Paenibacillus larvae:Gefahr für die Bienenbrut

Bei Gelting ist eine Bakterieninfektion ausgebrochen, bei der die Larven in den Waben verfaulen. Manchmal gelingt es, einzelne Völker zu retten - ein aufwendiges Verfahren für Imker.

Von Ingrid Hügenell

Kälte lässt Bienen im Stock ausharren

Die Amerikanische Faulbrut ist eine gefährliche Bienenseuche. Sie ist in Gelting aufgetreten, scheint aber eingedämmt zu sein.

(Foto: dpa)

Drei Männer stehen am Rand eines Weizenfelds des Guts Schwaigwall und schauen konzentriert auf etwas, das einer von ihnen in den Händen hält. Neben ihnen: ein Häuschen aus Holz. Alle drei tragen weiße Stoffhelme mit gewebtem Visier und Handschuhe, zwei haben einen dünnen weißen Labormantel an, einer eine dicke weiße Schutzjacke. Die Szene erinnert ein bisschen an Katastrophenfilme wie "Outbreak", und tatsächlich geht es um den Ausbruch einer Seuche. Die drei Männer sind der Amtstierarzt Georg Unterholzner, Günther Schwartz, Hygiene- und Gesundheitsbeauftragter des Imker-Kreisverbands Wolfratshausen und der Kreisvorsitzende Erich Holzer. Sie untersuchen die Bienenstöcke Holzers auf Anzeichen von Amerikanischer Faulbrut. Die Bakterieninfektion ist für Menschen und andere Tiere nicht ansteckend, für die Brut der Bienen aber tödlich. Momentan gibt es einen Ausbruch rund um Gelting. Schwartz und Unterholzner fahren alle Bienenstände im Umkreis ab, um Proben zu nehmen.

Betroffene Völker müssen aufwendig saniert werden. Dazu nimmt man die erwachsenen Bienen ohne Futter aus dem Stock und lässt sie drei Tage hungern. In dieser Zeit scheiden sie laut Unterholzner alle Bakterien und Sporen aus. Dann bekommt das Volk neue Waben. "Die Aussichten sind sehr gut, dass das funktioniert", sagt der Tierarzt. Das Verfahren wird als "Kunstschwarmbildung" bezeichnet. Ist das nicht möglich, müssen Brut und erwachsene Bienen vernichtet werden. Eine traurige Angelegenheit für den Imker, der die Tiere oft seit Jahren pflegt. Durch die radikale Bekämpfung versucht man, eine Ausbreitung zu verhindern. Sechs Stände mit etwa 30 Völkern hat es um Gelting getroffen. Inzwischen treten keine neuen Fälle mehr auf. Ein gesundes Volk besteht aus 40 000 bis 50 000 Bienen, ein krankes oft nur noch aus 15 000. Den wirtschaftlichen Schaden bekommen die Imker aus der Tierseuchenkasse ersetzt, wenn ein Tierarzt die Tötung angeordnet hat. Dafür braucht er einen Nachweis der Seuche.

Konzentriert und ruhig arbeiten die drei Männer in der heißen Nachmittagssonne. Sie lassen sich nicht von den Bienen stören, die ihnen um die Köpfe summen. Holzer, der dicke, grüne Gummihandschuhe trägt, holt vorsichtig einzelne Brutwaben aus den Bienenbeuten, schüttelt mit energischen Bewegungen die Bienen ab und reicht die Waben weiter. Tierarzt Unterholzner schnuppert. Ein fauliger Geruch ist ein erster Hinweis auf die Krankheit, bei der die Larven in den Brutzellen zu braunem, stinkendem Schleim zerfallen. Bei Verdacht kann man mit einem Hölzchen, etwa einem Streichholz, in eine der Waben fahren. Bleibt nur Schleim hängen, ist das Volk wahrscheinlich erkrankt.

Den sicheren Nachweis liefert eine Laboruntersuchung. Unterholzner kratzt dazu mit einem Holzspatel etwas Honig vom Futterkranz rund um die Brut ab und gibt ihn in einen Plastikbecher. Ist das Volk befallen, finden sich im Honig Bakterien. Untersucht wird das im Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim. Dorthin werden die Proben am Tag darauf von einem Boten gebracht, gut verpackt in einer Kühltasche, wie die anderen Proben, die Unterholzner und Schwartz später noch in Waldram nehmen werden.

Die Sporen des krankmachenden Bakteriums sind immer vorhanden. Zum Problem werden sie, wenn die Insekten ohnehin geschwächt sind. Nach dem langen Winter seien die Tiere im nassen Frühjahr beinahe verhungert, sagt Unterholzner. Die schlechte Ernährungslage schwächt das Immunsystem und macht die Bienenlarven anfällig. Überdies bedeutet die große Hitze Stress. Denn die Bienen müssen ihren Stock kühlen, wenn es zu heiß wird.

Der Tierarzt hat gerade den grünen Deckel auf den zweiten Plastikbehälter geschraubt und geht auf dem Feldweg Richtung Auto, als er plötzlich Proben, Hut und Mantel von sich wirft. Wild um sich schlagend rennt er davon. Mehrere Bienen sind ihm unter die Schutzkleidung geflogen. Ein halbes Dutzend Stiche bekommt er ab. "Das ist das erste Mal, dass ich gestochen werde beim Probennehmen", versichert er. Holzer hat ein besonders aggressives Volk, das es nicht schätzt, wenn man es stört. Die wichtigste Frage für den Tierarzt: "Sind die Proben gesichert?" Ja, Schwartz hat die Becher mitgebracht, zum Glück. Der Honig ist drin, die Deckel drauf.

Für Imker Holzer gibt es eine erste Entwarnung: Klinisch hat Unterholzner nichts entdeckt, will heißen, nach der Untersuchung der Brutwaben sieht es aus, als sei alles in Ordnung. Der Imker, der zwölf Völker hat, ist erleichtert. "Man hat schon Angst, dass etwas sein könnte", sagt er. Ob wirklich alles in Ordnung ist, wird er in etwa einer Woche erfahren. So lange dauert es, bis die Proben ausgewertet werden können.

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