Dank ehrenamtlichem Engagement:Kaffeehaus-Flair mit Salonmusik

Dank ehrenamtlichem Engagement: Einmal im Monat bietet das Café "Ab und Zu(g)" einen Raum für Gespräche und mehr. Im Februar zu Gast waren Johannes Meyer und Klaus Weighart am Piano.

Einmal im Monat bietet das Café "Ab und Zu(g)" einen Raum für Gespräche und mehr. Im Februar zu Gast waren Johannes Meyer und Klaus Weighart am Piano.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Penzberger Bürgerbahnhof ist ein Erfolg. Viele Vereine nutzen das städtische Gebäude. Einmal im Monat lädt die evangelische Kirchengemeinde dort ein zum Café "Ab und Zu(g)".

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Die Liebe steckt in jedem Detail. Selbstgebackene Kuchen auf Etageren verlocken zum Naschen an den Tischen, die mit Tassen und Tellern samt Servietten und allem Drum und Dran eingedeckt sind. Überall sind kleine Vasen mit Blumen verteilt. Ein Klavier nimmt fast die komplette Bühne ein. Willkommen im Café "Ab und Zu(g)" der evangelischen Kirchengemeinde im Bürgerbahnhof Penzberg. "Ich muss noch Kaffee kochen", sagt Alexandra Link-Lichius und eilt davon. Bei der Premiere des neuen Nachmittagstreffs im Januar gab es nämlich von allem zu wenig: zu wenig Kaffee, zu wenig Stühle, zu wenig Tische. Die Organisatoren wurden damals schlicht vom großen Andrang überrascht. Mit anderen Worten: Die Bude war voll. Auch beim zweiten Treff an einem Mittwochnachmittag füllt sich der Raum - nicht nur mit Penzbergern.

Dank ehrenamtlichem Engagement: Im von außen eher unscheinbaren Bürgerbahnhof hat sich eine neue Nutzung etabliert.

Im von außen eher unscheinbaren Bürgerbahnhof hat sich eine neue Nutzung etabliert.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Reinkommen und sich wohlfühlen im einstigen Penzberger Bahnhof - wer hätte jemals gedacht, dass dies wahr würde. Über Jahrzehnte war der Bahnhof ein Zweckbau, die Wartehalle nicht gerade ein anheimelnder Ort, wenn sie denn überhaupt zugänglich war. Als die Deutsche Bahn das Gebäude nicht mehr brauchte, machte das Wort "Abriss" die Runde. Allerdings ist der alte Bahnhof auch ein Wahrzeichen der Stadt. Zumindest hatte er immer Liebhaber, die um seinen Fortbestand bangten und kämpften. Bis die Ansicht, dass das historische Haus erhaltenswert ist, zur Überzeugung wurde und im Rathaus Gehör fand, verstrichen Jahre. 2014 kaufte die Stadt den Bahnhof zurück - für 420 000 Euro. Vier Jahre zuvor hätte sie ihn für circa 180 000 Euro haben können. Doch Penzberg ließ einem Privatunternehmer den Vortritt. Der Verein für Denkmalpflege und Penzberger Stadtgeschichte mühte sich, dass das Bahnhofsgebäude auf die Denkmalliste gesetzt wird. Vergeblich. 2019 formierte sich eine Gruppe namens "Penzberg 2023", die das alte Gemäuer in einen genossenschaftlich organisierten Bürgerbahnhof mit Brauerei transformieren wollte. Auch diese Pläne verliefen im Sand.

Beim Stadtfest 2022 kam die Wende

Es brauchte erst eine große Sause, ein paar findige Köpfe und fleißige Hände, um dem Projekt auf die Beine zu helfen. Schon lange suchten Penzberger Vereine und Organisationen eine Versammlungsstätte. Ehrenamtsförderer Thomas Kapfer-Arrington, inzwischen Abteilungsleiter im Penzberger Rathaus, ergriff die Gelegenheit beim Schopf und schlug die ehemalige Wartehalle für diesen Zweck vor. Beim Stadtfest im Juni 2022 durfte jeder, der wollte, mit Hand anlegen. Für vergleichsweise wenig Geld wurde gestrichen, verputzt, gezimmert und genäht. Insgesamt 55 000 Euro kostete die Verwandlung vom farblosen Wartesaal in einen Treffpunkt mit Flair. Die Stadt übernahm davon 5000 Euro. 50 000 Euro gab es von der Städtebauförderung der Regierung von Oberbayern. Die Möbel besorgten Kapfer-Arrington und seine Partnerin, Alexandra Link-Lichius, bei einem Händler in Nordrhein-Westfalen. Viele Deko-Objekte haben die beiden auf Flohmärkten erstanden. Doch wäre die Metamorphose nicht möglich gewesen ohne die engagierten Penzberger Bürger.

