Für Retter und Bürger gleichermaßen:Feuerwehrhaus der tausend Möglichkeiten

Für Retter und Bürger gleichermaßen: Weihnachtsgeschenk für die Feuerwehr: Das neue Gerätehaus in Hohenschäftlarn hat etwa vier Millionen Euro gekostet.

Weihnachtsgeschenk für die Feuerwehr: Das neue Gerätehaus in Hohenschäftlarn hat etwa vier Millionen Euro gekostet.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Nach Jahren der Diskussionen, Standortsuche und Planung ist Hohenschäftlarns neues Gerätehaus fertig. Sollte es zu Flutkatastrophen oder Stromausfällen kommen, kann auch die Bevölkerung dort Zuflucht finden.

Von Marie Heßlinger

Der Steckdosenanschluss am Hintereingang zum Keller ist kaum größer als eine Hand. Und doch ein spannendes Detail des gigantischen Neubaus: Über einen externen Notstromaggregator, der in ferner Zukunft gekauft werden soll, kann damit das Gebäude im Falle eines Blackouts mit Strom versorgt werden. Schäftlarnerinnen und Schäftlarner sollen so ein warmes Essen und Schutz finden können bei der Hohenschäftlarner Feuerwehr. Denn die hat nun ein neues Gerätehaus. Nach Jahren der Diskussionen, Standortsuche und Bauplanungen wollen es die Feuerwehrleute vor Weihnachten beziehen.

Daniel Buck, Kommandant der Hohenschäftlarner Freiwilligen Feuerwehr, steht im Untergeschoss des großen Neubaus. An jener Kellertreppe eben, an der die Steckdose für den Notstromaggregator angebracht wurde. Es wird zwei Stunden dauern, bis Buck einmal durch das ganze Gebäude geführt, bis er jeden Raum gezeigt und jede Funktion erklärt hat. Im alten Feuerwehrhaus war das eine Sache von fünf Minuten.

In dem 1957 erbauten und nur rund 250 Quadratmetern großen alten Feuerwehrhaus war Buck schnell von Raum zu Raum gestiefelt und hatte eher eine Mängelliste heruntergeleiert denn eine Lobeshymne gesungen. Nun klingt er ganz anders. Nach 20 Monaten intensiver Bauarbeiten - im April 2020 war Spatenstich - steht das Großprojekt des neuen Gerätehauses kurz vor dem Abschluss. An die vier Millionen Euro wird der Bau voraussichtlich kosten. Hinzu kommen circa 50 000 Euro für die Innenausstattung, 150 000 für die Ausrüstung der Feuerwehr. Mit mehr als 30 000 Euro und hunderten Arbeitsstunden haben sich die Mitglieder der Feuerwehr selbst beteiligt. Und Buck wirkt sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis.

"Wir könnten hier Leute übernachten lassen, wir könnten hier Essen machen, wir könnten in Kontakt mit den Behörden bleiben", sagt Buck. "So was gab es bis dato noch gar nicht in der Gemeinde Schäftlarn." Für Naturkatastrophen - Stürme, Überflutungen, Schneechaos - oder einen kompletten Stromausfall sei das wichtig.

Für Retter und Bürger gleichermaßen: Kommandant Daniel Buck ist begeistert vom Neubau mit seinen vielen Möglichkeiten.

Kommandant Daniel Buck ist begeistert vom Neubau mit seinen vielen Möglichkeiten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Blackouts seien mittlerweile eine große Bedrohung, sagt Buck. Der Stromverbrauch in Europa sei so stark gestiegen, dass es zu einer Überbelastung der Stromnetze kommen könne. Hinzu komme die Gefahr durch Hackerangriffe. Ein umfassender überregionaler Stromausfall werde damit wahrscheinlicher. "Wir leben mittlerweile in einer Zeit, in der das als absolut realistisches Szenario angesehen werden muss."

Das Erdgeschoss der neuen Feuerwehr hat nicht nur einen Anschluss für ein künftiges Notstromaggregat zu bieten. Neben einem Waschraum für die Kleidung, einem IT-Raum für den Server und mehreren Lagerräumen haben die Hohenschäflarner Feuerwehrleute in ihrem neuen Untergeschoss nun auch "endlich einen Raum, in dem die Jugend alleine sein kann". Der ist bislang noch leer, nur ein großes schwarzes Sofa haben die jungen Nachwuchskräfte bereits hineingestellt. Anders im Raum nebenan: "Ein Highlight ist für uns unser eigener Fitnessraum", sagt Buck.

