Süddeutsche Zeitung

Penzberg:Botschafter beim Imam

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Der US-Diplomat Philip D. Murphy besucht die Moschee und ihren Vorbeter Benjamin Idriz. Und er findet lobende Worte.

Felicitas Amler

Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland und der Imam der Islamischen Gemeinde Penzberg verstehen sich prächtig: Pluralismus, Integration und Menschenrechte - Philip D. Murphy und Benjamin Idriz haben Reden mit fast gleichlautenden Begriffen vorbereitet. Murphy, der sich wegen der Sicherheitskonferenz in München aufhält, kommt am Freitagmorgen zu einem Besuch in die Penzberger Moschee.

Ein Lob gleich zu Beginn: "Ich habe viel Gutes über diese Gemeinde gehört", sagt der Diplomat. Idriz gibt die Komplimente zurück: Er sei schon in den USA gewesen und habe etwas erlebt, was er in Deutschland noch vermisse: "Für die Muslime dort ist Amerika ihr Vaterland geworden, ihr Mutterland, sie identifizieren sich damit."

Der Penzberger Imam, der sich über die Grenzen des bayerischen Oberlands hinaus ein Image als Vertreter eines liberalen Islam verschafft hat, betonte im Gespräch mit dem Botschafter, seine Gemeinde sei etwas Besonderes: Sie vereinige acht Nationalitäten, doch die Sprache der Administration sei Deutsch. Barack Obama und der amerikanischen Regierung attestierte er eine "sehr kluge" Haltung: Sie verwendeten den Begriff "islamischer Terror" nicht mehr. Anders die Politik in Deutschland: "Das verletzt uns Muslime hier."

Der Botschafter wiederum würdigte die Integrationskurse, die in der Penzberger Moschee stattfänden, und das Engagement des Imams für eine offene Diskussion. Idriz habe sich für eine deutschsprachige Akademie für Imame eingesetzt: "Ich kann Ihnen nur gratulieren." Er selbst habe zwei große Helden, sagte der Botschafter. Martin Luther King und Jesse Jackson.

Kings Ansprache am 28. August 1963 ("I have a dream") sei die wichtigste Rede in der Geschichte seines Landes - keineswegs ein Kapitel der Geschichte, sondern heute noch von großer Relevanz. Nachdem er sein Grußwort bis dahin deutsch gesprochen hatte, sagte der Botschafter: "It's our job to create societies which are open."

Bei einem Rundgang durch die moderne, 2005 erbaute Moschee zeigte Murphy sich beeindruckt von der Bibliothek mit 6000 Büchern und vom Deutschkurs, in den die Besucher hineinschneiten. Wie jeden Tag wurde in dem Klassenraum eine kleine Gruppe unterrichtet, an der Tafel standen Dichternamen wie Goethe und Ringelnatz. Nachdem der Botschafter bemerkt hatte, wie viele verschiedene Nationen - von Türken bis Indonesiern - daran teilnahmen, scherzte die Lehrerin Susanna Nowina von Axt, die selbst aus der Slowakei stammt: "Ja, das ist hier die Zentrale der Uno."

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SZ vom 04.02.2012
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