Dank ehrenamtlichem Engagement: Die frühere Wartehalle ist nun ein Raum mit besonderem Flair.

Die frühere Wartehalle ist nun ein Raum mit besonderem Flair.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Seit der Bürgerbahnhof sozusagen bezugsfertig ist, fanden 116 Veranstaltungen statt. "Es gibt Wochen, da ist jeder Abend ausgebucht", sagt Kapfer-Arrington. Der 48-Jährige spricht von einem Erfolg. Der Bürgerbahnhof sei ein "niederschwelliges, zentral gelegenes Angebot". Die Ausstattung habe sich bewährt. Dennoch gibt es das ein oder andere auf der Wunschliste. Der Penzberger Denkmalverein hat 400 Euro in Aussicht gestellt. Die Städtebauförderung steht parat, weiß Kapfer-Arrington zu berichten. So motiviert, plant er den Ausbau des früheren Fahrdienstleiter-Bereichs. Dieser soll ein multifunktionaler Raum werden etwa für Ausstellungen. Zahlen müssen die Nutzer nichts. Einzige Bedingung ist, dass sie nach ihrer Veranstaltung den Bürgerbahnhof sauber hinterlassen.

Dank ehrenamtlichem Engagement: Beim Stadtfest 2022 konnten die Bürger ihren Bahnhof selbst umgestalten. Alexandra Link-Lichius war eine von ihnen.

Beim Stadtfest 2022 konnten die Bürger ihren Bahnhof selbst umgestalten. Alexandra Link-Lichius war eine von ihnen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Währenddessen hat sich die Wartehalle bis auf den letzten Platz gefüllt. Noch ein paar Grußworte, dann setzen sich Johannes Meyer, der ehemalige Leiter der Penzberger Musikschule, und Klaus Weighart ans Klavier. Binnen Sekunden verbreitet sich Kaffeehaus-Atmosphäre. Die Besucher des Cafés "Ab und Zu(g)" kommen ins Plaudern. Immer mehr Gäste drängen in die Wartehalle, weitere Tische und Stühle müssen im Nebenraum aufgestellt werden. Kurz findet Alexandra Link-Lichius Zeit für eine Verschnaufpause. Sie war beim Stadtfest eine der Fleißigen, die Wände strichen und mehr. "Ich fand, dass der Bürgerbahnhof nicht nur abends bespielt werden sollte", erzählt die 48-Jährige. Ein Tanzcafé am Nachmittag mit Kuchen und Kaffee, mit Musik und Menschen, die Geschichten erzählen - diese Idee ließ sie nicht mehr los. Als Mitglied im evangelischen Kirchenvorstand fand sie in Fritz Hauenstein, der früher ebenfalls dem Gremium angehörte und viele Jahre den Gemeindenachmittag der Kirche organisierte, einen Mitstreiter, wie auch weitere ehrenamtliche Helfer. "Ich finde das Projekt inspirierend", sagt etwa Claudia Pfannschmidt. "Es ist toll, wenn aus dem Miteinander einer Gesellschaft so etwas entsteht."

Dass das Café den Nerv der Zeit trifft, hätten sich die Organisatoren nicht träumen lassen. Den Besuchern gefällt es. Der ehemalige Tölzer Dekan Martin Steinbach etwa unterhält sich angeregt an einem Tisch. Eigentlich, erzählt die 48-Jährige weiter, hätte das Café "Immergrün" heißen sollen, in Anlehnung an das mit grünem Samt bezogene Sofa, das die alte Wartehalle schmückt. Doch eine Münchnerin, die mit dem Zug in Penzberg ankam und reinschneite, habe den Namen "Ab und Zu(g)" vorgeschlagen. "Das passt doch wunderbar, oder?"

Das nächste Café "Ab und Zu(g)" findet am Mittwoch, 22. März, unter dem Motto "Musik und Geschichten" im Bürgerbahnhof Penzberg statt. Zu hören ist Jazz mit der Band "Immergrün".

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