Ökologie und Nutzung:Mehr Schutz, mehr Mitsprache

Für 1400 Hektar geschützte Flächen in Lenggries, Kochel und der Jachenau soll ein Managementplan erstellt werden. Die Grundeigner fordern eine Beteiligung auf Augenhöhe

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Misstrauen sitzt tief bei den Landwirten im Isarwinkel und Loisachtal, wenn es um das Thema Fauna-Flora-Habitat, kurz FFH genannt, geht. Nicht vergessen ist, wie zahlreiche Flächen unter Schutz gestellt wurden - ohne ausreichende Bürgerbeteiligung, wie die Betroffenen betonen. Argwöhnisch nimmt man daher in den Gemeinden Jachenau, Lenggries und Kochel am See derzeit zur Kenntnis, dass für das FFH-Gebiet "Jachenau und Extensivwiesen in Fleck" ein Managementplan aufgestellt werden soll. Etwa 80 Grundeigentümer waren zur Auftaktveranstaltung am Mittwoch ins Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen gekommen. Und sie fanden deutliche Worte für die Vertreter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), die der Jachenauer Bürgermeister Georg Riesch zusammenfasste: Die Kommunikation sei bei früheren Verfahren sehr schlecht gewesen. "Ich hoffe, dass das jetzt besser wird."

Das Areal, für das ein Managementplan aufgestellt wird, ist etwa 1438 Hektar groß und Teil des europaweiten Natura-2000-Verbundes aus FFH-Flächen und Vogelschutzgebieten. Es betrifft Flächen in der Jachenau, Lenggries und Kochel am See. Mehr als die Hälfte ist Wald. Das Ziel von Natura 2000 ist es, die natürlichen und naturnahen Lebensräume und die dort vorkommenden Arten zu erhalten. Es gehe neben dem Erhalt aber auch um eine Verbesserung, sagte Katharina Löw vom AELF in Holzkirchen. Das Treffen im Landratsamt sei der Auftakt. "Und es geht darum, Sie alle an diesem Prozess zu beteiligen", sagte Löw.

Natura 2000 Bayern

Geschützte Wiesen wie diese in der Jachenau sind Teil eines Netzes ökologisch wertvoller Flächen namens Natura 2000.

(Foto: Manfred Neubauer)

Doch genau daran mögen die Grundstückseigentümer nicht wirklich glauben. Das machte Zweiter Landrat Thomas Holz in seinem Grußwort deutlich. Vor 20 Jahren sei bei der Ausweisung der FFH-Flächen sehr viel kaputt gemacht, die Betroffenen nicht ernst genommen worden. "Dieses Vertrauen wieder aufzubauen ist eine Mammutaufgabe." Um 51 Teilflächen handle es sich, davon 940 Hektar in der Jachenau, 474 Hektar in Lenggries und 54 Hektar in Kochel. Holz erinnerte an die bayerische Devise "leben und leben lassen". Die passe gut zu dem, was nun auf alle zukomme. Er bat, die Belange der Landwirte dieses Mal wirklich zu berücksichtigen.

In dem Managementplan werden Maßnahmen aufgelistet. Um zu wissen, wo alles beim Alten bleiben kann und wo Verbesserungen notwendig sind, müssen die Flächen jedoch erst einmal untersucht werden. Im Wald übernimmt die Kartierung Försterin Anna Deischl vom AELF in Ebersberg. Sie untersucht auf ihren Touren durch das Gebiet, welche Lebensraumtypen es gibt, das bedeutet, welche Tier- und Pflanzenarten dort vorkommen. Deischl nannte als Bespiele für den Reichtum an Schutzgütern in diesem Gebiet Waldmeister-Buchenwälder, Frauenschuh-Vorkommen, Moore und verschiedene Fledermausarten. Die Kartierung beginnt im Herbst und soll etwa in einem Jahr abgeschlossen sein. Darauf folgt die fachliche Bewertung, aus der sich die konkreten Maßnahmen ergeben. Diese Aufgaben, etwa mehr Totholz liegen zu lassen, sei ausschließlich für Behörden verbindlich, sagte Deischl. "Für private Grundstücksbesitzer sind alle Maßnahmen freiwillig." Im Herbst 2019 könnte ein Entwurf vorliegen als Diskussionsgrundlage für einen Runden Tisch mit allen Beteiligten. Ende 2019 soll der fertige Managementplan vorliegen.

Natura 2000 Bayern

Katharina Löw will die Grundeigentümer beteiligen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Dass die Grundeigentümer nicht bei der Kartierung miteinbezogen werden sollen, stieß den Anwesenden sauer auf. "Wenn der Kartierer nicht in der Lage ist, mit dem Grundstücksbesitzer einen Termin zu vereinbaren, kann er zu Hause bleiben", schimpfte etwa Klaus Rauchenberger, Zweiter Bürgermeister in der Jachenau. Ein Zuhörer rief: "Das ist eine Sauerei." Werner Weindl, Bürgermeister der Gemeinde Lenggries, erklärte, man sei ein gebranntes Kind seit der Aufstellung des Managementplans für die obere Isar. So wie damals sollte es nicht mehr laufen. Weindl betonte, die Landwirte seien keine gleichberechtigten Partner gewesen und anders als die Naturschutzverbände behandelt worden. Deren Einwendungen seien ohne Wenn und Aber in den Plan eingearbeitet worden, die der Landwirte nicht. Er plädierte, dass es eine Info-Veranstaltung vor dem Runden Tisch abgehalten werde. Ferner müsse im Management festgehalten werden, dass die Maßnahmen für private Grundstückseigentümer freiwillig seien. "Und zwar explizit. Die Eigentümer brauchen das auch schriftlich." Christian Webert, Bereichsleiter Forsten am AELF in Holzkirchen, versprach: "Die offene Kommunikation ist uns ein ehrliches Anliegen. Wir werden unser Bestmögliches versuchen."

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