gewerbesteuerumlage an den Landkreis abzuführen. "Da sparen wir uns acht Millionen im Jahr." Und auch bei der Kreisumlage käme die Kommune gut weg: Diese Umlage, die sich aus der Steuerkraft von vor zwei Jahren berechnet, wäre zu vernachlässigen. 2017 muss Penzberg laut Haushaltsplan noch 17,5 Millionen Euro an Kreisumlage und fast vier Millionen an Gewerbesteuerumlage auf das Konto des Landkreises überweisen. Zehetner und Blank rechnen also damit, dass Penzberg in zwei bis drei Jahren finanziell wieder auf solidem Fundament steht.

Allerdings steht der Landkreis Weilheim-Schongau, zu dem Penzberg gehört, vor einem Dilemma. Oder wie Bürgermeisterin Zehetner sagt: "Dem Landkreis geht es nass rein." Kreiskämmerer Norbert Merk dürfte daran gelegenen sein, dass Penzberg bald wieder gefüllte Kassen hat. Das ist voraussichtlich nur der Fall, wenn die Stadt einen Teil ihrer Steuerrückzahlung über Kredite leistet. Sollte ihr das staatliche Landratsamt, also die Kommunalaufsicht, dies nicht erlauben, verlagert sich das Problem auf den Landkreis. Ihm fehlen die Millionen aus Penzberg. Die Stadt zahlt knapp ein Viertel der Kreisumlage. In der Weilheimer Behörde könnte nur noch mit gezogener Handbremse gearbeitet werden etwa beim Neubau des Berufsschulzentrums in Weilheim, der auf 62 Millionen Euro geschätzt wird.

"Ich denke nicht, dass uns ein Kredit verwehrt werden wird", sagt Blank. Sicherheit gäbe es erst, wenn der Stadtrat die Straßenausbaubeitragssatzung beschließt. Was sich der Stadtkämmerer für die Zukunft wünscht? "Keine Monokultur", lautet seine Antwort. Einen zweiten starken Gewerbesteuerzahler im Nonnenwald. Man habe ein Ass im Ärmel, sagt dazu die Bürgermeisterin. "Wir arbeiten intensiv an einer Ansiedlung."Und die vielen kleinen Betriebe dürfe man auch nicht vergessen.

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