Newcomer an der Geige:"Perlman ist ein sehr großes Vorbild für mich"

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Die 19-jährige Mariella Haubs zog schon mit 14 Jahren nach New York, um bei dem berühmten Geiger Itzhak Perlman zu studieren. Tempo und Technik sind ihr weniger wichtig als die Ehrlichkeit in der Kunst. Im Hollerhaus gibt sie ein Gastspiel

Interview von Maurizio Giuri

Sie ist 19, ihre Geige 293 Jahre alt. Die Musikstudentin und Wahl-New-Yorkerin Mariella Haubs kommt am Sonntag in ihre Heimat nach Oberbayern. Im Hollerhaus in Irschenhausen gibt die Schäftlarnerin mit Jameel Martin ein Konzert. SZ: Wo sind Sie gerade, Frau Haubs? Mariella Haubs: Momentan bin ich bei Regensburg. Dort habe ich ein paar Verwandte besucht. Am Samstag spiele ich noch in Potsdam, dann geht's in die Heimat. Wie ist es, nach Hause zu kommen? Sehr schön. Ich habe schon einige Male im Hollerhaus gespielt. Das letzte Mal ist aber schon bestimmt sieben Jahre her. Ich freue mich darauf. Vor allem der kleine Rahmen ist toll, der Saal ist nicht zu groß, man kann dort mit den Leuten kommunizieren. Während des Jahres wohne ich ja in New York, wo ich seit 2011 Musik studiere. New York ist schön, aber ich vermisse die Natur, wie man sie in Oberbayern findet. Glücklicherweise habe ich nach dem Konzert am Sonntag noch einen Tag frei. Am Dienstag fliege ich dann wieder zurück. Von Oberbayern ging es für Sie früh in die weite Welt hinaus. Wie kamen Sie als junges Mädchen damit zurecht? Das war teilweise hart, aber wichtig für mein Spiel. Mit 14 Jahren bin ich zusammen mit meiner Mutter nach New York gezogen. Davor lebten wir schon einige Zeit in Boston, weil mein Vater dort arbeitete. Schwer war für mich, dass meine restliche Familie nicht dabei war. Ich habe noch drei ältere Geschwister. 2009 wurde ich dann in das Itzhak Perlman Musikprogramm aufgenommen. Perlman ist ein sehr großes Vorbild für mich. David Garrett hat auch bei ihm studiert. Die Art, wie er spielt, ist unverwechselbar. Als achtjähriges Mädchen habe ich ihn zum ersten Mal gehört und war von der Wärme in seinem Klang fasziniert. Ich wollte unbedingt zu ihm nach New York. Nach zwei Jahren und einigen Absagen bin ich dann in den Streicher-Meisterkurs aufgenommen worden. Sie haben schon viele Preise gewonnen. Jüngst hat Sie die Zeitschrift Glamour unter die Top 10 College Women 2014 der USA gewählt. Wie gehen Sie mit so viel Erfolg um? An der Juilliard School, wo ich derzeit meinen Bachelor mache, gibt es so viele talentierte Musiker. Ich bin nicht talentierter, das vergessen die Leute oft. Ich würde mich als sehr bodenständig beschreiben und will mir Zeit für meine Musik nehmen. Deshalb gibt es auch noch kein Album von mir, obwohl es schon einige Anfragen gab. Da möchte ich noch ein wenig warten, bis ich mich dafür bereit fühle. Erst einmal will ich fertig studieren und mich weiter entwickeln. Derzeit bin ich dabei, mein Grundrepertoire auszubauen, und übe die großen Violinkonzerte von Tschaikowski, Brahms und Beethoven. Wie lange üben Sie am Tag? Es kommt darauf an, wir haben viele Orchester- und Kammermusikproben, dann übt man weniger allein. Manchmal sind es fünf, manchmal sieben bis acht Stunden am Tag zusammengenommen. Alleine übe ich derzeit etwa zwei Stunden. Und was machen Sie, wenn Sie keine Geige in der Hand haben? Seit einiger Zeit habe ich das Tanzen für mich entdeckt und schon einige Kurse belegt. Hier in New York gibt es natürlich viel zu sehen, ich laufe gerne durch die Stadt. Besonders die Gegensätze finde ich reizvoll. Einerseits am belebten Times Square zu sein und andererseits im Central Park im Grünen zu spazieren. Im nördlichen Teil des Parks hat man seine Ruhe. Ist Ihnen diese Ruhe wichtig? Sehr. Ich glaube, man spielt und klingt besser, wenn man in der Balance ist, sich Zeit nimmt und mal das Handy ausschaltet. Das mache ich für ein paar Minuten. Wie lässt sich Ihr Spiel beschreiben? Voller Leben, Wärme und Ehrlichkeit. Das ist mir wichtig - die Ehrlichkeit in der Kunst. Ich mag keinen Geiger-Wettbewerb, bei dem es nur auf Technik und Tempo ankommt. Mir ist der Klang viel wichtiger, die Wärme und die Farben. Zu spielen, nur um zu beeindrucken, ist nicht meine Sache. Ich möchte so spielen, wie ich mich fühle. Und wie fühlt sich eine Geige von 1721 an? Ich bin sehr froh, auf solch einem tollen Instrument spielen zu dürfen. Alte Geigen haben einfach einen wärmeren Klang. Die Geige stammt von dem italienischen Geigenbauer Guarneri und ist eine Leihgabe meiner Musikschule. Den Wert habe ich nicht gesagt bekommen, das ist wohl besser so. Sie spielen am Sonntag mit Jameel Martin, wer ist das? Jameel ist mein Kommilitone, er spielt Bratsche. Zusammen sind wir in einem festen Streichquartett an unserer Musikschule. In den USA haben wir schon viele Konzerte zusammen gegeben. Nun ist er zum ersten Mal in Europa. Nach Potsdam wird der Abend im Hollerhaus unser zweites gemeinsames Konzert in Deutschland sein. Mariella Haubs und Jameel Martin, Sonntag, 24. August, 19 Uhr, Hollerhaus Irschenhausen, Eintritt 15 Euro. Anmeldung unter Telefon 08178/44 08

© SZ vom 21.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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