Uraufführung in Berlin:Tropfen, die zum Tsunami werden

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Gregor Mayrhofer leitet in Berlin die Uraufführung des Oratoriums "Wir sind Erde". (Foto: Liliya Olkhovaya/oh)

Der aus Waldram stammende Komponist Gregor Mayrhofer und Markus Vogt aus Schäftlarn haben ein weltliches Oratorium geschrieben, das die Umweltkrise aufgreift: "Wir sind Erde".

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Wolfratshausen/Berlin

Wenn man auf die Website des Komponisten Gregor A. Mayrhofer klickt, stößt man als erstes auf ein Zitat des legendären französischen Poeten Victor Hugo: "Musik drückt aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist." Das passt gut zu dem aktuellen Projekt, für das Mayrhofer am kommenden Sonntag in der Berliner Philharmonie am Pult steht. Der 34-jährige Assistent des Dirigenten Simon Rattle wird die Uraufführung einer eigenen 80-minütigen Komposition leiten, die den Titel "Wir sind Erde" trägt.

Das Stück für Chor und Orchester versteht sich als weltliches Oratorium. In Auftrag gegeben hat es die Münchner Stiftung kulturelle Erneuerung, die dafür als Librettisten den Schäftlarner Sozialethiker Markus Vogt gewonnen hat. "Wir haben uns vier Protagonisten ausgedacht", erklärt Vogt - und zwar in Anlehnung an die Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus. Da dessen Text zur Lösung der Weltklima-Probleme ein Zusammenwirken von Wissenschaft, Religion und Kultur fordere, hätten sich er und Komponist Mayrhofer einen Naturwissenschaftler, eine Moralistin, eine spirituelle Person und einen Skeptiker ausgedacht, die miteinander wegen ihrer verschiedenen Überzeugungen in Streit geraten.

Markus Vogt ist katholischer Theologe und Professor für Christliche Sozialethik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er lebt in Schäftlarn. (Foto: Max Kronawitter/oh)

Dass die vier Protagonisten dabei zu keinem Ergebnis kommen, hat Mayrhofer musikalisch verarbeitet. Die Musik habe "Beschleunigungsmomente, die aber kein Ziel" hätten, erklärt er. So offenbare sich im Oratorium "Wir sind Erde" eine Stimmung, die das "fehlende Verantwortungsgefühl" zeige. Jeder Chorsänger etwa trage den Text vor "Wir sind nur ein Tropfen". Der ganze Chor aber entwickle sich damit in der Summe "zum Tsunami".

Librettist Vogt, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München Umweltethik und Theologie lehrt, nennt das Phänomen, mit dem Menschen ihre Probleme zu bewältigen versuchten, "rasenden Stillstand". Der Eurasburger Regisseur Max Kronawitter wird die Uraufführung der Mayrhoferschen Komposition in der Berliner Philharmonie filmisch festhalten.

"Es ist natürlich toll, so ein Weltklasseorchester für eine solche Uraufführung zu haben", freut sich Mayrhofer. Wenn er in Berlin am Pult steht, dirigiert er das sogenannte "Orchester des Wandels". Dabei handelt es sich um Musiker der Staatskapelle Berlin, die sich unter diesem Namen zusammentun, wenn es um Projekte zu Umweltthemen geht. Das Oratorium "Wir sind Erde" habe kein "Happy End", sagt Mayrhofer. Aber es vermittle die Botschaft, dass eine Lösung von Jedem abhänge. Das Ende sei ein Schweben, das dazu ermahne, verschiedene Sichtweisen im Dialog zusammenzubringen, um echte Veränderung zu bewirken.

"Wir sind Erde", Uraufführung am Sonntag, 13. November, 19 Uhr, in der Berliner Philharmonie, Infos unter staatskapelle-berlin.de

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