Süddeutsche Zeitung

Neuer Hotel-Plan:Ferien-Chalets auf grüner Flur

In St. Johannisrain könnten vier Wohneinheiten mit touristischer Nutzung entstehen. Der Penzberger Bauausschuss begrüßt dieBauvoranfrage, hat allerdings Bedenken, weil das Projekt im Außenbereich realisiert werden soll

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Touristisch gesehen führt Penzberg ein stiefmütterliches Dasein. Dabei liegt die Stadt eingebettet in sanften Hügeln in Sichtweite der bayerischen Alpen. Ein Hotel-Neubau sollte Penzberg attraktiv für Urlauber machen. Doch das Projekt scheiterte am Bürgerwillen. Nun liegt im Rathaus eine neue Anfrage vor. Es geht um den Bau von vier Ferien-Chalets - und der Standort ist nicht weniger sensibel als die 2018 geplante Hotel-Lage am Huber See. Die Wohneinheiten sollen im Ortsteil St. Johannisrain entstehen. Das Problem: Die kleine Siedlung liegt im Außenbereich. Schafft der Stadtrat dort mittels einer Außenbereichssatzung Baurecht, schafft er zugleich einen Präzedenzfall, der die Begehrlichkeiten anderer Grundstückseigentümer wecken könnte. Dennoch beschloss der Bauausschuss des Stadtrats mehrheitlich, das Verfahren auf den Weg zu bringen.

Die im städtischen Bauamt eingereichte Voranfrage hat auf den ersten Blick Charme: Vier jeweils etwa fünf auf neun Meter große Gebäude gruppieren sich um ein Naturwasserbecken. Die Stellplätze für die kleine Ferienanlage sind entlang der vorhandenen Straße durch den Ort angelegt. Die als Chalets bezeichneten Häuser sollen ausschließlich touristisch genutzt werden. Sie wären eine Dependance des Penzberger Hotels Berggeist.

Das Bauvorhaben habe keine Privilegierung, führte Stadtbaumeister Justus Klement im Bauausschuss aus. Das Bauen im Außenbereich sei laut Baugesetzbuch den Landwirten vorbehalten. Ausnahmen könne es geben, wenn keine öffentlichen Belange beeinträchtigt würden und eine Erschließung gesichert sei. Doch da hake es bereits, führte Klement aus. Im Flächennutzungsplan etwa sei das Grundstück, auf dem die vier Ferien-Chalets realisiert werden sollen, als landwirtschaftliche Fläche festgeschrieben. Überdies sei die Gefahr groß, dass die Splittersiedlung St. Johannisrain wachse. Der kleine, idyllisch gelegene Ortsteil mit Blick auf das Loisach-Kochelsee-Moor ist landwirtschaftlich geprägt. Allerdings gibt es auch einige weit auseinander liegende Wohnhäuser. Zwischen ihnen könnte eine große Anzahl neuer Wohnhäuser entstehen. Mit einer Außenbereichssatzung könnte die Stadt jedoch in Zukunft regeln, ob und in welcher Form eine bauliche Entwicklung der Siedlung gewünscht ist.

Mehrere Punkte neben der Außenbereichs-Problematik müssten ebenfalls im Zuge des Verfahrens näher untersucht werden, erklärte der Stadtbaumeister. Zum einen grenzt das Grundstück, auf dem die Chalets gebaut werden sollen, direkt an ein kartiertes Biotop an. Man müsse sehen, wie sehr diese Fläche durch das Bauvorhaben in Mitleidenschaft gezogen würde, sagte Klement. Zum anderen liege das Areal im Landschaftsschutzgebiet "Loisach-Kochelsee-Moore". Knackpunkt sei ferner die enge Straße durch den Ort, die nicht auf Begegnungsverkehr ausgelegt ist.

Auf die enge Straße zielte die Kritik von Manfred Reitmeier (BfP) ab. Verkehrstechnisch sei das Vorhaben nicht durchführbar, sagte er. Schon jetzt gebe es Konflikte mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Auch seine Fraktion sehe das Projekt kritisch, erklärte SPD-Stadtrat Thomas Keller. Der Verkehr sei ein Problem. Allerdings habe der Stadtrat die Sanierung der Erschließungsstraße durch St. Johannisrain immer wieder verschoben. "Aber da muss man was tun." Zweite Sorge sei der Präzedenzfall, denn man im Ort schaffe. "Ich sehe zehn verschiedene Flurnummern. Es wird Begehrlichkeiten geben", so Keller. Dennoch wolle die SPD as Vorhaben nicht abwürgen. Vielmehr solle eine Außenbereichssatzung aufgestellt werden. Im Rahmen des Verfahrens würde sich klären, ob das Bauprojekt überhaupt möglich sei. Dem stimmte Ludwig Schmuck (CSU) zu.

Kritischer sieht Johannes Bauer (Grüne) das Aufstellen einer Außenbereichssatzung. "Ich sehe gewisse Parallelen zu Nantesbuch", betonte er. Nantesbuch ist ebenfalls ein Ortsteil der Stadt Penzberg und liegt im Außenbereich. Dort haben Bauvorhaben zu großem Unmut geführt, auch weil derartige Wünsche anderer Bauwerber in der Vergangenheit abgelehnt wurden. Wie tief die Verbitterung darüber ist, wurde vor Kurzem in der Ortsteilversammlung deutlich. Im benachbarten Promberg hat der Penzberger Stadtrat ebenfalls die Änderung der Außenbereichssatzung beschlossen, um ein Bauvorhaben zu ermöglichen. In Nantesbuch würden Projekte wie die Ferien-Chalets zu Recht restriktiv gehandhabt, sagte Bauer. "Es wäre Tradition, so etwas von vornherein abzulehnen." Er fürchtet, dass in St. Johannisrain "etwas losgetreten" werden könnte.

Die Außenbereichssatzung schaffe Recht, erwiderte Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD). Sie sei einem Bebauungsplan gleichzusetzen und "die Stadt hat die Planungshoheit". Zehetner bediente sich zur Erklärung eines Bildes: Die Satzung ziehe einen Zaun um ein Gebiet, innerhalb dessen Grenzen eine Entwicklung möglich sei. Einen Verkehrskollaps schloss sie aus, handle es sich doch um lediglich vier Chalets, vor denen vier Pkws parken würden. Stattdessen könnten dort weitere Gäste untergebracht werden, sollten das Hotel Berggeist in der Innenstadt und das Landhotel Hoisl-Bräu in Promberg ausgebucht sein.

Der Ausschuss sprach sich für eine Außenbereichssatzung für St. Johannisrain aus. Johannes Bauer und Manfred Reitmeier stimmten dagegen. Über die neue Satzung muss der Stadtrat befinden.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2019
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