Neuer DAV-Vorsitzender:"Irgendwo müssen die vielen Leute ja hin"

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Benedikt Hirschmann fürchtet sich nicht vor Herausforderungen. Nun leitet er den größten Verein im Landkreis. (Foto: privat/oh)

Der 27-jährige Grundschullehrer Benedikt Hirschmann ist neuer Leiter der Sektion Tölz des Deutschen Alpenvereins. Ein Gespräch über die große Lust auf Berge, die neue Tölzer Hütte und die Herausforderungen des Tourismus im Alpenraum.

Von Arnold Zimprich, Bad Tölz

Benedikt Hirschmann ist bei der jüngsten Jahreshauptversammlung der Sektion Tölz des Deutschen Alpenvereins zum Ersten Vorsitzenden gewählt worden. Der 27-jährige Grundschullehrer steht damit dem mitgliederstärksten Verein im Landkreis vor.

SZ: Herr Hirschmann, Sie sind mit 27 Jahren Vorsitzender des größten Vereins im Landkreis. Wie fühlt sich das an?

Benedikt Hirschmann: Ich empfinde es als eine große Ehre, einem so abwechslungsreichen Verein vorstehen zu dürfen, und freue mich auf die Zusammenarbeit in unserem kompetent besetzten Vorstands-Team.

Die Sektion Bad Tölz hat in den vergangenen Monaten einen starken Mitgliederzuwachs verzeichnet, aktuell sind es knapp 7800. Ist das allein auf die Pandemie zurückzuführen und die damit verbundene Lust auf individuellen Bergsport?

Nein, nicht ausschließlich. Selbstverständlich begünstigt die immer größere Beliebtheit der verschiedenen Bergsportarten unsere Mitgliederzahlen. Unser breit gefächertes Angebot an Kursen und Gruppen spricht aber seit jeher die Leute an - vor allem Familien sowie Kinder und Jugendliche. Die neue Boulderhalle im Tölzer Kletterzentrum sorgt dafür, dass sich die Menschen aus der Umgebung verstärkt für diese Spielart des Kletterns begeistern.

Paul Schenk, der im Februar gestorben ist , hat die Sektion über sieben Jahre geleitet. Sie standen im engen Kontakt - was hat er Ihnen auf den Weg gegeben?

Paul war die Friedfertigkeit in Person. Zugleich hat er stets klar seine Position vertreten. Ich durfte von ihm lernen, wie wichtig ein gutes Miteinander ist: Wir sind ein Vorstand - keiner steht für sich allein. An dieser Prämisse von Paul werde ich festhalten.

Derzeit finden sich kaum genug Kursleiter, um der Nachfrage - speziell im Kinder- und Jugendlichenbereich - gerecht zu werden. Wie begegnen Sie dieser Problematik ?

Unser Personalmangel bezieht sich in erster Linie auf Gruppenleiter, die regelmäßige, am besten wöchentliche Gruppenaktivitäten, etwa beim Klettern, durchführen. Ich möchte aktiv auf geeignete junge Leute zugehen und diese motivieren, die Ausbildung zum Trainer oder zum Jugendleiter zu absolvieren.

Nach einer Umbauphase hat die Tölzer Hütte im Karwendel wieder geöffnet. Kann die Sektion die Kosten, die im Millionenbereich liegen, alleine stemmen?

Wir können einen angemessenen Teil der Baukosten aus Eigenmitteln stemmen. Darüber hinaus erhalten wir von der Bundesgeschäftsstelle des DAV Beihilfen im sechsstelligen Bereich. Den Rest finanzieren wir durch einen Kredit der Sparkasse. Dieser beinhaltet dank einer Kommunalbürgschaft, welche die Stadt Bad Tölz dankenswerterweise uns gegenüber leistet, günstige Konditionen. Insgesamt ist unser Finanzierungsplan auf mehrere Jahre ausgelegt und wird gut funktionieren.

Nicht nur aufgrund von Corona ist der sogenannte Overtourism im Oberland ein Thema. Lenggries hat Parkgebühren auch auf Parkplätzen eingeführt, die im Zuständigkeitsbereich der Sektion liegen. Wünschen Sie sich kostenloses Parken für Sektionsmitglieder?

Generell sind die Parkgebühren auf den meisten Wanderparkplätzen im Isarwinkel unverhältnismäßig hoch. Es kann nicht angehen, dass man für einen kurzen Spaziergang fünf Euro oder mehr bezahlen muss. Aber nein, das kostenlose Parken für Sektionsmitglieder oder Einheimische halte ich im Sinne der Gleichbehandlung für absolut unsinnig. Viel wichtiger ist es mir, dass in Zukunft auf allen Parkplätzen im Einzugsgebiet unserer Tölzer Hütte das Auto von Hütten-Übernachtungsgästen auch länger als 24 Stunden stehen gelassen werden darf. Hierzu bedarf es zum aktuellen Zeitpunkt noch dringend einer möglichst praktikablen Lösung. An den Parkautomaten kann bisher nur ein Tagesticket gelöst werden, und das einzig mögliche Nachtparkticket gibt es aktuell in Fall für 18 Euro. Das ist definitiv zu teuer dafür.

Der DAV sieht sich als Umweltschutzverband, lockt die Menschen aber durch attraktive Hütten- und Tourenangebote in die Berge. Wie ist dieser Spagat möglich?

Wir bieten mit unserer Tölzer Hütte ein beliebtes Wanderziel, und ich sehe dieses Angebot definitiv als einen Beitrag zum Naturschutz. Im Karwendel existieren großflächige schützenswerte Gebiete mit seltenen Arten an Flora und Fauna. Um eine Frequentierung solcher sensiblen Zonen gering zu halten, sehe ich es als die beste Strategie, durch Hütten und professionell angeleitete Touren ganz gezielt passende Naturräume für Bergwanderer attraktiv zu machen. Gleichzeitig bleiben die Wanderer bei gut markierten Steigen und vor allem bei geführten DAV-Touren immer auf dem vorgesehenen Weg. Diese Art der Besucherlenkung ist besonders angesichts der steigenden Beliebtheit des Bergsports unabdingbar, wenn wir unsere Natur an ihren empfindlichsten Stellen schützen wollen. Irgendwo müssen die vielen Leute ja hin. Einige Orte mit viel Anziehungskraft, wie beispielsweise die Berghütten, sorgen also dafür, dass viele andere Gebiete weniger frequentiert sind.

© SZ vom 04.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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