Ein Laufband, Hometrainer und Geräte zum Gewichtheben stehen im Hohenschäftlarner Feuerwehrhaus. Die Floriansjünger hätten alles von einem Fitnessstudio vergünstigt bekommen, erklärt Buck. "Wir wollen bewusst die Möglichkeit für körperliche Betätigung geben." Denn: Jene Mitglieder der Feuerwehr, die tatsächlich Brände löschten, müssten fit sein. "Die Hitze, die Flammen, die Ausrüstung, die circa 18 Kilo wiegt", zählt Buck die körperlichen Strapazen eines Einsatzes auf. "Der Schlauch ist mit Wasser gefüllt und wiegt Einiges, und dann muss man Menschen retten." Alle drei Jahre müssten sich die Atemschutzgeräteträger deshalb ihre körperliche Fitness von einem Arzt bestätigen lassen.

Auf die Gesundheit der ehrenamtlichen Retter wird im neuen Feuerwehrhaus auch in anderer Hinsicht geachtet: Sie haben dort eigene Umkleidekabinen. Im alten Feuerwehrhaus standen ihre Spinde direkt in der Fahrzeughalle. Die Einsatzkräfte zogen sich in den Abgaswolken startender Fahrzeuge an. Nun jedoch gibt es zwei Umkleiden, nach Geschlechtern getrennt, die 59 aktiven Feuerwehrmänner und 16 Feuerwehrfrauen haben darin nun jeweils einen eigenen Spind. Auch Duschen gibt es und große Bildschirme, auf denen die eingehenden Einsatzaufträge angezeigt werden sollen. Neben zwei Eingangstüren zur Herrenumkleide lässt sich eine weitere Tür nur nach außen öffnen: Der Ausgang aus der Umkleide führt zur Fahrzeughalle.

Die neue Fahrzeughalle ist, anders als im alten Feuerwehrhaus, keine Garage mehr, sondern wahrlich trägt den Namen Halle zu recht. Schläuche wie Rüssel hängen von der hohen Decke herab: Sie saugen sich automatisch an den Auspuffen der Feuerwehrfahrzeuge an, wenn diese den Motor starten. Die neue Halle ist somit frei von Abgasen. Und in ihren Hinterzimmern ist nun all das möglich, was in den vergangenen Jahrzehnten andere Feuerwehren für Schäftlarn übernommen haben. In einer Atemschutzwerkstatt können die Aktiven der drei Schäftlarner Feuerwehren - Ebenhausen, Neufahrn und Hohenschäftlarn - nunmehr ihre Atemschutzmasken selbst auf ihre Dichtheit prüfen und die Flaschen im Anschluss wieder mit Sauerstoff befüllen. In einem Nebenraum befindet sich die Schlauchpflegeanlage: Der Schlauch wird damit automatisch auf mögliche Lecks geprüft, gewaschen und aufgewickelt.

Für Retter und Bürger gleichermaßen: Die neue Fahrzeughalle ist geräumig und hat ihren Namen verdient.

Die neue Fahrzeughalle ist geräumig und hat ihren Namen verdient.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Im Stockwerk darüber schließlich ist das Herzstück der freiwilligen Feuerwehr: das Stüberl. Die Bänke und Tische hat der Verein von einem örtlichen Schreiner fertigen lassen und aus eigener Kasse finanziert. "Hier soll man sich wohlfühlen", sagt Buck. "Das ist eine Einrichtung nicht nur für fünf Jahre." An den Vereinsraum schließt eine Küche an. Darüber habe es Diskussionen mit dem Gemeinderat gegeben. "Weil der eine oder andere Gemeinderat gesagt hat, uns würde eine Teeküche reichen", sagt Buck. Aber: "Was bitte schön ist eine Teeküche?"

Die Feuerwehr Hohenschäftlarn sei es leid, als Gastgeber bei Schulungen und Seminaren stets Pizza zu bestellen. Bei Naturkatastrophen wolle sie die Möglichkeit haben, "den Bürgern eine warme Mahlzeit anzubieten." Einige Mitglieder seien begnadete Köche. Die Feuerwehr hat sich durchgesetzt. Sie konnte an anderer Stelle, wie etwa den Möbeln des Funkraumes, mehr als 5 000 Euro sparen und professionelle Küchenausrüstung zu günstigen Preisen ergattern. Zum Kochen steht ihr nun kein Wasserkocher, sondern gleich ein Herd wie in einem Gastronomiebetrieb zur Verfügung. Daneben steht ein Gerät, das aussieht wie ein Ofen für Hähnchen-Spieße. "Ein Konvektomat", sagt Buck. "Ein Dampfgarer in groß. Damit kannst du im Endeffekt alles machen: Pizza, Spareribs, Gerichte warmhalten - es gibt tausend Möglichkeiten."

Neben dem Stüberl ist ein Konferenzraum. Und der wird an diesem Abend bereits genutzt: Die First Responder haben eine Schulung. Am 18. Dezember wollen die Feuerwehrleute ihr neues Gerätehaus dann ganz beziehen. Geplant war das schon für September. Wenn nun alles klappt, wird das neue Feuerwehrhaus so ein Geschenk zu Weihnachten.

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