Tölzer Prügel:Bloß nicht die Bürger fragen

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Vor Ausschreibung des städtebaulichen Wettbewerbs sollen die Penzberger lieber nicht sagen, wie sie sich ihr Bahnhofsareal wünschen.

Kolumne von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Bürger können aber auch lästig sein. Als ob es nicht ausreichen würde, wenn sie alle paar Jahre zur Urne schreiten und danach die gewählten Volksvertreter einfach mal machen ließen. Stummes Stimmvieh sollen sie sein. Aber nein, nun wollen sie auch noch mitschnabeln. Fridays for Future, Stuttgart 21 oder gar die Occupy-Bewegung. Wo kämen wir da hin, wenn das zur Gewohnheit würde - dieses direkte Mitreden. Bürgermeinung braucht es nicht. Bestes Beispiel: Penzberg.

Vollmundig kündigt das Rathaus an, dass es einen städtebaulichen Wettbewerb für den Bahnhof samt Umgriff geben soll. Supermarkt, Drogerie, Parkhaus und neuerdings ein Busbahnhof - all das soll auf den städtischen Flächen links und rechts des Bahngleises Platz finden. 15 Architekten und Planer, heißt es, sollen sich Gedanken machen, wie alles adrett angeordnet werden könnte. Mit unvoreingenommenen Blick von außen soll die Entwicklung eines der wichtigsten, zentrumsnahmen Areale auf Papier Gestalt annehmen.

Nur eines hat man im Rathaus dabei komplett vergessen: die Penzberger zu fragen, was sie sich für dieses Quartier wünschen. Obschon laut Bayerischer Architektenkammer die Beteiligung der Bürger "im Idealfall vor der Auslobung eines Wettbewerbs" erfolgen sollte, damit diese Erkenntnisse in die Ausschreibung einfließen können. Tja, ein Satz mit x: Das war wohl nix! Am Ende des Wettbewerbs die Bürger einzubeziehen, mag möglich sein, erscheint aber wenig sinnvoll. Wo hätten die Penzberger mehr das Recht, sich einbringen zu können, wenn nicht bei der Ideensuche für die Entwicklung von städtischen Flächen, die - im weitesten Sinne - den Bürgern gehören. Viele Penzberger hegen Bedenken wegen des geplanten Busbahnhofs an der Philippstraße, der wohl doch nicht vom Tisch ist. Allein das Grundstück mit seinem schwierigen Gelände und Untergrund könnte zum Millionengrab werden. Da muss man ja fast schon froh sein, dass es um Penzbergs Finanzen schlecht steht.

Dem Bauamt und dem Bürgermeister insbesondere, wie auch den Stadträten sei empfohlen, mal im Internet nach "Bürgerbeteiligung" zu suchen. Die Ergebnisse sind spannend. Da ist zu lesen, dass " die politische Kultur partizipativer" geworden sei. Von "größerer Akzeptanz" und "qualitativer Aufwertung kommunaler Mitbestimmung" ist die Rede. Und dass Bürgerbeteiligung ein gutes Mittel gegen Politikverdrossenheit sei. Aber das braucht es in Penzberg alles nicht. Oder?

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