Obdachlosigkeit:Alle finden einen Schlafplatz

Haus Sankt Jakobus

Acht Menschen können in Stockbetten im Haus Jakobus untergebracht werden. Kommen mehr, finden sich flexible Lösungen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Auch bei eisigen Temperaturen müssen Obdachlose im Landkreis nicht frieren. Sie werden im Haus Jakobus aufgenommen. Doch Experten warnen: Immer mehr Familien sind ohne Wohnung

Von Ingrid Hügenell

Menschen, die keine Wohnung haben, haben es bei den derzeitigen Temperaturen von unter minus zehn Grad besonders schwer. Ines Lobenstein, die sich für die Caritas in Wolfratshausen und Umgebung um Obdachlose kümmert, sagt: "Es gibt welche, die nicht untergebracht werden wollen." Sie weiß von einem Mann aus dem Nordlandkreis, der auch im tiefsten Winter draußen übernachtet. Allerdings dürfe er nur wenige Stunden schlafen, berichtet sie, und müsse sich dann wieder bewegen um warm zu werden.

Im Landkreis müsse aber niemand draußen schlafen. Durchreisende Obdachlose werden im Haus Jakobus, Salzstraße 29 in Bad Tölz, aufgenommen. Acht reguläre Schlafplätze gibt es dort, bis zu 14 Tage können die Menschen bleiben. Es werde niemand vor der Tür stehen gelassen, auch nicht, wenn alle Plätze besetzt seien, versichert Thomas Faller, der bei der Caritas für die Obdachlosenhilfe im Landkreis zuständig ist. "Wenn mehr kommen, rutschen wir eben zusammen", sagt er. "Dann schläft halt jemand auf dem Sofa oder notfalls im Schlafsack auf dem Fußboden." Täglich von 18 bis 20 Uhr finden Obdachlose Aufnahme im Haus Jakobus. Sie haben es dort warm und trocken, bekommen zu essen und trinken, können duschen sowie ihre Wäsche waschen. Kaffee, etwas zu essen und eine Duschgelegenheit gibt es auch in Wolfratshausen in der Beratungsstelle für Obdachlose am Obermarkt 7. Ins Haus Jakobus kämen derzeit nicht mehr Menschen als sonst, sagt Faller. Er hat über die Jahre beobachtet, dass besonders viele Obdachlose um Aufnahme bitten, wenn ein wichtiges Fußballspiel oder sonst ein Großereignis übertragen wird. Denn im Haus Jakobus gibt es einen Fernseher.

Auch Faller weiß von Menschen, die nicht gerne in einer Unterkunft schlafen, meist, weil sie wegen psychischer Erkrankungen die Nähe anderer Menschen schlecht ertragen. Entdeckt die Polizei Obdachlose, die nachts draußen sind, bringen die Beamten sie zur Caritas. Von schweren Unterkühlungen oder gar Todesfällen weiß Faller nichts: "Das ist bei uns Gott-sei-Dank noch nie vorgekommen." Es gebe seines Wissens nach auch niemanden, der im Südlandkreis draußen kampiere.

Die große Kälte macht Faller wie Lobenstein weniger Sorgen als die Tatsache, dass zunehmend Familien von Obdachlosigkeit betroffen sind, auch Kinder. Deren Eltern, oftmals Alleinerziehende, können sich die steigenden Mieten schlicht nicht mehr leisten. "Der bezahlbare Wohnraum ist der Knackpunkt", sagt Faller. Lobenstein berichtet von vier aktuellen Fällen aus ihrer Beratungsstelle, bei denen Menschen kurz davor stehen, ihre Wohnung zu verlieren. Drei hätten nicht in eine billigere Wohnung umziehen können, weil sie schlicht keine fanden, sagt Lobenstein. Wegen Mietschulden würden sie nun geräumt. Einer habe nach der Kündigung seiner Arbeitsstelle auch die Dienstwohnung verloren. Die Wohnungslosigkeit betreffe nicht mehr weit überwiegend Männer, sondern auch immer mehr Frauen, die auch Kinder hätten, sagen beide.

Davor warnen die Caritas-Mitarbeiter, die sich im Landkreis mit dem Problem Obdachlosigkeit befassen, schon länger. Derzeit arbeiten sie Faller zufolge an einem Drei-Städte-Bericht, der die Lage in Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen anhand genauer statistischer Werte aufzeigt.

Ins Haus Jakobus kommen mittlerweile zuweilen anerkannte Asylbewerber, die keine Wohnung finden. Auch das bereitet Thomas Faller Sorgen. "Ihnen muss man entsprechend helfen", sagt er und fordert eine bessere Integration. Eigentlich bemühe sich der Landkreis, Obdachlosigkeit von Flüchtlingen zu verhindern. Manchmal klappe das aber nicht. "Dann kommen die Leute zu uns. Und wir schauen, dass die Hilfekette wieder funktioniert."

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